nenuntergang in Berlin und potsdam sind schon merklich
verschiedcn, von Berlin und Hamburg nicht zu redcn. Bil»
dcr französischer Landschafter können deshalb in Deutsch.
land nicht ganz vcrstandcn wcrden. — „'Mer den Rbnstler
will verstchen, mufi in Rünstlers Lande tzehen" gilt am
stnnfälliNstcn für alles, was mit dem Auge ;u faffen ist. —
wie durch die lokale Gewöhnung kann die Empfindung
für Farbc auch bccinflufit werden durch den Ton, den dic
großen Begabungen antzeben, die ihre ganze Umgebung
zeitwcisc auf ihrc Bahnen mitreißen. Dicser Einfluß
pflegt noch in späteren Epochen durch das Vehikel dcs
Akadcmismus wieder wirksam ;u werden. Rann er bei
dcn Zcitgenosscn, dic mit dem Mcister auf dcmselben Bo-
den dcr koloristischen Lokal- und Zeitempfindung ftehcn,
wohltätig und erhöhcnd genannt werden, so stellt stch bei
Nachahmung dcr Farbe vcrgangener Zeitcn ein anderes
Resultat eini die selbständige Empfindung für Farbe er.
lischt. Dies trifft so gut dcn Akademieprofeffor wie den
Mustcrzeichner. Und es darf als allgemeine Regel ausge-
sprochen werden, dafi jede Form des Akademismus im
tiefsten Grundc unkoloristisch oder antikoloristisch beschaf-
fen ist. —
Sobald ein Volk dic produktion aus der eigenen Emp.
sindung aufgibt, sowie es stch begnügt, die fertigen Rcsul.
tatc aus einer älteren Epoche odcr aus einer vlachbarkul-
tur ;u übernehmen, verkümmert das cingeborene Ver.
mögen. wie oft haben wir Deutschen diese Situation
schon durchgemacht. wie oft soll ste sich noch wiederholen?
Bei der Erziehung dcs Farbensinnes ist von der Er-
kcnntnis auszugchcn, daß das Ziel nrcht in der mechanischen
Lewältigung eines Lehrganges, sondern in der Fähigkeit
;u empfinden liegt, nicht in der Mitteilung eines Lern.
stoffes, sondern in der Entwicklung einer Rraft.
Die Grundlagen sind bei i>ciden Geschlechtern dieselben.
Nur kann bci Mädchen mit reicheren Mitteln gearbeitet
werdcn als bei Rnaben. Handarbciten und Rleidung allein
bilden großc provinzcn für sich.
Zu üben ist zuerst die Fähigkcit, Farben ;u erkennen
und;u benennen, weiter ist das Auge an die Zergliederung
und Mischung der Farbe ;u gewöhnen. Es ist schon sehr
viel erreicht, wenn alle Schulkinder einmal praktisch mit
Farbe gearbeitet haben (Lichtwark forderte das — ver-
geblich — schon i5s;).
Nachdem aüf synthetischem wege die Einsicht in die
Zusammenseyung der Farben gewonnen ist, kann die Be-
obachtung der farbigen Erscheinungen in der Vlatur be.
ginnen. . ' :
Unter Natur ist jedoch nicht sofort etwa die Landschaft
;u verstehen. Den farbigen Erscheinungen am Himmel, auf
der wiese ;u foltzen, ist ;u schwer ünd führt das Auge,
das erst lernen soll, in die Irre. Dei der Landschaft an-
fangend die Empfindung für die Gualität der Farbc ent.
wickeln ;u wollen, scheint mir unmöglich.
Auch ein Blick auf die Entwicklung des Farbengefühls
der Menschheit rät von solchem Versuche ab. Es hat sich
der Landschaft erst sehr spät zugewandt, erst nachdem es
auf änderem Gebiete bereits erstarkt war.
Es fslgcn längerc Letrachtungkn übkt den koloristischrn Reichtum in
der ttatür — äm Farbenkleid dcr Vögcl, Insekten und Llumen, dabei
dieTdäye:
Es ist nicht ;u erkennen, weshalb bei der Besprechung
eines Vogels, eines Insektes, einer Blume nicht auch das
Göfühl für die Schöüheit geweckt werden sollte.
Dabei bedarf rs keiner langen Auseinanderseyung und
fentimentale Dewunderung muß aüsgeschloffeü bleiben.
. Schließlich gehört .-das künstleeische wesen des Farben.
kkrides doch ebensogut zum Lharakter, wie überhaupt die
Ta^ache drr.FaMgk^^^'->'>MMÄ<?^- '
Bci Vögeln, wre Insekten stehen schsn zwei Kroße
L'Grüppenl
Natur festlegcn und später versuchen, aus dem Gedächt.
nis das Rlcid eines Vogels oder Schmetterlings zu be.
schrciben. —
Es folgen weiter Betrachtunyen llber die Blumen, tnsbesondere über
die wildrn und die alten Gartenblumen.
Dcm naturkundlichen Matcrial steht das völkerkundliche
nahe. Es lehrt einen Llick in die ästhetische Entwicklung
dcs menschlichen Auges tun. Auch bei den wilden Völkern
pendelt dcr Geschmack zwischen dem Rolorismus und Har-
monismus hin und her. Ebenso in Europa ;u verfolgen:
Das 15. Iht gcht in Tracht und Runst auf starke Schön-
farbigkeit aus. Dem ,Zell-Dunkel Leonardos, das auf kräf.
tigcs Hervortreten der Lokalfarbe verzichtet, beginnt in
dcr Tracht sodann ein verwandtes Prinzip zu entsprechen.
Gm 15. Iht war selbst die Männcrtracht wieder auf Farbe
gcstellt, am Ende des 10. Ghts huldigt sie harmonischen
Tendenzen.
7>m 17- Ght wechselt das Grundprinzip gar drei- oder
viermal. 'Eine eingehende Studie über die Farbenbewe-
gung in der Dracht der europäischen Völkeb besitzen wir
noch nicht.
Da es bei dem Studium in den Gewerbemuseen nicht
darauf ankommt, ;u dem Verschliffenen und Verschoffenen
;u gehen, sondern Erzeugniffe aufzusuchen, die in ihrer
ursprünglichen Farbigkeit erhalten gebiieben sind, kommt
dcr Reramik besondere Bedeutung ;u.
Am Schluß steht dann das Studium der Farbe in den Galerien.
Die herrschenden Meister lehren nicht nur die Runst
verstehen, sondern auch de» koloristischen Geschmack, der
in der Tracht und der farbigen Erscheinung der ganzen
schmückenden Runst vorliegt. Die typischen pariser Damen-
hüte und die modernen Scidenstoffe, die vor io Iahren
für unerträglich gehalten wären, scheinen in letzter Linie
sämtlich auf Monet und Degas zurückzugehen. Sehr oft
ist in der Mode ein begeisterter Anhänger der beiden, wer
in der Runst ihr erbitterter Gegner ist.
Und wer mit dem Auge irgend eines großen, modernen
Roloristen die Blumen betrachtet, wird die Entdeckung
machen, dafi eine ganze Reihe von Farben und Tönen, die
bisher nicht beachtet und beliebt waren, der Empfindung
nähergerückt sind.
wenn wir die Forderung stellen, dafi die Beobachtung
bei der heimischen Malerei beginnen müßte, werden die
Lückcn deutlich (Hamburger Runsthalle!): zwischen i5oo
und i57o vermag ich nicht einen einzigen heimischen Maler
nachzuweisen, dessen natürlichc Farbenempfindung nicht
auf der Akademie vernichtet oder doch verdorben wurde,
und wo immer eine koloristische Leistung vorliegt, geschah
sie außerhalb des akademischen Zusammenhanges oder im
Gegensatz dazu. ^
In den letzten zwanzig Jahren haben oft die Ausstellun.
gen verderblich gewirkt. wer hat nicht beobachtet, wie ein
halbes Duyend auswärtiger Dilder auf Iahresausstellun-
gen mit einenr Schlage die koloristische Gewöhnung von
Dutzenden junger Leute umgestoßen hat?
Solange die Iugendjahre dauern, ist solchen Erschütte.
rungen die größte Begabung nicht gewachsen. Auch unsere
alten deutschen Meister haben gewandert, aber erst nach.
dem sie in der Heimat ausgelcrnt hatten.
Für dic künstlerische produktion auf allen Gebieten ist
es von ausschlaggebender Bedeutung, daß die malerischen
Begabungen in der Heimat ihre völlige Ausbildung
fahrcn und erst dann andere Städte und andere Runst ken-
nen lernen, wenn sie innerhalb der heimatlichen llber-
ljeferung die Frstigkeit gewonnen haben, die sie gegen
qußere Einflüffe widerstandsfähig macht.
Doch das alles setzt zugleich Runstgenießende voraus, die
durch Anregung und schöpferische Lritik mitzuwirkrn ver«
mägen. '
verschiedcn, von Berlin und Hamburg nicht zu redcn. Bil»
dcr französischer Landschafter können deshalb in Deutsch.
land nicht ganz vcrstandcn wcrden. — „'Mer den Rbnstler
will verstchen, mufi in Rünstlers Lande tzehen" gilt am
stnnfälliNstcn für alles, was mit dem Auge ;u faffen ist. —
wie durch die lokale Gewöhnung kann die Empfindung
für Farbc auch bccinflufit werden durch den Ton, den dic
großen Begabungen antzeben, die ihre ganze Umgebung
zeitwcisc auf ihrc Bahnen mitreißen. Dicser Einfluß
pflegt noch in späteren Epochen durch das Vehikel dcs
Akadcmismus wieder wirksam ;u werden. Rann er bei
dcn Zcitgenosscn, dic mit dem Mcister auf dcmselben Bo-
den dcr koloristischen Lokal- und Zeitempfindung ftehcn,
wohltätig und erhöhcnd genannt werden, so stellt stch bei
Nachahmung dcr Farbe vcrgangener Zeitcn ein anderes
Resultat eini die selbständige Empfindung für Farbe er.
lischt. Dies trifft so gut dcn Akademieprofeffor wie den
Mustcrzeichner. Und es darf als allgemeine Regel ausge-
sprochen werden, dafi jede Form des Akademismus im
tiefsten Grundc unkoloristisch oder antikoloristisch beschaf-
fen ist. —
Sobald ein Volk dic produktion aus der eigenen Emp.
sindung aufgibt, sowie es stch begnügt, die fertigen Rcsul.
tatc aus einer älteren Epoche odcr aus einer vlachbarkul-
tur ;u übernehmen, verkümmert das cingeborene Ver.
mögen. wie oft haben wir Deutschen diese Situation
schon durchgemacht. wie oft soll ste sich noch wiederholen?
Bei der Erziehung dcs Farbensinnes ist von der Er-
kcnntnis auszugchcn, daß das Ziel nrcht in der mechanischen
Lewältigung eines Lehrganges, sondern in der Fähigkeit
;u empfinden liegt, nicht in der Mitteilung eines Lern.
stoffes, sondern in der Entwicklung einer Rraft.
Die Grundlagen sind bei i>ciden Geschlechtern dieselben.
Nur kann bci Mädchen mit reicheren Mitteln gearbeitet
werdcn als bei Rnaben. Handarbciten und Rleidung allein
bilden großc provinzcn für sich.
Zu üben ist zuerst die Fähigkcit, Farben ;u erkennen
und;u benennen, weiter ist das Auge an die Zergliederung
und Mischung der Farbe ;u gewöhnen. Es ist schon sehr
viel erreicht, wenn alle Schulkinder einmal praktisch mit
Farbe gearbeitet haben (Lichtwark forderte das — ver-
geblich — schon i5s;).
Nachdem aüf synthetischem wege die Einsicht in die
Zusammenseyung der Farben gewonnen ist, kann die Be-
obachtung der farbigen Erscheinungen in der Vlatur be.
ginnen. . ' :
Unter Natur ist jedoch nicht sofort etwa die Landschaft
;u verstehen. Den farbigen Erscheinungen am Himmel, auf
der wiese ;u foltzen, ist ;u schwer ünd führt das Auge,
das erst lernen soll, in die Irre. Dei der Landschaft an-
fangend die Empfindung für die Gualität der Farbc ent.
wickeln ;u wollen, scheint mir unmöglich.
Auch ein Blick auf die Entwicklung des Farbengefühls
der Menschheit rät von solchem Versuche ab. Es hat sich
der Landschaft erst sehr spät zugewandt, erst nachdem es
auf änderem Gebiete bereits erstarkt war.
Es fslgcn längerc Letrachtungkn übkt den koloristischrn Reichtum in
der ttatür — äm Farbenkleid dcr Vögcl, Insekten und Llumen, dabei
dieTdäye:
Es ist nicht ;u erkennen, weshalb bei der Besprechung
eines Vogels, eines Insektes, einer Blume nicht auch das
Göfühl für die Schöüheit geweckt werden sollte.
Dabei bedarf rs keiner langen Auseinanderseyung und
fentimentale Dewunderung muß aüsgeschloffeü bleiben.
. Schließlich gehört .-das künstleeische wesen des Farben.
kkrides doch ebensogut zum Lharakter, wie überhaupt die
Ta^ache drr.FaMgk^^^'->'>MMÄ<?^- '
Bci Vögeln, wre Insekten stehen schsn zwei Kroße
L'Grüppenl
Natur festlegcn und später versuchen, aus dem Gedächt.
nis das Rlcid eines Vogels oder Schmetterlings zu be.
schrciben. —
Es folgen weiter Betrachtunyen llber die Blumen, tnsbesondere über
die wildrn und die alten Gartenblumen.
Dcm naturkundlichen Matcrial steht das völkerkundliche
nahe. Es lehrt einen Llick in die ästhetische Entwicklung
dcs menschlichen Auges tun. Auch bei den wilden Völkern
pendelt dcr Geschmack zwischen dem Rolorismus und Har-
monismus hin und her. Ebenso in Europa ;u verfolgen:
Das 15. Iht gcht in Tracht und Runst auf starke Schön-
farbigkeit aus. Dem ,Zell-Dunkel Leonardos, das auf kräf.
tigcs Hervortreten der Lokalfarbe verzichtet, beginnt in
dcr Tracht sodann ein verwandtes Prinzip zu entsprechen.
Gm 15. Iht war selbst die Männcrtracht wieder auf Farbe
gcstellt, am Ende des 10. Ghts huldigt sie harmonischen
Tendenzen.
7>m 17- Ght wechselt das Grundprinzip gar drei- oder
viermal. 'Eine eingehende Studie über die Farbenbewe-
gung in der Dracht der europäischen Völkeb besitzen wir
noch nicht.
Da es bei dem Studium in den Gewerbemuseen nicht
darauf ankommt, ;u dem Verschliffenen und Verschoffenen
;u gehen, sondern Erzeugniffe aufzusuchen, die in ihrer
ursprünglichen Farbigkeit erhalten gebiieben sind, kommt
dcr Reramik besondere Bedeutung ;u.
Am Schluß steht dann das Studium der Farbe in den Galerien.
Die herrschenden Meister lehren nicht nur die Runst
verstehen, sondern auch de» koloristischen Geschmack, der
in der Tracht und der farbigen Erscheinung der ganzen
schmückenden Runst vorliegt. Die typischen pariser Damen-
hüte und die modernen Scidenstoffe, die vor io Iahren
für unerträglich gehalten wären, scheinen in letzter Linie
sämtlich auf Monet und Degas zurückzugehen. Sehr oft
ist in der Mode ein begeisterter Anhänger der beiden, wer
in der Runst ihr erbitterter Gegner ist.
Und wer mit dem Auge irgend eines großen, modernen
Roloristen die Blumen betrachtet, wird die Entdeckung
machen, dafi eine ganze Reihe von Farben und Tönen, die
bisher nicht beachtet und beliebt waren, der Empfindung
nähergerückt sind.
wenn wir die Forderung stellen, dafi die Beobachtung
bei der heimischen Malerei beginnen müßte, werden die
Lückcn deutlich (Hamburger Runsthalle!): zwischen i5oo
und i57o vermag ich nicht einen einzigen heimischen Maler
nachzuweisen, dessen natürlichc Farbenempfindung nicht
auf der Akademie vernichtet oder doch verdorben wurde,
und wo immer eine koloristische Leistung vorliegt, geschah
sie außerhalb des akademischen Zusammenhanges oder im
Gegensatz dazu. ^
In den letzten zwanzig Jahren haben oft die Ausstellun.
gen verderblich gewirkt. wer hat nicht beobachtet, wie ein
halbes Duyend auswärtiger Dilder auf Iahresausstellun-
gen mit einenr Schlage die koloristische Gewöhnung von
Dutzenden junger Leute umgestoßen hat?
Solange die Iugendjahre dauern, ist solchen Erschütte.
rungen die größte Begabung nicht gewachsen. Auch unsere
alten deutschen Meister haben gewandert, aber erst nach.
dem sie in der Heimat ausgelcrnt hatten.
Für dic künstlerische produktion auf allen Gebieten ist
es von ausschlaggebender Bedeutung, daß die malerischen
Begabungen in der Heimat ihre völlige Ausbildung
fahrcn und erst dann andere Städte und andere Runst ken-
nen lernen, wenn sie innerhalb der heimatlichen llber-
ljeferung die Frstigkeit gewonnen haben, die sie gegen
qußere Einflüffe widerstandsfähig macht.
Doch das alles setzt zugleich Runstgenießende voraus, die
durch Anregung und schöpferische Lritik mitzuwirkrn ver«
mägen. '