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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 7 (Juli 1935)
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Grunow, Gertrud: Von der Wirkung der Farbe auf das sehende Auge
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Philipp Otto Kunge
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Kontrast, farbiger Gegensatz, belebt das Bild
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Trübe Medien
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0157

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übung bedarf, darf man sogleich vcrsuchen, die Dinge
in vcrschicdener Sehwcise ;u crsaffen, um deren Erschei-
nungen ;u erfahren.

Der Lharakter dcr Seharten ist tief im Menschen vcr-
wurzelt; er kann dem Grundcharaktcr eines Menschcn,
cines ganzcn Dolkes entsprcchen. Iedes Volk bcsttzt scine
ihm eigentümlichc Anschauungsweise. Eine jede Sehart
besitzt ferner eincn bcsonderen Nützlichkeits- und Eignungs-
wcrt in Leben und Bcruf. Daß jede qualitative Sehweise
in riner anderen wiederum dynamisch, qualitativ auftccten
kann und muß, um ein Sehen umfassend lebendig sein ;u

laffcn, ist bcrcits erwähnt worden. Lebcn und Beruf !
wickeln die Anschauung in verschiedenster Art und Richt,
Dic Erfahrung an vielen Menschen hat gezeigt, daß
wccken dcr cinfachen Sehweisen durch die Farben, daß
derartiges elcmentares Vorgehen ohne Ausnahme
gesundc, gcsundendc und fördernde wirkung auszuü
vermag. Die Tatsache dcr Farbwirkung auf die Anschau!
ist nicht nur als solche interessant, nicht nur wichtig für
wiffenschaft, wie u. a. die psychologie, die Völkerpsy!
logie, sondern sie gewährt auch einen Nuyen in der pr<
des Lebens und des Bcrnfes.

Philipp Otto Runge:

Richtest du bloß auf die Farben der Gcgenstände um
dich her den Blick, so wirst du in der unendlichen Man-
nigfaltigkeit doch bald viele finden, welche sich einander
nähern, und indem du die Spur einer Farbe, die dich
am meisten anzieht, verfolgst, wirst du sie sehr verbreitet
entdecken.

wcnn du das Violette suchst, wirst du es bald in der
zarten Helligkeit der Levkojen, bald in den dunklen Schat-
ten an den tiefen Veilchen cntdecken, und der Sinn wird
nicht wissen, welches er mehr liebt, dcnn bald leuchtet eine
Farbe so schön in der Helljgkeit, und bald zieht sie dich in
die stille Tiefe ;u sich.

wenn dich so das Grün der wiesen, die saftige Vege-
tation in dem tauigen Grase und das zarte weben eines
jungen Buchenwaldes, wie die kristallene grüne woge
lockt: wann leuchtet es dir am schönsten entgegen, in der
Helligkeit des Sonnenscheins oder in der Stille des
Schattens?

Es ist unmöglich, daß jemand so ein Stock sein k-
daß er sich damit beschäftigt, Gegenstände durch Farbe
mit der Farbe darzustellen, und nicht gewahr wird,
es keine Materie wie ein Stein ist, oder wie Holz, wo
man nur die Formen schneidct, sondern daß sie für sich >
Leweglichkeit und eine Naturkraft ist, die sich ;ur F<"
verhält wie der Don zum wort; daß es eine welt ist,
in sich ein wundcr von Leben erschloffen hält.

Es ist notwendig, wenn wir solche in ihrer lebendi
wirksamkeit kenncn wollen, daß wir auf die Fälle mcr
wo sie solche eigcntümlich ausübt, und darin wird
Maler, der in seinen Versuchen sich um eine wirk
müht, die meiste Gelegcnheit haben, wenn sich durch
Verschiedenheit des Auftrages Farben anders darstc
und durch Mischungen erzeugen oder aufreiben.

Man sieht leicht ein, daß nichts wünschenswerter w
als eine Ordnung entdeckt ;u haben, wodurch sich in
Natur alle phänomene, die wir durch den Sinn des
sichts ergreifen, erklären ließen, und welche zugleich
Mittel, welche wir haben, um etwas darzustellen, so zus
menstellte, daß die Analogie derselben mit den Na
kräften eingesehen werden könnte.






Rontrast, farbiger Gegensatz, Trübe Medien

belebt das Bild

Für den Maler kann es sich hier nicht bloß um die grs-
ben Allerweltskontraste wie Grün-Rot, Blau-Gelb der ver-
schiedenen „Farbenkreise" Handcln, sondern um feinste, ori-
ginale, ihm ureigne Farbempfindungen. Die scheinbar un-
möglichsten Gegenübcrstellungcn kann er zusammenschwet-
ßen und sich seiner Empfindung Ubrrlaffend, neüe farbige
werte schaffen. Diese werte kann man freilich nicht rr-
rechnen und soll sie nicht nachrechnen wie «ine Schulauf-
gabe. Für den Maler wirkt es belustigend, wenn Herr
Geheimrat Vstwald rt»va dcm Tizian nachrechnet, er habe

Die wirkung trüber Medien wurde in der Mal
der alten Meister vielfach ausgenützt, sv im Sfumato
Leonardo, ferner in der weißhöhung auf dunklen Gi
den, wo durch die verschiedene Dicke des Auftrags i
dcm warmen Grundton, durch das Durchscheinen
untcren Tones in Halbtönen ünd Abstufungen — opt
Grau — cntstehen, durch die Schatten, sich eine Mode
rung leicht erzielen läßt. - '---

Z 2>n den Auslagen der Metzgerläden kann man an Fle
stücken lehrreichen Aufschluß über die wirkung trübc,
Medien empfangen, wenn man die Veränderungen
obachtet, die die verschicdenen Lagen dünner, weißli
oder gelblicher HLutchen äuf der roten Unterlagc
 
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