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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

DOI issue:
Heft 8 (August 1935)
DOI article:
Wießner, B.: Der stilbildende Körper: eine Stilkritik der Korsage
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0191

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Delacroix:

Tiger, ein pferd rcißend.

A>? Bcispicl dcr Nild>Dichtung
noch ;um „Ticrzcichncn" gchörcnd
(«icft c Scitc ,oo-,or). Frcund-
lichcrwcisc r>on> vcrlag Pipcr,
Milnchcn, zur Vcrsiigung'gcstcllt

Das ist dic Schnürung des Barock'und der Reaktions-
zeitcn dcs i s. Iahrhunderts. / ss s -> -

Einc Zeit aber, diehinimelstrcbig die Vertikale liebt,
wird vcrsuchen, diese modrllierbarc Stelle am Rörper nicht
;u beengen, sondern ;ü straffen. Sie wird nicht „schnürcn",
es sci denn um die Scheiikel und übermäßige BLfte, stc
wird alles ins Strcbige stilifieren. V

Dieses Schönheitsgefühl ist seit einer Gcneration in
fortdaurrnder konsequentcr Entwicklung bcgriffen; das
will heissen daß wir hoffen könncn, wieder xan; großen
Stil — viclleicht noch rn unserer jüngeren Generation —
;u erreichen. ' s -

An .der vcrgewaltigten platur können wir das Zeitideal
erkennen, besonders wenn wir mit dem Auge des über-
treibenden Rarikaturisten schauen. Bauch und Hüsten sind
stark betont, die Brust deutlich modelliert.

llm )goo kommt die scharfe Gcrade, die jedc wölbung
des Bauches verdrängt, richtunggebend ;ur Geltung:

Auch dic Hüften werdcn schon cingeengt, aber es kommt
;Ü jencr, uns heute so grotesk erscheinenden Linie, dic
Brust und Gesäß übermäßig betont.

Dcr gleich;eitig herrschcnde „Augendstil" macht solchc
ausfchweifende Grotesken deutlich mit. Seinc scltsam kur-
vierten freischwingcnden Linien beherrschen Möbel und
Graphik, als sei auch das gan;e Runstgcwerbc in solchcn
Rörsetten ;urcchtgebogen. .7 ,- -

Um isöK setzt konfequent Sträffung cin. Das Rorsett
tritt untcr dic Brust zuriick und verlcgt alle Rraft dar«
äpf, aks Gürtcl die Schetikel ;u straffen und ;um Brust-
körb in. müglichster Metikale rmporzuleiten, so daß dic
Rcklame das wundcr des Sitzen-Rönnens brsonders ;ei>

klcn muß.




Dann erreicht — um isie — dir Anti.Rorsage>»Brwe<
gung ihren Höhcpunkt. Der wandrrvogel wächft hera«
mit seinem neucn Rörperideal. Die Schriften Sch«lye»
Naumburgs wirkcn fich aus, Sport und Grmnastik dxän>
gen ;u scharfem Training. Gegen fran)ösische»
ideal dringt aus grrmanischrn Lander» dan 2drak dxs
schlanken Girls in die Mode ein. .s

Schon aber lässt es dic frrierc Drwrglichkcit der sport-
geübten Frau ratsam erscheinen, dje Büste zu r«hiM
Straffung;u stiiisieren:

Büstenhalter beherrschcn dir Reklameseiten und wer<
den schnell von Hüftgürteln begleitet. Für Rorsctt.Gcnner
wird das besänftigende wort: Rorfclett crfuüden.

Die Eman;ipation von der Schnürung des Barock rmd
der Reaktion ;eigt sich gan; deutlich. Dic iKüfte, cbcn drr
Teil, da die Horizontalschnürung tief eingriff, bieibt gsn;»
lich korsagcfrei.

Aber schon cin kur;es Iahc später rückt Büstenhalter
und rZüftgürtcl cnger ;ufammcn. Nöch ist das kein „Ror«
sett", aber der Stoffschnitt zeigt gan; deutlich die VertiK
kalen, die, voll Eigenlcbens den Rörpcr dchercschen. --

Und abermals kaum ein 2>ahr:

Der neuc Rorscttpanzer ist fertig, abcr nicht al« Schuü-
rung, fondcrn als Straffung und Streckung. Die Wcich-
teilc werden nicht beengt,, sonderu übcrbrückt.

Man fühlt sich verwandt drn Frauen dcs 14. und id-
Iahrhunderts. Zwci, durch roö Iahrc grtccnnte Epochen
reichen si'ch die -Hände:

Man schaue dcr Frau dcn Schönhcitswillen dcr Zcit ab,
möchte man als moderner Runsthistorikcr fagcn, danu f
wird man erkennen, wclchc Linicn fur koniinendc Gcnc- ,
rationen dcn Stil bcstimmen werdcn.

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