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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 11 (November 1935)
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Petersen, Benno: Der volkstümliche Handpuppenkasper und seine neuen Aufgaben: ein Beitrag des Handpuppenspiels im Dritten Reich
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0268

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erkannt und ihn in vielen Grten moralischen und poli«
tischcn, aber positiven Aielen dienstbar §emacht. Seinc
wcscntliche Er;iehungsmission crfUllt er nach wie vor in
crstcr Linie im Rreise der Iugcnd!

Zu wie sagt Zaratkrustra; Seit es Mcnschen gibt,
hat dcr Mensch sich zu wenig gefreut! Das allein, meinc
Brüdcr, ist unserc Erbsünde.

Ican paul: Heiterkeit ist dcr Himmel, unter dem alles
gcdeiht, Gift ausgenommen. Raspers Humor ist, selbst
in dcn gefährlichstcn Situationcn nicht tot ;u kriegen.
Dcr ernste Gcdankc eines hciklen, d. h. dcm Skeptikcr
fur das Rasperltheatcr heikel erschcinenden Thcmas
blcibt trotz der — oder gcrade wegen der humorvollcn
Einklcidung im Vordcrgrund und wirkt um so überzeu-
gcndcr, se drastischer, lustigcr odcr primitiver er dar>
gcstcllt werdcn kann.

In dieser grundsätzlichcn Einstellung fragen wir uns:

warum Handpuppenspiel und keine Ma.
rionettc;

*

Die Hcrstcllung und Ausgestaltung der Marionettc oder
Fadcnpuppc stcllt hohc kunstlcrische Anforderungen. Die
Modellicrung ist feiner, naturalistischcr und nicht so grob
wie bci der Handpuppc, die nicht Individuen, sondern
Trpcn darstcllt. Die Marionette ist trotz reicherer Gliede-
rung in der Bewegung bcschränkter, sie kann wohl seit.
wärts, aber nur wenig vor. und rückwärts gehen. Die
Handpuppe kommt der Seele dcs Rindes, sei es Nitspieler,
Zuschauer odcr Spieler, mehr entgegen als durch allzu
durchgebildete technische Ausführung dic kindliche phanta-
sic erstickt. Die Vielfältigkeit und Vielgestaltigkeit, dic
schwierige Handhabung des Spiels widerstrebt dem kind>
lichcn Sinne. Dagegen kann.sich beim Handpuppcn-Rasper
das Rind allcs, Puppen, Bühne und Manuskript selbst
schaffcn und ohne Hilfe selbst Theater spielen. Die schnei-
digsten Raspcr-Improvisatorcn habcn oft keinc Puppen,
sie stcllcn sich hinter die Stuhllene und laffen ihre Zeigc-
finger mitcinank>ep-redrn. —

* »

Das Manuskript.

Übcr die tcchnischc Herstellung der Bühne und der Pup-
pen gibt es so viele Unb äuch gute Veröffentlichungen, daß
es sich erübrigt, ausführlichere Anleitungen ;u geben, doch
macht dem Lchrcr dic Auswahl oder Anfertigung eines
guten Spieltcxtes oft nicht wenig Ropfzerbrcchen. Des-
halb gebe ich gerne einige winke, die crkennen laffen,
worauf es ankommt:

I.Die Zuschauer müffen ;u lebendiger Teilnahmc heran-
gczogcn wcrden. Dies geschieht ;. B., wenn sich die
klcinen Darsteller an das publikum wcnsen, um Unter-
stüyung bitten, Rat holen, Leifall und Gesang, Be-
wegung und Legleitung dürch Mitwirkung bei allen
VorgäNgcn herausfordern.

. :. Eine gewiffe Spannung wird erreicht durch wichtige
Umständlichkeit. Sclbst bedeutungslosc Vorgänge müs-
sen durch harmlose, aber lustige Begleitcrschcinungen
zn bie Länge gezpgen werden, damit sich der drama-
tische Augenblick äls plötzlichcr Effekt abhebt.

Z. Das Lächerlichmachen einer person ist ein Hauptfak.
tor des Erfölges hnd stets von guter humoristischer
wirkung. Möglichst eine prügelszene, aber nicht in
jahrmarktsmäßiger Grobheit.

Stück schreiben, b;w. von Schülern anfertigen laffen will,
kann man viele Sagen, Schwänke und Märchen ;u Puppen-
spiclszcncn umformen! ^

* - -i- *

Raspcrthcater als Lehrbühnc.

In dcr wendc unserer Tage habe ich persucht, mitzuhel-
fen, das jahrmarktsmäßig verflachte Rasperlspiel auf eine
ncue Grundlage ;u stcllen. Dicser Rleinkunst müssen, wie
es dic Dschcchei und Rußland längst erkannt, staatlich ge-
fördert und für propagandistische und politische Zwcckc nutz-
bar gemacht hat, Aufgaben zukommen, die kulturtragenden
wcrt haben. In Sachsen ist das Puppenspiel für hygie-
nische Volksbclehrung, in Braunschwcig für Pröpaganda
von wertvollcn Iugendschriftcn eingesetzt worden.

Ich schricb vor gut eincm Jahrc das Puppenspiel vom
Luftschutz, das nach einer werbevorführung vor sämt-
lichen Landesgruppenführern in der Reichsluftschutzschulc
in Berlin vom Minister der Luftfahrt und dLM präsidium
des R.L.B. allcn Landcsgruppen empfohlen wurde und
scitdem mit Erfolg in gan; Dcutschland von mehreren
Dühncn aufgeführt wird. Die Kühne Pechascheck-Ratze-
burg sicht in nächster Zcit der 600. Aufführung entgcgen,
manchem Amtsgenoffen ist das Stück wohl schon in sei-
ner Schule gczeigt worden. Da wohl kaum anzunehmen
ist, daß jeder, der das Stück noch nicht kennt, sich eine
Vorstellung darüber machen kann, daß für cine so ernste
Angelegenhcit wic der Luftschutz cs ist, mit einer lustigen
Rasperbühnc geworben werden kann, will ich den Inhalt
kur; folgen laffen.

Das Spicl enthält in 5 Bildern im Rahmen ciner
lcbendigen klcinen Handlung die wichtigsten Gcdanken,
die ;ur Gründung des Rcichsluftschutzbundes geführt
haben. wcnn im erstcn Akt dcr Raspcr nach einer durch-
zechten Vlacht torkclnd nach Hijusc kommt und sich nach
einer unangenehmen ehelichen Auseinandersetzung ins Bett
Icgt, schüttelt wohl mancher Zuschauer dcn Rops, da er
sich keine Vorstellung davon machcn kann, wie die Hand-
lung ;u eincm crnstcn Luftschutzwerbespiel umgcleitet wird.
Da — während Rasper noch unter der Nachwirkung eines
überfüllten Magens stöhnend mit dem Schlaf ringt und
die ersten Schnarchlaute diesen endlich ankündigtcn — er-
tönt Propellersurren, Scheinwerfer blitzen auf, Flugzeuge
huschen gespenstisch über den Traumhimmel. Alarmtrom-
meln, Rufe, Maschinengcwehrfeuer, Detonationen epplo-
dierender Domben in sich steigerndem Tempo und Getöse.
Zuletzt cin gewaltiger Rrach! Rasper fällt aus dem
Bctt. Der Spuktraum hat ein Ende und erschüttert den
Bruder Leichtfuß gewaltig. Er kann sich nicht beruhigcn
und legt sich-erst wieder ins Bett, nachdem er sich vor-
genommen hat, für den Ernstfall Vorsorge ;u treffen,
d. h. sich als Mitglied beim RLB. anzumelden. Im Ver-
lauf dcr zweitcn Szene wird ihm ini Geschäftszimmer die
crnstc Lage Deutschlands erklärt. Rqspers Her; flammt
auf für sein bedrohtes Völk. Mit Freuden erklärt er sich
bereit, an dem weck-dcr Landesverteidigung mitzuarbei-
ten und den Ausbildungskursus als Llockwart ;u absol-
vieren. Im dritten Bild sehen wir ihn schon in seiner
Dätigkeit als Amtsträger. Jn drastischen worten kläöt
er auf dem Lande den schwerfälligen und dickköpfigen
Bauern auf. In der Stadt bringt er es sogar fertig, daß
rr bei dem neunmal klugen und pazifistischen profeffor die
Erlaubnis ;ur Bestchtigung -er Bodenräume erhält. 2bn

N^-Die Häuptfigur, depRasprr, foll möglichst häufsg auf. „ächsten Akt erlebcn wir cbei Oimmungs- und wirkungs-
treten. Er hat W Aufgabe, das Spiel durch wiye, vollcr szcnischer Ausstattuiig eine lustige Auseinander-

d'r «.ngeflechtxn-.ive-de^^^ Späss^. durch ausge- seyung mit der Fräu profefför, die Ls nicht über fich ge-

MSchlmpsen,werdrchen von ' winnen kann, Gerümpel bei Seitc ;ü schaffen. Erst das

Erschcinen einer Maus gibt den Ausschlag zUr Ausräu-

' wörtern immrr wiedrr beleben. Er darf nie roh

und pluinp, nie iw wirklichen Sinne schlecht oder ge. Eng des Lodens. Im Schkußbild wird änläßttch ernes
Anfang füchrt er stch mrt Scherzeo ein, probealarms der ErfoMder Blockwarttätigkejt unseren
inmal eine kraftrge Läch- rapferen Raspers demonstriert: Während in ernem Be-

Schluß ruft

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