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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Bergau, R.: Die Kunst im Hause, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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111

Nelrologe.

112

als Erzieher der Jugend von deni allergrößten Einfluß
auf die künstlerische Bildung der künftigen Generationen.

Erst die Lektüre dieses Buches zeigt nns rccht deutlich,
wie sehr wir, im Verhältniß zu srüheren Kunstperioden.
was den asthetischen Werth unscrer Gegenstände des häns-
lichen Gebrauchs betrifst, gesunken, ja daß wir sast
barbarisch gewordeu sind. Wir sind eben an das, was
wir von frühester Iugend an um nns gesehen, so sehr ge-
wöhnt, daß es uns nicht mehr aufsällt und wir den
Maßstab für Benrtheilung desselben verloren haben.
Falke's Darstellung sührt uns nun unsere Fehler
schonungslos vor, die Erkenntniß der Fehler aber
ist der erste Schritt zum Bessermachen.

Es giebt wenig Bücher, welche so durch und dnrch
originell sind und sv viel Nenes bieten wie dieses. Es
enthält die Nesultate von Falke's nmfassendem und tief
eindringendeni Studium der Kunst und der Kultnrzu-
stände vergangener Iahrhunderte und seiner Jahre langen,
von Nachdenkeu begleiteten Erfahrungcn und zeugt von
feincm Schönheitsgefühl. Dabei ist die Darstellung
überaus gcfällig, klar, Jedcm vcrständlich, die Sprache
schön, edel, ächt poelisch, frei von leeren Phrasen. Es
dürfte kaum Iemand, der nicht voll Vornrtheil ist,
das Bnch ohne Befriedigung nnd Dank gegen den
liebenswürdigen Verfasser aus der Hand legen.

R. Bergau.

Nekrologr.

Panl Koncwka, der bekannte und hochgeschätzte
Silhouettenmaler, ist zu Berlin am 10. Mai >871 ge-
storben. Er war von Greifswald gebllrtig, wo er am
5. April 1841 als der Sohn eines Universitälsbeamten
das Licht der Welt erblickte. Nach absolvirtem Gym-
nasinm trat er in die Werkstatt Friedrich Drake's zu
Berlin ein, um Bildhauer zn werden. Doch sehr bald
erkannte er seine vorherrschend malerische Begabnng und
vertanschte sein erstes Atelier mit dem Adolph Menzel's,
jedcnfalls die glückiichste Wabl, die er nach seiner speziellen
Begabung treffen konnte. Hier lernte er — soweit der-
gleichen zu lernen ist und nicht vielmehr nur ansgebilvet
werden kann, wo der Sinn dasür bereits vorhanden ist —
jene feine Beobachtung des Lebenü und jene sichere Zeich-
nnng des lebensvollsten Details, die ihn ansgezeichnetnnd
zu einem würdigen Schüler seines Meisters gcmacht haben.

Schon sehr früh kam er in diejenige Darstellungsart,
für welche er eine außergewöhnliche nnd fast ausschließ-
liche Begabung hatte, in die Silhonette hinein. Er haite
eine merkwürdig gcschickte Hand nnd schnitt oft in Gegen-
wart seiner Frenndc — selbst ohne nur hinzusehen —
sckwarze Schattenbilder aus Papier zum Staunen nnd
zur Freude Aller. Bald machte er diese Kunst, anstatt
der Scheere den Pinsel nnd Stift benutzend, höheren Auf-
gaben dienstbar. Bereils 1864 erschien scin erstes größeres
Werk, eine lange friesartige Komposition. die Spazier-
gänger vor dem Thorc nach der Scene im Faust
darstellend, votl heitercr Lanne, voll ergötzlichen Humors,
voll frischcn Lebensgefllhles und von einer Femheit der
Durchbildnng im Kvntur, als dem wesentlichsten Stückc

einer wirkungsvollen Silhouette, wie nur setlen Aehnliches
vorhanden gewesen.

Die Natur des erwählten Mittels paßt mehr fiir
leichtere humoristische Darstellungen als sür ernste und
stilvolle, und so hätte man es für gewagt halten können,
als kurze Zeit darauf 12 Blätter zum Faust in einem
Hefle erschienen; doch strafte das überraschende Gelingen
auch hier alle Bedenklichkeiten Lügen. Jn der reizvollsten
Anmuth, wie durchweg in der Gestalt Gretchens, und in
dem erhabensten Pathos. wie es in einzelnen Bildern dew
Fanst eignet, wußte er ebeuso voll und wahr den richtigen
Ton zn treffen »nd eine befriedigende Gestaltung mit
seinen einfachcn Mitteln zu gewinnen, wie in dem Humor,
dcr in der Gestalt Mephisto's alle Touarten durchläust
nnd vielleicht sein Glänzendstes in dem Blatte leistet, wo
Mephisto sein Lied singt.

Besonders ausgezeichnet war Konewka auch nach der
Seite seiner dekorativen Erfindungen, die er namentlich
als Unirahmungen seiner Entwürfe geschickt zu verwenden
wnßte. Die Sinnigkeit und Geschicklichkeit, die er in der
Anordnnng Les künstlich aufgebauten Fnßbodens in deu
sämnitlichen Fanstbildern nnd später bei ähnlichen Ge-
legenheiten bewährte, erregte das gerechteste Erstannen.

Einen viel glücklicheren Griff als beim Fanst
Ihat er, als er auf ein Wort des Dichters selber sich stützend
Shakespeare' s Sommernachtstraumin Silhonetten
zn illustriren unternahm. Hier überwiegt das humoristische
nnd phantastische Element, dem sein Darstcllnngsmittel
am leichtcsten und sichersten beizukommen vermag, nnd so
ist seine Sonimernachtsiraum Ausgabe vielleicht die Krone
all seines Schaffens geworden. Ileberall weiß er sich in
den Geist des Dichters zn versenken und seinen Gestalten
und Jbeen die sinnliche Verkörpernng an die Seite zu
sctzen. Frisch und originell, mühelos, wie natllrlich treten
seine Schöpfungen neben die Scenen des DichterS, wic
dcnn das überhaupt die glückliche Seite seines Talentes
war, ohne Besinnen im ersten glücklichen Griff das Rechte
zu treffen.

Seines anmuthigen Talentes halbcr war er ein sehr
gesuchter Künstler nnd manche unserer illustrirten Zeitnn-
gen haben Silhouetten nach seinen Zeichnungen veröffent-
licht. Auch einige der dentschen Bilderbogen bei
Weise in Stuttgart sind von ihm gezeichnet.

Ganz besonders geeignet erscheint natürlich die
Silhouette für jenen fröhlichen nnd einfachen Humor, der
in Kinderdarstellungen an seinem rechten Platze ist und
nur allzuoft selbst in Len gefeiertsten Kinderbüchern ver
mißt wird. Jn dieserHinsicht ist sein schwarzer Peter,
dem kürzlich noch ein zwcitcr aus dem Nachlasse heraus-
gegebener Theil nnter dem Titel i Schattenbilder
gefolgt ist, ein wahres Muster.

Seit dem Sonimer 1867 kränkelnd, siechte der be-
gabte Künstler allzu früh dahin, und nicht blos der Künst-
ler, sondern auch der Mensch, der liebenswürdige, offene,
heitere, wird von denen schmerzlich vermißt, die ihn ge-
kannt haben. Noch ein zweites Werk, zn dcm ihn Shake-
speare's humoristischeGestalten inspirirt haben, Falstafs
nnd seine Gesellen, Irat ganz vor Knrzem ans seinem
Nachlaß an das Licht und rechtfertigt in erfreulichster
Weise das Vertranen, welches seine Verehrer in die lln-
erschöpslichkeit seines sreundlichen Talentes setzten. Dies
posthnme Werk ist in der nenen Reichsstadt herausge-
geben, zn der einc seiner tetzten nnd reifsten Zeichnungen.
 
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