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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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208

Nekroloqe: Karl Friedrick ^ries: Friedrich Lossow.

201

Jch will heute nur uoch ein paar niit deu erwähn-
ten zusammen angetroffene Bilder kurz erwähnen.
Eniil de Cauwer erschien in dem Jntericur einer Ka-
pelle in einer sehr zum Vortheil veränderten Tonart, in
Ler gewisse konventionelle Klänge seiner bisher gewöhn-
lichen verklnngen waren; auch war seine malerische Auf-
fassung natürlicher.

Ganz vortrefflich war ein Vorposiengefecht von
Christian Sell: Preußische Husaren locken französische
Kuirassiere in cinen Hintcrhalt. Die Spannung des
Momentcs, das Seelischc iu den einzelnen Betheiligten
kam außerordentlich zur Wirkung. Die Farbe war etwas
hellbunt, doch die klare Tagesbeleuchtung des freien Fel-
des rechtfertigt das.

Ferncr soll noch zwcier kleiner französischer Bilder
gedacht werden. Eine Odaliske von H. Baron ist schon
deswegen ctwas Außergewöhnliches, weil sie nicht lebens-
gros; nnd nicht nackt ist. Der Kiinstler hat das hin-
dämmernde Tranmleben im Scrail znm Motiv seiner
maleriscken Darstellung gemacht uud darin glücklich den
rechten Ton getrofsen. Bei seinen mäßigen Dimensionen
ist so etwaS unzweifelhaft lobenswerth.

Das andere Bild, von Iules Goupil, war cin-
mal wieder eine bczeichnende Probe der wuiidcrlichen Art
dieses Künstlcrs. Jch kann nicht umhin, bei ihm immer
an Chinesen zu denken. Auch bei ihm wie bei diesen
sind alle Lcbensäusieruiigen in der Grimasse erstarrt, Allcs
erscheint wie Petrefact. Das Motiv ist eine der gewöhn-
lichen Nichtigkeiten: cine elegante Dame giebt ihrem
Hündlein cin Stück Zuckcr; und das ist mit jener ma-
sckinenmäßigen Nundung wie imnier ansgcführt; die
Farben von nndurchsichtigem lackartigem Auftrag, ohne
Btodellirung und Uebergänge gegen einander gesetzt, die
chemisch reine Technik, ein glänzend abgeglättetes Nichts.

Nrkrologr.

Karl Fricdrich Fries 'k. Am 23. December 1871
verstarb in St. Gallen der Historienmaler Karl Friedrich
Fries nach viertägigem schweren Leiden an den Folgen
einer durch heftige Gemüthsleiden hervorgerufenen Ge-
sichtsrose. Fries war im Jahre 1831 zu Winnweiler in
der Pfalz geboren, wo sein Vater damals eiue Apotheke
besaß, machte acht Iahre lang erfolgreiche Stndien am
Gymnasium zu Zweibrücken und siedelte 1851 mit seinem
Vater nach München über. Nachdem er noch ein Jahr
die dortige Universität besucht, widmete er sich der Kuiist
und ward als Schüler der Akademie eingeschrieben. Doch
fand er sich von dem daselbst ertheilten Unterrichte wenig
angesprochen und wendete sich unter Berdell6's Leitnng
bald dcr antiakademischeu Nichtung ;u, worin er durch
einen längeren Aufenthalt in Venedig noch mehr bestärkt
wnrde. Gegen Ende der fünfziger Jahre ging er nach
Mittel- und Unteritalien und verlebte einen großen Theil
jener Zeit in den Abruzzen, wobe! ihm aus seinen intimen
Beziehungen zn einer eingeborenen Familie beim Eintritte
der bekannten politischen Ereignisse der Jahre 1859 und

1860 derartige Unaiinehmlichkeiten erwuchsen, daß ihm
die Klugheit gebot, jene Gegend zn verlassen. Während
er in den günstigsten Vermögensverhältnissen lebte und
auch allen Grnnd hatte, niit seinen Erfolgen als aus-
llbender Künstler znfrieden zn scin, waren die letzten Jahre
seines Lebens gleichwohl durch häusliches Mißgeschick,
welches in der Trennung von seiner jungen Fran dcn
! Gipfelpnnkt erreichte, aus's Aeußerste getrübt. In diesen
Verhältnissen ist auch der Grund seines Todes zu suchen-
Jn seinen Arbeiten strebte K. Fries vor Allem eine be-
dentcude Gesammtwirkung an, wobei er von einem freien
Sinne für die Schönheit der Farbe lebhaft unterstlltzt
wnrde. Seine Auffassung erinnerte an die der alten
venetianischen Meister. So gab er 1862 in seineni
Bilde: „Weib, Wein und Gesang" eine sehr ansprechende
Komposition in der Art Panl Veronese's. Jn einer statt-
lichen Halle, deren offene Bogcn die Aussicht in's Freie
gestatten, bewegt sich eine vornehme Gesellschaft in der
Tracht des scchzehnten Jahrhnnderts. Die Gesellschaft
zerfällt znnächst in drei Hauptgrnppen, welche aus ebenso-
vielen Paaren bestehen, welche jene drei Schlagworte per-
sonifiziren und sich fchließlich wieder im Dreiklange auf-
löseu. Jm Sinne der alten Meister lag es auch, daß er
kleine reizende Liebesgötter den Menschen beigesellte.
Ein Jahr später brachte K. Fries in „Herkules nnd
Omphale" eine ireffende Satire. Die Scene zeigt ein
Mnnchener Atelier, in welchem eine junge Frau ini leich-
testen Morgenkleide Genelli Konkurrenz macht, indcm sie
die Entfllhrung dcr Europa malt. Zn ihren Füßen
känert ein hübsches Kind nnd hantirt wie die Frau Mama
mit Pinsel nnd Farbe; der Herr Gemahl aber, eine bär-
tige Physiognoniie, über die erste Jugend hinans, hält die
Kaffeemühle zwischen die Beine geklemnit und trifft so die
ersten Vorbereitungen zum Frühstück. Sehr geschätzt
wird anch Fries' „^.nro ckoeso in dcn Abruzzen", dessen
Mineralbäder sich in einem noch ziemlich urznständlichen
Zustande zu bcfinden scheinen. Der Künstler zeigte dic
ländliche Bevölkerung mit der eines benachbarten Städt-
chens in bunter Mischnng beim Brunnen versainmelt und
griff hie nnd da eine charakteristische Fignrmit trefflichein
Humvr heraus. Von anßerordcntlichem Wcrthe cndlich
sind die Kopicn, welchs Fries nach der Himmelfahrt
Mariä von Tizian, nach Palma Vccchio's heiliger Bar-
bara und andern Meisterwerken der vcnetianischcn Schule
herstellte.

Friedrich Lossow, der bekannte geistvolle Thier-
maler, starb in München am 19. Januar. Derselbe
war im Jahre1838 geboren nnd gehörte einer geachteten
Künstlerfannlie an: sein Vatcr ist der wackere Bildhaner
Arnold Lossow, der von König Ludwig I. vielfach mit
Anfträgen zur Herstellung von Bllsten betraut wnrde,
sein Brnder der Genremaler Heinrich Lossow. Je seltener
in unseren Tagen der echte Hiimor geworden, desto will-
kommener waren die Arbeiten Friedrich Lossow's, welcher
mit einer reichen Gabe davon ausgestattet war. Seit
dem Ende der fünsziger Iahre brachte er cine Reihe zum
Theil ganz köstlicher Bilder, so 1860 einen „Hofhund",
1861 eine „Hündin mit ihren Iungen" nnd eine unge-
mein humoristische „Nattenjagd", in der die Angst dcs
„armen" Thieres, um niit Siebel in Auerbach's Keller
zu sprecken, nnd die Hast der sich überstürzenden Himde
der verschiedcnsten Nayen eincn ansprechenden Gegensatz
bildeten, 1862wieder eine „Nattenjagd" mit einer Ratte
 
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