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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Die Ausstellung des Vereins der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen im Akademiegebäude zu Berlin
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0112

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215

Kunstliteratnr.

216

Die zweite der vorher erwähnten Damen kultivirt
ein dem äußeren Erscheinen uach ungleich bescheideneres
Feld, nämlich die Jllustration, und sie hat sich zum Theil
ganz anonym, zum Theil nur mit ihrer Chiffre A. v. W.
durch eine Auzahl höchst elegant ausgestatteter, mit Chromo-
Lithographien geschmückter Prachtwerke bekannt gemacht.
Die Ausstellung machte mit einer Anzahl vou Blättern
bekanut, Dichtungen verschiedener Verfasser enthalteud,
die zum Theil auf die jüngsten Zeitereignisse bezüglich
und mit passenden Darstcllungen umrahmt waren.
Diese sehr anspruchslosen Blätter zeichneten sich durch eine
so feiue Empfindung, eine so einheitlich geschlossene Wir- >
kung, ein solches Freisein vou Sentimentalität und weib- !
licher Schwächlichkeit aus, daß mau wohl nicht zu viel
behauptet, wenn man sagt, daß in dieser Weise kaum etwas
Besseres existirt. AuchinBezug aufdieFarbe herrscht ein so
glückliches Gefühl fiir eine warme und weiche Harmonie,
die doch nicht über die bescheidene Gränze dessen, was der
Jllustration ziemt, sich hinauswagt, wie all das zusammen
eben nur bei eiuem gauz außerordentlichen künstlerischen
Taktgefühl möglich ist.

Nicht so erfreulich und beträchtlich, wie in Bezug
auf die künstlcrische Produktion, treten die Fortschritte
der Schule des Vereius hervor. Jch habe in dem
vorher angeführten Aufsatze die Hauptmängel der daselbst
beobachteten Methode, namentlich was den Landschafts-
zeichenunterricht betrifft, ausführlicher erörtert, und so
leid es mir thut, bleibt mir nichts Anderes als, was ich
damalS gesagt habe, zu wiederholen: Das ist keine Methode,
die anregcnd und fördernd wirken kann, sondern das ist
eine höchst geschickt in Scene gesetzte Spielerei mit der
eigenen Fertigkeit des Lehrers und mit der Geduld uud
Peinlichkeit weiblicher Hände. — Auch in den übrigen
Klassen, die dies Mal gar nicht vollständig vertreten
waren — es fehlte z. B. die Perspektive gänzlich —,
will ein recht geordneter, bedächtig, aber fest vorschreitender
Gang nicht hervortreten; es fehlt der Schule eben an
eiuer künstlerisch und wissenschaftlich befähigtcn Ober-
leitung, und hierin hat sie wenigstens den leidigeu Trost,
mit dcr Akademie der Kunst in der Hauptstadt des deut-
scheu Reiches auf dcmselben Niveau zu stehen, denn mutatis
mutanckis leistet diese nicht mehr als sie.

Ein Schritt, der zu Gutem sühren kann, ist zum
ersten Male unmittelbar vor dieser AuSstellung versucht
worden: man hat eine Konkurrenz für gemalte Studien-
köpfe ausgeschrieben, uud einige der z» derselben einge-
laufenen Arbeiten geben Zeugniß von dem Vorhandensein
jüngerer Kräfte, denen künstlerischer Sinn und eine ganz
solide geschulte Technik nicht abzusprechen sind. Diese
Kräfte aber sind durchaus nicht aus jener Schule hervor-
gegangen, sondern sie rekrutiren sich ans der jüngereu
Generatiou der malenden Damen in dem ganzen Gebiete,
wclches der Verein umfaßt, d. h. also aus ganz Deutsch-

land, und der erste Preis war einer jungen Dame aus
München zugefallen, die auch außerdem mit einigen noch
nicht ganz reifen und abgeklärten, aber immerhin flotten
und tüchtigen Arbeiten vertrcten war: Agathe Röstel.

L. N.

Äunstliteratur.

R. v. Retberg, Dürer's Kupferstiche und Holz-
schnitte. München, Th. Ackermann, 1871. 8.

Es dürfte wohl kaum einen anderen dentschen
Künstler gebeu, dessen Werke so eifrig gesammelt, so
gründlich studirt und so vielseitig betrachtet worden sind,
wie diejenigen unseres großen Meisters A. Dürer. Bei
dieser Thatsache ist es sehr ausfallend, daß fast alle
Sammlungen seiner Werke nach den alten Katalogen von
Bartsch und Heller geordnet sind, welche sie nach der
Art der technischen Ausführung (Holzschnitt oder Kupfer-
stich) und nach den Gegenständen der Darstellung (Biblische
Geschichte, Mhthologie, Bildnisse rc.) geschieden haben.

Diese Art der Anordnung hat manches Bequemc
für das schnelle Aufsinden bestimmter Blätter, für gewisse
Vergleichungen, zum Zweck der Lösung einzelner Fragen
aus dem Gebiete der Kostümkuude, der Jkonographie rc.
Als die einzig richtige und wissenschaftliche Methode der
Anordnung erscheint jedoch, wenn es darauf ankommt,
Dürer als Künstler zn zeigen, die chronologische,
welche uns einen Einblick in die geistige Entwickelung
des Meisters, seines Wesens und seiner Kunst gestattet
und seine Stelle in der Kunstgeschichte mit größerer
Klarheit erkennen läßt. Der Beschauer erhält durch diese
Anordnung überdies Aufklärung über mancherlei soust
dunkle Verhältnisse. Mit Recht hat man daher die
Sammlungen der Werke anderer Meister schon lange iu
chronologischer Weise geordnet. Bei den Werken Dürer's
fehlte sie uns bisher.

Der als Kunstforscher und Kunstsammler wohl be-
kannte Freiherr R. v. Retberg in München hat diese
Arbeit unternommen und legt uns die Resultate seiuer
Jahre langen Beniühungen nach dieser Seite hin in dem
vorliegenden stattlichen Bande vor. Doch hat er sich
leider nur auf die Kupferstiche und Holzschnitte beschränkt,
freilich den bei Weitem wichtigeren Theil aller Arbeiten
Dürer's. Er hofft aber damit die Anregung gegeben zu
haben zn der größereu und mühevolleren Arbeit eines
genauen kritischen Verzeichnisses aller bekannten Werke,
auch der Gemälde, Handzeichnungen und sonstigen be-
glaubigten Arbeiteu des Meisters. Heller hat zwar schon
ein ähnliches Verzeichniß versucht, hat es jedoch nach den zu-
fälligen Aufbewahrungsorten geordnet und, wie es in jener
Zeit dcr sehr beschränkten Verkehrs-Anstalten und Ver-
vielfältigungsmittel, da er nur das Wenigste selbst sehen
konnte, kaum anders möglich war, in sehr unkritischer
Weise ausgeführt.

Netberg's Katalog der Knpferstiche und Holzschnitte,
welche er also durcheinander wirft, umfaßt270Nummern.
Er bietet nicht nur eine neue Anordnung des bekannten
Materials, welche natürlich mancherlci Schwierigkeiten
bot, sondern auch eine kritische Prüfung desselben in Be-
tresf der Bczeichuung der dargestellten Gegenstände, der
Entstehuugszeit, wo solche nicht durch die darauf befind-
liche Jahreszahl angegeben ist, wofür der genaue Kenner
 
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