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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Kupferstich und Kupferdruck in Wien
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0219

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429

Kupferstich und Kupferdruck in Wien,

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höchst gelungenen Zeichnungen des Künstlers. Es folgen
sodann Abdrücke von älteren Platten, die Kaeser in seinen
Besitz gebracht hat, wie der Norwegische Wasserfall nach
Andreas Achenbach gestochen von Carl Post, „der Spiegel"
von I. Czermak, gestochen von E.Biot; die einst berühm-
ten Werke Dannhauser's: „Testaments-Eröffnung", „der
Prasser", und „die Klostersuppe" in Stichen von F.
Stöber und „dieDichterliebe"gestochen von I. Axmann;
Defregger's beliebtes Bild: „Speckbacher und sein Sohn
Andreas" gestochen von Sonnenleiter, dem Schüler
Jakoby's; von Letzterem auch das den Lesern der „Zeit-
schrift" bekannte Blatt nach Führich: „Begegnung von
Iakob und Rahel"; zwei andere Blätter nach Führich;
eines nach Fendi; eine Originalradirung von F. Gauer-
mann und ein kleines, aber frommes Blättchen von
Wilh. von Kaulbach, gestochen von Iakoby. Nasch ver-
breitet und bekannt geworden sind die beiden Stiche nach
L. Knaus: „Die jungen Katzen" oder „Die Katzenmutter"
von Sonnenleiter und „Im Frühling" von E.
Willmann; es ist bemerkenswerth, daß von beiden
Blättern die biprouves ä'urtwts bereits vergriffen sind,
ein Zeichen, daß auch unter dem Guten noch das Beste
gesucht ist. Luini's „Madonna di Lugano" ist eine sehr
schätzbare Arbeit von Fr. Weber in Basel. „Die vier
Jahreszeiten" von I.Marak, gestochen von E.Willmann,
bilden eine reizende Folge von Stimmungslandschaften.
Murillo's berühmte Missionär-Madonna aus der Ester-
Hrizy-Galerie in Pest ist, ausnahmsweise in gemischter
Manier, von I. Ballin in London nahezu vollendet.
Desgleichen das sinnige „Klosterrefektorium" von A. vau
Muyden, gestochen von Eissenhardt, und Arthur von
Ramberg's liebenswürdige „Begegnung auf dem See" in
Stich von C. Geier.

Der große prachtvolle Architekturstich von F.
Bültemeyer: „Die Stephanskirche in Wien" verdankt
einem kaiserlichen Auftrage seine Entstehung. Durch die
stilgerechte Formgebung wie durch die kräftige Lichtver-
theilung macht das Blatt einen überraschenden Eindruck;
es ist ein Meisterstück, einzig in seiner Art. Der begabte
Stecher hat die Zeichnung unter der Leitung des Dom-
baumeisters Fr. Schmidt selbst gefertigt. Der Entwurf
der reichen Staffage mit der feierlichen Frohnleichnams-
procession stammt von I. Laufberger.

B. Vautier's: „Vor Gericht", die launige Szene, in
der die drei schlimmen Buben der Mißhandlung einer
Katze bezichtigt werden, ist bekannt genug, um jedes Lobes
entbehren zu können. Der gefeierte Schweizer Künstler,
der Held aller Ausstellungen, hat an Prof. I. L. Raab
einen guten Dollmetscher gefunden. Das empfiudsame
Grau, das wie ein Mehlthau über Vautier's Malereien
lagert, kann derKupferstecher freilich nicht brauchen. Naab
hat es durch eine sanfle Belebung der Lichter zu ersetzen
verstanden.

Damit schließlich auch der Zeit ihr Tribut gezollt
werde, hat Kaeser das Wiener Weltausstellungs-Gebäude
von 1873 nach den authentischen Quellen in einer Vogel-
perspektive mit Landschaft von A. Feldscharek zeichnen und
von E. Willmann stechen lassen. Eine Reihe anderer
Kupfer sind erst noch unter den Händen verschiedener
Künstler in Ausführung begriffen, darunter Piloty:
Heinrich VIII. und Anna Boleyn bei Cardinal Wolsey;
Kurzbauer: Die ereilten Flüchtlinge; Rudolf Alt: Total-
ansicht von Wien; A. Liezenmayer: Faust und Margaretha;
vor allem aber Tizian's berühmtcs Bild, genannt: die
himmlische und irdische Liebe, gestochen von Frd. Weber
in Basel.

Jndem wir diese herzhaften Anfänge des neuen
Wiener Kunstverlages freudig begrüßen, geben wirzugleich
der Hoffnuug Raum, daß es P. Kaeser gelingen möge,
sein Publikum mehr und mehr an die Reproduktion der
älteren klassischen Kunstwerke zu gewöhnen. An Zuspruch
wird es ihm nicht fehlen. Und fangen unsere Zeitgenossen
nur erst damit an, die Photographien in ihren Mappen
mit guten Kupferstichcn zu mischen, dann ist uns auch gar
nicht bange davor, was darin schließlich von der ge-
mischten Gesellschaft übrig bleiben wird. U. UR.

Korrespondcnz.

Amstcrdam, Ende Juli.

Während der letzten Wochen herrschte in den sonst
so stillen Räumen des hiesigen Kunstvereines „^rti et
awioitius" ein reges Wogen und Treiben. Künstler
und Kunstfreunde aus der ganzen Welt waren hier wie
auf Verabredung zusammengekommen, um vereint ihren
Tribut der Bewunderung den Werken gestorbener, un-
sterblicher Meister darzubringen. Wie schon einmal
im Jahre 1867, hatte sich auch heuer der Kunstverein
der dankenswerthen Mühe unterzogen, von den Gemälden
der großen Niederländer, die sich im Privatbcsitze bestnden,
so viele als nur möglich leihweise zu acquiriren, um sie
in eiuer Leihausstellung dem größeren kunstfreundlichen
Publikum zur Besichtigung darzubieten. Dem genauen
Kenner der Kunstschätze Hollands konnte er damit freilich
nichts oder nur wenig des Neuen zu bieten; denn die
Familien Six, van Loon, Gruyter u. s. w., welchen die
bedeutendsten der hier ausgestellten Gemälde angehören,
haben von jeher mit großer Liberalität ihre Schätze den
Kuustfreunden zugänglich gehalten, und wer ein tieferes
Jnteresse für die alten Meister hegte und sich nicht be-
gnügte, nur das anzusehen, was er iu dcn öfsentlichen
Sammlungen vorfand, dem öffneten sich auf seinen Wunsch
die Pfortcn zu den Gemäldesälen jener Familien. Aber
bcschwerlich war es doch immer, und mit einem Anflug
wohligen Gcfühles sagt sich der Besucher der Ausstellung
jetzt: „Wie viele Straßen, wie viele Treppen hätte ich ab-
 
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