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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Kinkel, Gottfried: Zwei Mailänder Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0054

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VIII. Jahrgang.

Geitrüge

sind an vr. C. v. Lützow
(Wien, Theresianumq.
2'») od.an die Verlagstz.
(Eeip)iy, Kb'nigsstr. 3)
zu richten.

29. Ilovrmlirr

Nr. 7.
Inscratc

d. Sgr. für die drei
Mal gespaltene Petit-
zeile werden von jeder
Bnch- und Kunsthand-
lnng angenommen.

1872.

Beiblatt zur Zeitschrist sür üildcude Kuust.

Dies Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend, erhalten die Abonnenten der ,,Zeitschrift für bildende Kunst" §ratis; für sich allein bezogen
kostet der Jahrgang 3 Thlr. sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und osterreichischen Postanstalten.

Jnhalt: Zwei Mailänder Kunstausstellungen. —Schmitz, Der Dom zu Köln; Lübke's Geschichte der Plastik. —Münchener Glasmalerei Anstalt. —
Ein Skulpturwerk Naffael's. - Auszeichnungen. - Professor Nichard Schöne. — Berbindung für historische Kunst. — Lchweizerische Kunst-
ausstellung. — Aus den Berliner Gemäldesalous. — Nohr'sches Stipendinm. — Zerstörungswerk der Pariser Commnne. Berichte
vom Kunstmarkt: Auktion Plach; Photographische Studien von B. Johannes. — Neuigkeiten des Buch- und Kunsthandels. — Inserate.

Zwei Mnilünder Lunstansstellmigen.

Am 26. August 1872 wurden durch den KLnig von
Jtalien, welcher zu diesem Zwecke eigens nach Mailand
gekonimen war, zu gleicher Zeit zwei Ausstellungen eröff-
net, welche wichtiger waren, als alle italienischen Aus-
stellungen der letzten Jahre. Die eine enthielt Kunstwerke
und Arbeiten des Kunsthandwerks aus dem Besitz meist
alter Familien dcs Mailänder Gebietes, die zweite eine
Ausstellung moderner italicniscber Bilder aus dem ganzcn
Königreiche.

Die alte Ausstellung fand in mehreren Sälen
der Akademic statt, so daß man durch diese Räume zu den
bekannten und sonst stets offenen SLlen der berühmten
Brera-Galerie hindurchschritt. Sie gab einen hohen Be-
griff von den Privatsammlungen der Lombardei. Das
Kunsthandwerk, das in Mailand während des sechzehnten
Jahrhunderts so herrlich geblüht, war hier in allen seinen
Zweigen brillant vertreten. Nnter den zahlreichen Sknlp-
turen fiel ein Porträt, Gürtelstück in Marmor, auf, das
Philipp II. noch jugcudlich nnd in edelster Auffassung
darstellte. Jn einem besondcrn Saale fand man die voll-
ständigen Abgüsse von dcm Hauptwerk des Agostino Busti
(genannt Bambaja) vereinigt. Es ist das um 1526 be-
gonncne Grabmal des Gaston de Foix, dessen Stücke aus
dcm Kloster S. Marta, wo Vasari sie mit Bewunderung
sah, in alle Welt sich zerstrent haben. Diese Abgüsse werden
im Palast der Brera bleiben, und jetzt znm ersten Male,
da einst auch das Original in jenem Frauenkloster durch
dic strenge Klausur der Zeitgenossen des Meisters fast
unsichtbar gewesen, läßt sich diese Glorie der lombardischen
Renaissance-Skulptur genießen. Die Gemälde betrefsend,
so waren mchrere vortreffliche Bilder von Luini da, sie

gaben indessen von diesem Meister keine neue Anschannng,
da er in heiligen Gegenständen sich ziemlich gleich bleibt.
Luini glänzt, wenn man außerhalb seiner lombardischen
Heimat einzelne Werke seiner Hand antrifft; hier in
Mailand, wo er dem Auge so oft begegnet, sieht man
doch, daß, nachdem er einmal auf seine Höhe gelangt, er
keine nenen Wege mehr suchte, sondern nur mit rüstigem
Fleiße seinen zahlreichen Bestellungen genügte. Dagegen
war der ernsteAndrea Solario von Mailand mit einem
bezeichneten Bilde, der seltene und stets kraftvoll eigen-
thümliche Boltraffio durch eine schön modellirte Ma-
donna mit Kind von 1515 schön vertreten. Ein Porträt
von Antonello, wie gewöhnlich auf der gemalten und
mit Siegelwachs scheinbar angehefteten enitslln bezeichnet
(„1476 ^iitoiiollus irisWrrirsns pinxit"), ein Manns-
kopf von sehr stark gelbrothem Fleischton, in rothem Kleidc,
niit schwarzem Tuche um den Kopf, jedes Haar mit dem
Pinsel gezeichnet, gehört mehr zu seinen kraftvollen als
zu seinen feinen Bildnissen. Ein Bild des Bernardin
von Trcviglio, Madonna auf dcm Throne, in reicher
Renaissance-Architektur, zwischen Johannes dem Täufer
und einer heiligen Märtyrerin, war auch darum wichtig,
weil es den vollen Namen des Künstlers ausgeschrieben
enthält („ösriinräinus Ilstinoiius äs Trsvilio
xinxit"). Vortrefflich und schön erhalten war cine Delila
nnt Sinison von Carpaccio (bezeichnet „Viotor
Onrpntlins"); ein längliches Bild, Delila versteckt einen
Philister, der dem unglücklichen Liebhaber die Haare ab-
schneidet, hinter ihrem Mantel und hat dabei die unschul-
digen Tanbenaugen, die solchc Damen zu machen wissen,
wenn sie einem Manne einen recht bösen Streich spielen:
der Maler hat, scheint es, seine Erfahrnngen gemacht.

! Unter deni Namen Giorgione trat ein brillantes vene-
 
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