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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Guttenberg, G.: Der Salon von 1872, [6]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0142

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273

Korresvondenz.

274

(Mailand) „Selika", Gesicht aus Bronze, Turban und
Shawl, welche dasselbe umrahmen, aus weißem Marnwr;
Effekt um jeden Preis!

Unter den ausgestellten Medaillen machten sich durch
verständige Darstellung des Motivs, gute Komposition
im gegebenen Raume und durch sorgfältige, reine Aus-
führung bemerklich: „Nääuills o.ornmLmorntivo äu osu-
tknuirsäsiksuxolkolll." vonDubois; „UuRäsistulloo
äe kuris" von Chaplain; Portrait der Madenioiselle
Jeannine Dumas, rcizend in verschiedenfarbigem Wachs
bossirt von Henry Cros; endlich ein Portrait des Bild-
hauers C. Sävin, Silbermedaille von Levillaiu.

Einige Reiterstatuen und öffentliche Monumente für
Aegypten, Peru rc. boten vom rein künstlerischen Stand-
punkte nicht genug Interesse, um eine eingehende Be-
schreibung derselben zu rechtfertigen.

Jch schließe also meinen, etwas lang gewordenen
Bericht; ich habe geglaubt, darin nicht nur ein oberfläch-
liches Bild vom Salon, dem alljährlichen Rendez-vous
der französischen Küustler geben, sondern dabei auch die
heutigen Bestrebungen, den gegenwärtigen Stand der
Kunst und dcr Künstler in Frankreich überhaupt skizziren zu
sollen. Die dcutsche Kunst braucht sich vor der französischen
nicht zu schämen, die Deutschen können aber in diesem
Gebiete von den Franzosen vieles lernen; namentlich wie
man die talcntvollen Jünger der Kunst aneifern nnd nnter-
stützen soll. G. Girttenberg.

K-orrespondenz.

Wicn, Ende Janunr.

Zwei keineswegs neue Themata sind es, die gegen-
wärtig in vielen der Kunst nahestehenden Kreisen immer
und immer wieder auf's Tapet gebracht werden, die Fragen
nämlich, ob das Konkurrenzwesen, wie. es heutzutage im
Schwange ist, zweckentsprechend, und ob die niodernen
Porträtstatuen für monumentale Zwecke anwendbar seien.
Das sind nun Fragen, über welche sich allerdings streiten
läßt; doch ist es nicht meine Absicht, mich in die Reihen
der Streitenden zu stellen, vielmehr will ich, meiner Chro-
nistenpflicht entsprechend, Jhnen über den Anlaß, der die
Wogen Ler Diskussion so hoch gehen läßt, berichten.
Diesen bietet eine Ausstellung im Oesterreichischen Mu-
seum für Kunst und Jndustrie. Den Mittelpunkt der
Ausstellung bildet Schilling's Modell zu der für Wien
bestimmten Kolossalstatue Schiller's, und, wie Liliputaner
den Gulliver, umgeben etwa zwanzig Konkurrenz-Ent-
würfe zu einem Denkmal für den großen österreichischen
Seehelden Tegetthoff die gewaltige Bildsäule des Dres-
denerMeisters. Schilling's Statue imponirt uicht nur
durch ihre Maaße, sie stimmt andächtig dnrch die edle Weihe
und den Adel ihrer Erscheinung. Wie nicht leicht ein
anderer Künstler, ist Schilling aber auch vermöge seiner
künstlerischen Jndividualität geeignet, ja berufen, gerade

Schiller's Standbild zu formen. Seine Kunstwcise trägt
mit unverkennbarerDeutlichkeit den Stempel einer geistigen
Wahlverwandtschaft mit der Schiller's zur Schau. Es ist
ein nachdenklich philosophischer Zug in ihr, die Audrucks-
mittel sind von blendender Pracht, von einem Reichthum
und einer Schönheit, die uns Ersatz bietet für die oft
mangelnde sinnliche Kraft. Frei erhobeneu Hauptes steht
sein Schiller da, nicht ein „hehrer, wetterleuchtender
Schiller", wie ihn Grabbe nennt, sondern als ein gott-
begnadeter Sänger, als der Dichter und das Urbild seines
Posa, als eine weltverlorene, träumende, sinnende Dichter-
erscheinung. Jn der Linken hält er ein Heft, in der
Rechten den Stift, und mit ruhiger Geberde scheint er
der von oben über ihn gekommenen Eingebung zu lanschcn.
Feierliche Stille umwebt die Gestalt, der Dichter lebt ganz
im Banne seiner Jnspiration, sein ganzes Wesen gibt ein
Bild der Ruhe und der Abkehr von allem irdischen All-
tagstand, der die himmlischen Klänge übertönen müßte,
So ist die Statue voll und ganz, was sie sein soll. Wer
Schiller's Bild nicht kannte, er müßte es vor diesem
Standbilde, das vielleicht wie kein zweites das völlige
Ergriffensein von der Jnspiration versinnlicht, sogleich
inne werden, daß es ein Dichter ist, dessen Andenken hier
gefeiert werden soll; und so treu und wahr spricht das
Gedanken- und Seelenleben aus der Gestalt, daß sie nicht
nur schlechthin einen Dichter, sondern einen Dichter von
ganz bestimmter Art undRichtung vorstellt. Die Schwie-
rigkeiten, die das für monumentale Zwecke undankbare
Kostüm des vorigen Jahrhunderts bieten mußte, siud
glücklich gelöst. Sich durch die beliebte Manteldraperie
über diese Schwierigkeiten wegzuhelfen, hat Schilling
verschmäht. Der bis unter die Kniekehlen reichende lange '
Rock ermöglicht mit seinen zwanglos fallenden Faltenzügen,
daß die Figur, von jeder Seite gesehen, eine gefällige
Linie bietet. Die bauschige Hemdkrause an der Brust ist
nach beiden Seiten zurückgeschlagen, damit der im edlen
Zug sich erhebende Hals frei und schlank sichtbar bleibe
und nicht durch Ueberschneidungen theilweise verdeckt
werde.

Auch bezüglich des Denkmals für Tegetthoff dürfen
wir uns nach den zahlreich eingetroffenen Entwürfen den
besten Hoffnungen hingeben. Zwar enthält auch diese
Konkurrenz-Ausstellung, wie bisher fast jede solche, einen
erklecklichen Haufen von Absurditäten, indeß doch auch
eine solche Anzahl höchst achtbarer künstlerischer Leistungen,
daß man wohl mit einiger Beruhigung dem Schieds-
spruche der Jury entgegensehen darf. Auf die Absur-
ditäten näher einzugehen, werdeu Sie mir wohl gerue
erlassen, ein so dankbares Thema sie auch mit ihrer un-
freiwilligen Komik bieten sollten. Da das Denkmal zu
Ehre und Preis eines Seehelden errichtet werden soll, lag
es diesmal näher, als sonst, auf die Jdee zu verfallen,
einen mvnumentalen Brunnen zu errichten. Nicht nur in
 
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