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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Vom Kunstmarkt. — Vermischte Nachrichten.

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tigen Programm des Musenms dcnnoch viele und große Liicken,
welche völlig ansznsllllen hent zu Tage kaum oder doch nur
bei zufälligen, besonders giinstigen Gelegenheiten möglich wer-
den wird. Deßhalb veranstaltet das Museum in nenester Zeit
jährlich einmal in seinen RLumen eine aroße Ausstellung ge-
liehener Gegenstände, welche mit besonderer Rückstcht auf
eimge Lllcken ausgewählt werden. Ueber die vorjährige derar-
tige Ansstellung ist in Nr. 19 des vorigen Jahrgangs dieser
Blätter Lerichtet worden. Am 8. Juni d. I. ist nun die dritte
Ausstellung eröffnet, welche in einem kteinen unschcinbaren
Ranme ber alten Karthanse eine Anzahl höchst kostbarer Gegen-
stände vereinigt. Sie enthält einige Prachtschwerter, deren Griffe
theils kunstvoll in Eisen geschnitten, theils mit Gold und Sil-
ber tauschirt sind, mehre außerordentlich reich mit Einlagen
geschmllcktc Gewehre und Pistolen, aus deni königl. historischen
Museum zn Dresden und deni Besitze des Fürsten zu Schwarz-
burg-Rudotstadt cinige kunstvolle Schlösser und Schlüssel, scchs
sehr vorzügliche Limousiner Emaillen, ebensalls ans Rudolstadt,
einige silbernc Pokale aus dem Besitz des Grafcn Giech, eiuige
Gobelins anS dem Besitz des Hofantiquar Pickert in Nürnbcrg
und, als große Seltenheit, einefrühmittelalterliche Stickerei, frühcr
im Besitz des Doms zu Würzburg, jetzt Eigenthum des histo-
rischen Vereins daselbst u. A. m. — Zugleich ist in demselben
Raume jetzt znm ersten Male dem Publikum zugänglich ge-
macht, ein Kasten mit einer großen Sammlung von bewunderns-
werthen in Elfenbein und 'Holz gedrechselten Arbeiten verschie-
dener Art von Lorenz Zick in Nürnberg 1666), welche erst
in der allerneuesten Zeit, theils durch Ankaus von Hosantiqnar
Pickert, theils durch Zusammentragen aus verschiedenen Abthei-
lungen des Musenms gebildet worden ist, aufgestellt.

Vom Kunstmarkt.

Pariser Kunstauktion. Am 7. d. wurde in Paris die
Gemäldc-Galerie des Opernsängers Fanre, eine kleine, aber
nur aus Werken bedeutender modcrner Meistcr bestehende
Sammlnng öffentlich versteigert. Es erzielten: Delacroix,
„Die beiden Foscari", 79,560 Frcs.; derselbe, „Grablegung
Christi'st 60,000 Frcs.; derselbe, „Ophelia", 34,000 Frcs.;
derselbe, „Pferde aus der Schwemme tretend", 25,600 Frcs.;
derselbe, „Löwe, einen Kaiman zerreißend", 20,000 Frcs.; der-
selbe, „arabischc Musikanten" (Aquarell), 8500 Frcs.; Millet,
„das Dors Grsville", 20,800 Frcs.) cherselbe, „Oedipus",
14,900 Frcs.; Jules Duprs, „Weideland in der Gegend
von Limoges", 38,100 Frcs.; derselbe, „Waldsaum", 26,100
Frcs.; derselbe, „Sumpsgegend in den Nieder-Pyrenäen",
19,100 Frcs.; derselbe, „Jnneres einer Maierei in Berry",
19,000 Frcs. Sieben andere Landschaften dieses Meisters
wurden zwischen 15,000 nnd 35,000 Frcs., verschiedene Corots von
7- bi« 9000 Frcs., zweiminder bedeutende Theodor Rousseau's
mit 5900 und 7000 Frcs., ein Troyon mit 17,200 Frcs. und
ein Roybet mit 12,100 Frcs. bezahlt. Das Gesammt-Erträg-
niß der Versteigerung belief sich auf 515,150 Frcs.

Vermischtc Nachrichten.

Jn der Frage des Musterschutzcs wurde vom Aeltesten-
Kollegium der Berliner Kaufmannschaft dcm preußischen Han-
delsminister nachfolgender Bericht erstattet: „Die Frage des
Musterschutzes ist in den jüngsten Zeiten wieder mehrfach
in Anregung gekommen. Es haben sich rheinische, bayerische,
sächsische Handelskammern sehr lebhast mit der Sache be-
schästigt; im Elsaß ist das dringende Verlangen ausgesprochen
worden, daß eine Einrichtung, welche in Folge der fran-
zösischen Gesetzgebung dort besteht, und welcher die weit
vorgeschrittenc Jndustrie einen wesentlichen Einfluß auf ihre
anerkannt tüchligen Leistungen zuschreibt, im ganzen Deutschen
Reiche gesetzliche Existenz erlange. Auch der Äusschuß des
Deutschen Handelstages hat die Aufmerksamkeit der Deutschen
Handelskammern auf den Gegenstand gelenkt und mehrere
Vota Seitens derselben eingezogen und veröffentlicht. Da sich
auch in nnserem Bezirke Gewerbe befinden, welche bei der Frage
lebhast interessirt sind, so haben wir uns bewogen gesunden,
der Frage näher zu treten und beehren uns, Ew. Excellenz
im Nachfolgenden das Ergebniß unserer Berathungen mitzu-
theilen. Bei Beurtheilnng der Musterschutzsrage glauben wir von
der theoretischen Frage der Berechtigung des Producenten einer
neuen Form oder eines Musters auf Schutz „seines" geistigen

Eigenthnms oder der aüf Hervorbringung derselben verwende-
ten Arbcit gänzlich abschen zu sollen. Jn der That ist der
friiher in der Frage der Erfindungspatente von uns eingenom-
mene Standpunkt, wonach ausschlicßlich dcr öffentliche Nutzen
als maßgebcnd für die Beantwortung derselben anzusehen sei,
in ganz gleicher Weise bei Beurtheilung der Musterschutzfrage
berechtigt. Unter Anwendung dieses Grundsatzes zerlegt sich
die zur Beurtheilnng vorliegende Fmge in folgende specielle
Fragen: 1) Liegt es im Jnteresse des konsumirenden und produ-
cirenden Publikums, daß dem Erfinder resp. crsten Anfertiger
einqs neuen Musters oder einer neuen technisch verwerthbaren
Form ein mehr oder weniger zu beschränkendes Eigenthnms-
recht auf dieselben, also ein Schutz gegen Nachahmnng durch
die Landesgesetzgebung gewährt wird? 2) Jnnerhalb welcher
Grenzen ist im Bejahungsfalle dieser Schntz gegen Nachahmung
zn gewähren^ 3) Wic läßt sich dcrselbe praktisch durchsühren
ohne übermäßige nnd hemmende Belästigung der Fabrikation
und des Publikums. Was die Frage nä l. bctrifst, dic uns vor-
nehmlich beschäftigen soll, so tritt uns ein wesentlicher Unterschied
zwischen Erfindungs- und Musterschutz entgegcn,indem der Nutzen,
welchen Erfindungspatente gewähren, über die Grenzen des
schützenden Landes hmausgeht, ja häustg den Längern, in wel-
chen ein solcher Schutz nicht stattfindet, größere Vortheile ge-
währt als ersteren, während die Wirkungssphäre des ertheilten
Musterschutzes nicht iiber die Landesgrenzcn hinaus sich erstreckt.
Wird nämlich durch Ertheilung von Erfindungspatenten die
Arbeit des Erfinders lohnend für denselben gemacht und in
Folge dessen seine Produktionsfähigkcit erhöht, so kommen die
dadurch hervorgerufenen neuen technischen Kombinationen nnd
technisch fruchtbarcn Gedanken durch die mit der Patentirung
verknüpste Publikation der ganzen Welt zu Gute, wenn auch
das Land, welches den Patentschutz ertheilte, anßerdem den
Lesondercn Vortheil behält, daß der Erfiuder ihm in der Regel
seine persönliche Thätigkeit zur praktischen Durchführung seiner
Erfindung zuwendet. Ein durch Publikation zum Gememgut
gewordener neuer technisch verwerthbarer Gedanke ist uiiter
allen Umständen einc Vergrößernng des Keimtnißkapitals der
Menschheit von oft gar nicht vorherzusehender Bedeutung. Jede
Erfindung hat mithm einen nationalen Werth, und die Patent-
frage ist wesentlich vom kosmischen Standpunkte aus zu beur
theilen. Die Musterschutzftage dagegen ist fast ausichließlich eine
nationale Frage. Ein neues Muster oder eine neue Form
irgend welcher Art kann großen Erfolg haben, kann dadurch
momentan die Fabrikation anderer Muster und Formen ver-
miiidern odcr selbst ganz zum Stillstande bringen. Der Ge-
winn des Einen wird fast immer mit deni gleich großen Ver-
lnste Anderer vetknüpft sein. Die Musterschutzfrage spitzt sich
daher in die Fragd zu: Wird es fllr die Jndustrie eines Lan-
des in ihrem Kampf mit dem gleichen Jndustriezweige der
konkurrirenden Länder nützlich oder schädlich sein, wenn neue
Muster und Formen gesetzlichcn Schntz gegen Nachahmung in
dem betreffenden Lande erhalten? Wir glauben die so ge-
stellte Frage bejahen zu müssen. Wir verkennen nicht, daß
wesentliche Nachtheile für manche Jndustriezweige init dem
Musterschutze verbnnden sind, ja daß einige sogar in ihrer
Existenz durch denselben bedroht erscheinen. Da es aus
vielen Gründen unmöglich ist, den Muster- nnd Formen-
schutz nur inländischen Urhehern zu gewähren, so ist sogar
die MLglichkeit vorhanden, daß Musterproducenten fremder
Länder den ihnen ertheiltcn Musterschntz nur dazu benutzen,
die Jndustrie des eigenen Landes vor Koniürrenz anderer LLn-
der zu wahren, um dadurch den ihnen im eigenen Lande er-
theilten Schutz werthvoller zu machen. Für die deutsche Künst-
nnd Textil-Jndustric kommt noch der bedenkliche Umstand hin-
zu, daß dieselbe bisher in den meisten Zweigen derselben wenig
oder gar nichts selbstständig geschaffen hat und fast ganz aus
schnelle und gut organisirte Nachbildnug der in anderen Län-
dern, namentlich in Frankreich gefchaffenen neuen Formen und
Muster basirt ist. ES läßt sich also nicht verkennen, daß ein
allgemeiner und auch auf Ausländer ansgedehnter Mnsterschutz
bedenkliche Störungen dieser Jndustriezweige herbeiführen
kann. Wenn wir trotz dieser schwer wiegenden Bedenken uns
für Einführung des gesetzlichen Schutzcs neuer Formen und
Muster aussprechen, so kann dies nur aus Grund eines unab-
weislich anerkannten Bedürfniffes einer solchen Einrichtnng ge-
schehen. Wie schon hervorgehoben, steht unsere Kunst-Jndustrie.
zu der wir hier auch die Erzeugung neuer entsprechender Stoff-
mnster rechnen, fast durchgängig noch auf dem niedrigen Stand-
 
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