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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Meyer, Bruno: Die Venus von Melos
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0327

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«43

Die Venus von Melos. — Nekrolog — Personal-Jlachrichten.

644

kanntlich ein Werk des Praxiteles vor sich zu haben, und
diese Voraussetzung hat wohl wescntlich mil zur Miß-
kenuung des Motives bcigetragen. Allmählich ist man
mit der Zeitbestimmung iinmer mehr hinaufgegangcn.
Waagen, dem Welcker cnergisch zustimmte, wollte
Skopas' Charakter in der Statuc erkenneii, und jetzt ist
man wohl ziemlich allgemein mit Lübke, in seiner Ge-
schichte der Plastik, dahin einverstanden, daß das Werk
der Schule des Phidias beizumessen sei. Damit stimmt
Valentin überein. Er geht davon aus, daß es den hel-
lenischen Künstlern schwer gclang, das Piibliküm an die
Nacktheit bei weiblichen Statuen zu gcwöhncn, und daß
vahcr die ersten Versuche darin sehr sorgfältig eine Mo-
tivirnng der Entblößung in dem Werke selber zu geben
snchen mußten. Bald jedochv war dcr Geschmack so vcr-
ändert, daß diese sachliche Motivirnng nicht mehr sür unbe-
dingt erforderlich galt. Sie wurde daher inimer äußer-
licher, spielender, nebensächlicher, und konnte schließlich wohl
ganz wegbleiben, besonders nachdem durch Praxiteles als
Motivirung das Bad zur Anerkcnnung gekommen war.
Es ist interessant, zu sehen, wic sich dann von diesem
Punkte aus der Fortgang von der unwillkommcnen Ueb^r-
raschung im Bade bis zu dcr keineswegs unwillkommenen
und endlich bis zur bloßen Toilette mit Abstreifung alles
Göttlichen wie alleS Zaubers der Befangenhcit und
Schüchternheit verfolgen läßt. Nirgends ist das Motiv
der Entblößung aber kräftiger, als in der melischen
Statue, wo sie durch den Angriss von Seiten eines
Mannes begründet ist, und wo der Gefahr der Ent-
blvßung eine energische Handlung, die dem ganzen Körper
seine Bewegung diktirt, schamhaft entgegenarbeitet.

Jn dem letzten Abschnitte des Werkes wird von dcr
Neu - Aufstellung der Statue nach der Belagerung von
Paris gesprochen, und namentlich der Vorschlag Felix
Ravaisson's, die Plinte so weit zu heben, daß die
Berührungsflächen dcr beiden Marmorblöcke, aus dencn
die Statue besteht, horizontal zu liegen kommen, sehr
energisch und ausführlich zurückgewiesen. Dieser Theil
der Untersuchung crschcint mir zu umstäiidlich. Der
Leichtfertigkeit eines Franzosen gegenüber, der eine Ab-
bildung der früheren Aufstcllung giebt, welchc mit dem
aller Welt bekannten Thatbcstande im Widerspruche steht,
und auf diese die.mcrkwürdigsten Folgerungen und For-
derungen basiren will, wäre wohl kaum mehr als eine
kurze höhnische Abwcisung nöthig gewesen.

Jm Uebrigen muß es bemerkt werden, da ich dcm
früheren Werke dcn Vorwurf stilistischer Schwerfälligkeit
gemacht habe, daß der Verfasser in dieser Hinsicht mit
einer sehr erfreulichen Sorgfalt vorgegangen ist, und
daß sich mit sehr geringen Ausnahmen das ueue Buch
angenehm und leicht liest, und der Ausdrnck, wie man
schon aus manchen hier mitgetheilten wörtlichen Proben
Wtnehmen kann, gewählt und treffend ist.

Es würde mir leid thun — natürlich am wenig-
sten um dcn Verfasser — wenn, wie derselbe fürchtet,
sein Werk seitens der Archäologie eine Ablehnung er-
fahren sollte. DieKunstwisseiischaftwird es als eine wesent-
liche Bereicherung ihrer Literatur zu verzeichnen haben
und mit Freude von der Feststellung einer so zu sagen
neuen Methode an einem eklatanten Beispiele Akt nehmen.

Brrmo Meyer.

KunWeratnr.

* Wilhclm Engelmann in Leipzig hat von dem mir sür
eineu kleinen KreiL gedruckteri Verzeichnisse seiner Raffael-
Sammlung (vgl. Zeitschr. 4l, 94) eine zweite Auflage

heraiiszegebcn. Es sind darin die wesentlichen Bereicherungeii
verzeichnet, wclche dieses unter den Privatsammlungcn Deutsch-
lands einzig dastehcnde Kupferstichkabinet während der letztcn
sieben Jahre erfahren hat, außerdem manche Berichtigimgen
hinzugesllgt, anch die Photographien nach Originalen verzeichnet,
endlich eine chronologische Uebersicht (nach Passavant gcordnet)
angehängt. Der Katalog ist ebensosehr durch die Reichhaltig-
keit seines Jnhalts, wie durch die Sorgfalt der Arbeit hervor-
ragend, ein wahres Muster seiner Art. Möchte es dern Ber-
fasser vergönnt sein, uns bald durch die Fortsetzung des Vcr-
zeichnisses erfreuen zu können, welches einer früher gegebenen
Zusage gemäß die Stiche nach Correggio, Lionardo u. A.,
svwie die Werke von Hogarth und Chodowiecki umfassen joll!

u e k r o l o g.

ö. Julius Buddeils, der bekannte Verlagsbuchhändler iu
Düsseldorf, starb dasetbst den 3. Juli nach läugern Leideu.
Er war einer der Ersten, welche den Plau zur Aussührung
brachten, in Düsseldorf eine permanente Kuiistausstcllung zu
errichten. Es gelang ihm aber nicht, dieselbe in Aufnahme
zu bringen. Sie mußte wieder eingehen, und erst Herr Eduard
Schulte, welcher seine Sortimentsbuchharidlung angelauft hatte,
wußte den Plan mit durchschlagendem Erfolge zu verwirklichen.
Buddeus beschränkte nun seine Thätigkeit auf das Berlagsge-
schäft, dem er eincn weithin hochgeachteten Ruf verschaffte. Es
erschieneu bei ihm eine Reihe von historischen und kunstge-
schichtlichen Werken von bleibendem Werth (Schnaase's Kunst-
geschichte, Sybel's Französische Revolution u. A.), sowie zahl-
reiche Kupferstiche und andere Reproduktionen gediegener Bitder
und Kartons von alten und neuen Meistern.

Mcno Mühlig, Historienmaler, ein ehcmaliger Schüler
Julius Hübuer's, starb iu Dresden Anfangs Jum.

Prrloiial-Nochlichtril.

vr. Hcrman Grimm, Privatdocent an der Berliner
Universität, wurde zum ordentlicheu Professor der Kunstge-
schichte an derselben Hochschule befördert.

I)r. Albcrt Jlg, Docent der Kunstgeschichte au der Künst-
gewerbeschule des Oesterreichischen illtuseums in Wien, wurde
zum Custos an diescm Museum ernauut.

Professor W. Lnbke in Stuttgart wurde zum Ehrenmit-
gliede des „Xmsrioan lustitutö ok iLioiiitsots" iu Philadel-
phia ernannt.

Profcssor Angust Ortwein iu Nüruberg,' der Heraus-
geber des bei E. A. Seemann iu Leipzig elscheinenden Werkes:
,,Dcutfche Renaissance", wurde zum Direktor der Gewerbeschule
in Graz ernannt.

Dcr Bildhaucr Christiau Roth in Münchcn wurde iu
Anerkennung der Verdienste, welche er sich durch seinen trefs-
lichen „Plastisch-anatomischen Atlas" um die Kunst erworben,
von der Königiu - Wittwe von Preußen durch Ueberscndung
einer goldeneii Medaille ausgezeichnet.
 
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