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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Krmstliteratur. — Nekrologe.

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führten, für Lehrer rmd Schiiler der obersten Klassen
höherer Lehranstalten berechneten Versuch ciner Vor-
schule der Aesthetik. Die Frage, ob cs sich nicht em-
pfohlen hätte, den Lesestoff für die Schüler scharf und
durchgängig vom Lehrstoff äußerlich zu scheiden, die dem
ganzen Werke gilt, svll dabei nicht uäher berührt weroen.

Ein solches Lehr- und Lesebuch wird sehr nützlich
neben der Zergliederung anschaulich vorgeführter
Kunstwerke hergehen, wofür uatürlich die beigegebenen
Holzschnitte nicht Unterlagen, svndern Belebung der
Erinnerung an das unmittelbar oder in großen wirk-
samen Copien Geschaute darbicten. Der Auschluß an
nahe liegende Anschauungen ist für österreichische Kreise,
für welche das Werk zunächst gilt, sehr glücklich, schcint
mir, durchgeführt. Jn Beziehung auf dic Anordnung
wird sich bei einer etwaigen neucu Auflage die Ein-
fügnng der sogenannten Nebenkünste in den näheren
Kunstbereich der Architcktur, Plastik, Musik rc. empfehleu.

Gegcnüber den bisherigen Acsthetiken für Schulen
von Oeser rc., wclche meist verwässerle allgemeine Be-
grifse oder dunkle Gefühlsergüsse enthalten, aber auch
gegenüber der einfachen Hingabe der neucn Handbücher
und Leitfaden der Kunstgeschichte in bie Hände der
Schüler, welche den Vorzug eines einheitlicheu, über-
sichtlichen Ganzen darbieten, hält Refcrcnt dic Auswahl
mustergiltiger Aufsätze und Aussprüche aus dem Bcrciche
besonders unsercr großen Dichter, Denker und Kritiker
für dcn Bildungszweck der Schule für besondcrö
entsprcchend. Er hat überhaupt schon lauge ein gutcs
ästhctisches Lesebuch für den Gebildeten, das dic wcithin
zerstreuten und verborgenen Schätze unscrer originalen
ästhetischen Literatur zu sammeln versteht, für ein wahres
Bedürfniß erkannt. Auch Hcrr Egger wird bei erneucrter
Ueberarbcitung noch mehr die Abschnitte aus den allbe-
kannten Kunstgcschichtcn beseitigen und vor allen auch
Originaläußerungen der Künstler selbst, wo sie in
schöner Form vorliegen, Raum verstatten müsscn.

Oesterreich, welches auf dcm Gebiete des frischen,
vielseitigcn und mit der Wisscnschaft wie dem Leben
gleich verknüpften Kunstlebcns so rüstig andern Länbcrn
vorangeht, kann sich auch dieses Versuches eines Lsthe-
tischen Lehr- und Lesebuches freuen.

Heidelberg. > K. B. Ltark.

Etnc Abhan-Iung livcr Vau Dyck vou Frans dc Potter
und Jcan Broeckart hat vor Kurzem den Preis Stassaert's
erhatten, welchen die königliche Akademie zu Brüssel alle sechs
Jahre sür eine Lobschrift auf emen bcrühmten Belgier zn ver-
theilen hal. Der von P. de Decker verfaßte Bericht über den
Ersolg des Preisausschreibens findet sich abgedruckt ini llonrnal
ckes iisnnx-Xrts No. >3.

UekroIoge

I!, Carl Emaiiiiel Conrad, einer der hervorragendsten
Architekturmaler der Düsseldorser Schule, starb den 12. Juli
;m Bürgerhospital zu Köln, wo er die Heilung Vvn einem

hartnäckigen Unterleibsleiden snchte, die ihm ein mehrwöchent-
ticher Ansenthalt im Bade Neuenahr nicht gewäbrt hatte. Er
war 1810 in Berlin geboren und empfing dort auch seine erste
künstlerische Ausbildung. lbiis übersiedelte er uach Düsseldorf,
besuchte bis 1839 die Akademie und arbeitete seitdem im eigenen
Atelier. Zugleich ertheilte er Unterricht in der Perspektive
und wirkte eine lange Reihe von Jahren als Lehrer der
städtischen Realschule. Der König von Preußen verlieh ihm
den Professortüel und den rotben Adlerorden, und vom Papstc
erhielt er eine goldene Medaille. Seine Gemälde stellen meist
mittelalterliche 'Bauwerke dar, HLufig mü landschaftlicher Um-
gebung. Sie zeichnen stch sämmtlich durch charakteristische
Wiedergabe der Architektursormen, selbst in den kleinsten Ein-
zelheiten, durch wissenschaftliche Genauigkeit und eine überaus
sorgfältige Aussührung aus. Besonders hervorzuheben stnd:
dic Quirinuskirche in Neuß (1837), der Kreuzgang von St.
Severin in Köln (1837), Ansicht von Wetzlar (1840), der
Dom-in Mainz (1841), Custom-Honse in London (1852) nnd
namentlich dic beiden Ansichten des Kölner Doms in seiner
Bollendung, von denen die erfte in den Besitz des Königs
Friedrich Wilhelm IV. gelangre, die zweite aber, die in kolos-
salem Maßstabe ausgeführt wac, von cinem katholischen Verein
dem Papste zu seinem silbcrnen Regierungsjubiläum zum Ge-
schcnk gemacht wurde. Conrad überbrachte das Bild selbst
nach Rom und empsing dort noch mehrere Austräge. Das
vollendete Jnnere des Kölner Doms malte er ebenfalls. Das-
selbe ist gleich den ebengenannten Bildern und der Ansicht
des Kabinets Pius IX. in Rom in lithographischer Nachbil-
dung erschienen. Auch als Aquarellmaler leistete Conrad sehr
Tnchtiges, wie sein letztes größeres Werk: „Ansicht der Alter-
thumssammlung im Schlosse Sigmaringen" und vieles Andere
genngsam beweist.

X. Hirnm Powcrs, amerikanischer Bildhauer, starb am
27. Juni in Florenz, nachdem er schon längere Zeit gekränkelt
hatte. Powers wurde am 29. Juli 1805 zu Woodstock, im
Staate Vermont, geborcn, wo sein Vater Landbau 'rieb.
Die Familie wanderte später nack Ohio aus, und nach des
Vaters Tode ging Hiram nach Cincinnati, wo er erst iu dcm
Lesezimmer eines Hotels Anstellung faud, dann Ladendiener
bei einem Produktenhändler und endlich Uhrmacher ward. -DaS
Modelliren erlcrnte er von einem Dcutschen, und da er sich
in dieseni Fache schr geschickt zeigte, so wnrde ihm die Direk-
tion des Wachsfiguren-Kabinets nn Western-Museum in Cin-
cinnati anvertraut, welche Stellung er sieben Jahre inne hatte.
1835 ging er dann nach Washington, modellirte daselbst die
Büslen vielcr hcrvorragender Männer nnd siedelte zwei Jahre
später, von Herrn A. Longworth unterstützt, nach Florenz über,
welches seitdem sast stetig sein Wohnplatz blieb. Außer zahl-
reichen Biisten hat mau von ihm anch einc Reihe idealer Werke,
darnnter ,,Eva", seine erste derartige Statue, „Die griechische
Sklavin", wohl das popnlärste Produkt seines Meißcls und
mehrmals wiederholt, „Der Fischerknabe", „Amerika", „Jl
Penseroso", „Proserpina" (Büste) nnd eine Statue „California".
Auch ist von ihm die Portraitstatue Daniel Webster's in Bronze,
vor dem Statehouse zu Boston. Die Nachwelt wird kanm in
Powers die künstlerische Größe gelten lassen, welche seine Lands-
leute ihm vindiciren möchten, nnd die Erzählung, welche in
seinen Nekrologen steht, daß nämlich Thorwaldsen beim Anblick
des Modells der „Eva" geäußert habc, Powers sei der größte
Bildhauer, den man seit Michelangelo gesehen habe, wird man
wohl nicht allzn wörtlich nehmen dürsen. Seine vielgefeierte
„griechische Sklaviw', die zur Zeit ihrer Enlstehung allerdings
als Werk eines amerikanischen Bildhauers ein Phänomen sern
mochte, ist so einfach in der Auffassung, daß fie aufhört interes-
sant zn sein, und wenn amenkanische Schriftsteller alle mög-
lichen Gefnhle in die Statne hineindivinirt haben, so geht
daraus schon hervor, daß sich über die Lußere Erscheinung, also
gerade das plastische Element, nur wenig srgen läßt. Die
Bronzestatue Webster's ist zwar ein recht tüchtiges Werk, leidet
aber an der fatalcn Verbindung des römischen Fascesbündels
mit dem modernen Frack, welche unwiderstchlich lächerlich wirkt,
nnd die Statuc der „California'', gegenwärtig im Metropo-
litan-Museum zn New-Uork befindlich, ist eine der srostigsten
Allegorien, die man sich nur denken kann. Ein nacktes, un-
schönes Weib, in steifer Haltung, neben sich einige riesige
Krystalle, hält vor sich in der einen Hand die Wünschelruthe,
welche den Goldgräber verlockt, und hinter sich in der andern
 
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