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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0314

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623

Kunstlitteratur.

624

Monumentalwerke des Protestcmtismus, welche wir in
Deutschland besitzen. Als solche habe ich sie in der
zweiten Auslage meiner Geschichte der deutschen
Renaissance bereits gewürdigt. Hier erhalten wir nun
eine genaue Beschreibung, welche besonders den Jnhalt
der umfangreichen Dekoration bis ins einzelne schildert.
Ebenfalls der Renaissancezeit gehört die Emporenanlage,
welche in der ganzen Ausdehnung des nördlichen Seiten-
schiffes nnd an einem Teil der Westseite seit 1570
ausgesührt wurde und mit ihrem Reliefschmuck eines
der reichsten Beispiele derartiger dekorativer Skulptur
aus jener Epoche bildet. Die Jllustrationen, welche
dem Text beigefügt sind, geben Grundriß, Längen- und
Qnerschnitt der Kirche, sowie ein Portal, dann aber
in schönen Lichtdrucken einen Teil der Gewölbe mit
ihren Dekorationen und ein Epitaph vom Jahre 1607
in derben Barockformen. Ferner ist das merkwürdige,
jetzt im Altertumsmuseum zu Dresden ausbewahrte
Altarantependium abgebildet, eines der vorzüglichsten
Werke mittelalterlicher Stickerei, im Hauptfeld die
Krönung der Madonna enthaltend. Ein origineller
Bau ist sodann die ehemalige, im Grundriß nnd Quer-
schnitt mitgeteilte Dominikanerkirche, ein schlichter zwei-
schiffiger Bau aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts.
Weiterhin sind die ebenfalls in der neuen Auflage
meines Buches besprochenen Bauten der Renaissance,
an denen Pirna immer noch manches Wertvolle besitzt,
erörtert, und das schönste Portal aus der Frühzeit,
sowie ein prächtiger Erker vom Jahre 1624 in vor-
züglichen Lichtdrucken abgebildet. Wertvolle Zugaben
sodann sind eine Tafel mit den zahlreichen Steinmetz-
zeichen der Stadtkirche und eine alte Ansicht der Stadt
samt der Veste Sonnenstein nach einer Zeichnung von
Dilich.

Von dem weiteren Jnhalt des reich ausgestatteten
Heftes sei zunächst die Kirche von Dohna hervor-
gehoben, ein spätgotischer Bau mit Rundpfeilern und
Sterngewölben sowie einem wnnderlich unregelmäßig
angeordneten Chor. Die Jllustrationen nmfassen außer
dem Grundriß, dem Längenschnitt und den Details
der Gewölbansätze, den reichen spätgotischen Schnitz-
altar und den derselben Epoche angehörigen, mit natura-
listischem Maßwerk Prächtig geschmückten Taufstein.
Von mittelalterlichen Burgen werden uns Hohnstein
und Stolpen vorgeführt, letztere durch eine Außen-
ansicht, einen Grundriß und das sehr interessante Früh-
renaissanceportal von 1521 illustrirt. Auch das im
Grnndriß mitgeteilte Schloß Kukukstein gehört im
wesentlichen noch dem Mittelalter.

Wichtig endlich sind auch die Bauten der späteren
Epochen. Jn erster Linie ist hier der Königstein zu
nennen, durch eine Zeichnung von Dilich in seinem
ehemaligen Zustande dargestellt. Jnteresiant ist das

Facsimile eines von König August II. herrührenden
Planes für ein neues Kommandantnrgebäude und
Zeughaus. Aus den Zeiten dieses prachtliebenden
Fürsten rührt auch das Schloß von Groß-Sedlitz, für
welches Pöppelmann eine auf zwei Blättern mitgeteilte,
ungleich umfassendere Anlage geplant hatte, die in der
Verbindung von Schloßbauten und Gartennnlagen das
Gepräge jener Zeit in glänzender Weise hervortreten
läßt. Ein origineller Kirchenbau derselben Zeit von
dem Erbauer der Frauenkirche zu Dresden, Georg Bähr,
findet sich in Hohnstein. Der mitgeteilte Grundriß und
und Aufriß zeigen eine Bariation der in damaliger Zeit
beliebten Centralbauten, wobei der Architekt in genialcr
Weise Teile der früheren mittelalterlichen Kirche zu
verwenden wußte. Eine centralisirende Anlage zeigt
auch die erst seit 1786 erbaute Kirche zu Lohmen.
Diese dem Protestantismus eigentümlichen Anlagen, bei
welchen die Kultusrücksichten in erster Linie maßgebend
waren und die Erfordernisie der Predigt den Ansschlag
gaben, finden ihr ältestes Beispiel, wie es scheint, in
der von mir in der zweiten Auflage der Geschichte der
deutschem Renaisiance mitgeteilten Kirche zu Hanan.

Jch habe nur die wichtigsten Partien der vor-
liegenden Veröffentlichung herausgehoben, bemerke aber,
daß man bei genauerem Eingehen Uberall eine Fülle
interesianter Einzelheiten antrifft, die um so lebendiger
sich einprägen, als die Schilderung durchweg eine wohl-
thuende Klarheit und bei knappem Ausdruck anschan-
liche Lebendigkeit atmet. Man darf daher dem Fort-
schreiten dieses Wertvollen Unternehmens mit den besten
Erwartungen entgegensehen.

W. Lübkc.

Riegel, Herm., Geschichte der Wandmalerei in Belgien
ssit 18S6. Nebst Briefen von Cornelius, Kaulbach, Over-
beck, Schnorr, Schwind u. a. an Gottfried Guffens und
Jan Swerts. XIX u. 2L0 S. 8". Berlin, E. Was-
muth 1882.

Derselbe, Herzoaliches Museum, Führer durch die Samm-
lungen. VIII u. 250 S. 8». Braunschweig 1883.

Der fleißige Direktor des Braunschweiger Museums hat
bald nach seinen „Beiträgen zur niederländischen Kunst-
geschichte" (Berlin, Weidmann 1882. 2 Bde. 8°.) die beiden
oben genannten Werkchen erscheinen lassen. Das erstere ent-
hält in seinem ersten Teile oine schon im Jahrs 1877 in der
Allgemeinen Zeitung erschienene Arbsit, aber gänzlich umge-
arbeitet und vervollständigt. Die Leiden Freunde Guffens
und Swerts machten zuerst mit Nachdruck auf die Cornelia-
nische Schule in Deutschland ausmerksam, sie wirkten mit
Erfolg für die Ausstellung von Kartons deutscher Meister in
Brüssel und Antwerpen im Jahre 1859 und bahnten somit
nicht ohne Kämpfe mit der wallonisch-französischen Kunst-
richtung der neuen Monumentalmalerei in Belgien den Weg.
Es werden die mit Staats-, Kommunal- und Korporations-
untsrstützung ausgeführten Werks in Kirchen und öffentlichen
Gebäuden aufgeführt und, namentlich die der beiden Freunde,
eingehend besprochen und charakterisirt. Es wird nach-
gewiesen, daß dieseRichtung vorzugsweiseunter den Vlamingen
sich ausbreitete und in der That eine bewußte nationale
Auflehnung der vlämischen Natur gegen die Herrschaft der
wallonisch-französischen Schule darstellt. Aber ohne nach-
haltige Wirkung. Die Unternehmung der monumentalen
Malerei wird man als eine Episode in der Geschichte der
 
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