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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

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Vom Kongreß deutscher Kunstgewerbevereine zu München
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19

20

Vom Kongreß deutscher Kunstgewerbevereme zu München.

Z. 2. Dis Mittsl zur Erreichung dieses Zweckes sind:

u) Bearbeitung und Beratung von Fragen, wslche das
Kunstgewerbe betreffen, insbesondere Vsreinbarungen
über gemeinsame Normen für die Behandlung von
öffentlichen Konkurrenzen, für die Beschickung von Aus-
stellungen, Zusammensetzung der Preisgerichte, und
Hebung des kunstgewerblichen Untsrrichtes.

1>) Periodische Wanderversammlungen, die der Reihe nach,
, womöglich im Anschluß an einschlägige Ausstellungen,
an den Sitzen größerer Vereine abzuhalten sind,

v) Würdige und energische Vertretung des Kunstgewerbes
gegenüber der Öffentlichkeit und dem Auslande.

Z. 3. Die leitenden Organe des Verbandes sind:

a) Ein Einzelverein als Vorort,

d) sin aus mindestens 3 Mitgliedern des Vorortes be-
stehender Vorstand,

o) der Delegirtentag, welcher aus den Deputirten der
einzelnen Vereine besteht und alle 2 Jahre, innerhalb
dieses Zeitraumes aber nach Bedürfnis zusammentritt.
Z. 4. Der Vorort wird von den Delsgirten gewählt.

K. 5. Der Vorstand hat die Jnteressen des Verbandes
zu wahren, dis Beschlttsse des Delegirtentages in Vollzug zu
bringen, die Vorberatung wichtiger Angelegenheiten bei den
Einzelvereinen anzuregen und einzuleiten, ferner die Dels-
girtenversammlungen, sowie eventuelle allgemeine Versamm-
lungen nach Maßgabe näherer Bestimmungen einzuberufen
und vorzubsreiten.

Der Vorstand hat nach Thunlichkeit innerhalb der Vereine
zu wechseln. Die sofortige Wiederwahl des letzten Vorortes
ist nur bei Stimmeneinheit der Delegirten aller übrigen
Vereine zulässig.

Z. 6. Der Delegirtentag bildet die unmittelbare Ver-
tretung aller Einzelvereine und faßt als solche in den seiner
Kompetenz unterstellten Angelegenheiten bindende Beschlüsse.
Er prüft die Geschäftsführung des Vorstandes und entscheidst
über die Aufnahme neuer Vereine. Das Stimmenverhältnis
der Delegirten richtet sich hierbei nach der Mitgliederzahl der
von ihnen vertretenen Einzelvereine.

Z. 7. Mitglied des Verbandes kann jeder Verein deut-
scher Zunge werden, welcher statutsngemäß die Förderung
kunstgewerblicher Zwecke als Hauptaufgabe verfolgt.

Z. 8. Allgemeine ösfentliche Versammlungen oder Kunst-
gewerbetage werden bei besonderen Veranlassungen abgehalten.
Für die auf denselben in der Bedeutung von Resolutionen
gefaßten Beschlüsse ist das einfache Stimmenverhältnis der
Anwesenden maßgebend.

Transitorische Bestimmungen. Die Wahl der
Delegirten zum Abgeordnetentage, die Einberufung der Ver-
sammlungen, die Bestimmung über Anträge in den Einzel-
vereinen rc. wird durch eine besondere Geschäftsordnung fest-
gesetzt.

Als eine wichtige Bestimmung mag hier hervor-
gehoben werden, daß nach K 7 jeder Verein „deutscher
Zunge" Mitglied des Verbandes werden kann, eine Be-
stimmung, die von Wien aus bereits mit Genugthuung
anerkannt worden ist. Auf Grund des Staluts, welches
einstimmig angenommen war, traten die Delegirten
Hmtlicher Vereine, auch derjenigen, welche sich ursprüng-
lich ablehnend verhalten hatten, zur sofortigen Kon-
stituirung des Verbandes zusammen. Man fand den

allgemein acceptirten Ausweg, die Gründung des Ver-
bandes als provisorisch anzusehen und den einzelnen
Vereinen ihre nachträgliche Zustimmung — bis I.März
1884 — vorzubehalten. Die Funktionen als Vorort
wird München bis zu diesem Termin weiter sühren.

Da die nachträgliche Genehmigung dieser Ab-
machungen seitens der Einzelvereine einem Zweifel
kaum unterliegen dürfte, so hat der Kongreß die ihm
gestellte Hauptaufgabe gelöst: der Verband ist gegründet
und damit im kunstgewerblichen Vereinsleben ein guter
Schritt vorwärts gethan. Ein Verband, dem bis jetzt
14, darunter wektaus die bedeutendsten Vereine Deutsch-
lands mit ca. 8000 Mitgliedern angehören, darf
immerhin darauf rechnen, daß seine Stimme etwas gilt
und geeigneten Orts Beachtung sindet.

Man hatte, wie gesagt, dieses Resultat des Kon-
gresses wohl allgemein erwartet und den Kongreß selbst
als eine Art „Borparlament" des neu zu begründenden
Verbandes angesehen. Jn diesem Sinne war dem-
selben nachträglich ein Antrag zugegangen, welcher die
Befürwortung der „für das Jahr 1885 in Berlin ge-
planten deutsch-österreichischen Ausstellung für Kunst-
gewerbe und dekorative Kunst" seitens der Versammlung
erbat. Auch dieser Antrag rief lebhafte Debatten hervor:
die einen wollten gar keine Ausstellung, andere eine
solche in anderer Form, einigen mißfiel der Ausdruck
„dekorative Kunst", anderen der Zeitpunkt, gewissen
Teilnehmern war die Sache noch nicht klar genug, für
manche war auch Berlin als Ausstellungsort an-
stößig, —so daß nach langen und lebhaften Debatten der
nach der Geschäftsordnung zulässige Antrag, „von der
Beratung dcs Antrages abzusehen", Annahme fand.
Dieser Beschtuß war der verkehrteste, den der Kongreß
faffen konnte: in dem Augenblicke, wo dem Verbande
zum erstenmal Gelegenheit geboten war, ein Votum
abzugeben, in einer allgemein wichtigen Angelegenheit
mitzureden, beschließt er — nichts zn beschließen, sich
die Hände zu binden! Daß die Ausstellung auch ohne
die Zustimmung des Kongreffes zu stande kommen dürste,
mußten sich alle Unbefangenen selbst sagen; daß man
mit der Annahme des obenerwähnten Antrages nicht
richtig gehandelt, wurde den meisten wenigstens bald
klar. Jnfolgedessen wurde am nächsten Tage der Antrag
wieder auf die Tagesordnung gesetzt und nach erneu-
ten Debatten gelangte eine Resolution zur Annahme,
die in ihrer allgemeinen Faffung dem Verbande wenig-
stens die Möglichkeit, in dieser Angelegenheit mit zu
reden und zu handeln, wahrt. Die Resolution (die
wir bereits früher gebracht haben) lautet:

„Jn Verfolg des gestrigen Beschluffes (nämlich
die Beratung zu vertagen) beauftragt der Kongreß den
Vorort München, sich alsbald mit den maßgebenden
Faktoren Berlins ins Vernehmen zu setzen, um die Ab,
 
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