73 Kunstlitteratur und Kunsthandel. — Preisvsrteilungen. — Personalnachrichten. — Sammlungen und Ausstellungen. 74
ung setzt, sich mit dem mouumentalen Charakter eines
Kunstwcrkes verträgt; unverkennbar ist aber der Vor-
zug, der ihm eigen ist, populär und verständlich zu
sein, und es will uns bedünken, als ob es aus diesem
Grunde annehnibnrer sei als z. B. das symbolische
Mvtiv, welches bei dem Goethe-Schillerdenkmal in
Weimar von dem einen Dichter zu dem anderen hin-
überleitet. Schwerer wiegt das Bedenken über die
Höhe des Sockels, welche dcn Körperbau der sitzenden
Figur nur bei ziemlich weitem Abstande in richtigen
Berhältnissen erscheinen läßt.
Die Enthüllungsfeierlichkeit war eine großartige
Ovation, welche die Bevölkerung der Stadt, gemischt
mit vielen fremden Zuzüglern, den Helden des Re-
forniationsdramas darbrachte, sodaß die Manen Luthers
völlig versvhnt sein werden mit der Stadt, die dem
tapsern Gottesstreiter einst zu so manchem zürnenden
Worte bcrechtigten Anlaß gab. Es war abe'r auch
eine voll verdiente Ovation für den bei der Enthül-
lungsfeier anwesendcn Meister, dessen prächtige Schöpf-
ung, als die Hiille fiel, mit lautcm Jubclrufe von der
versammelten Volksnienge begrüßt wurde.
L. L.. 8.
Aunstlitteratur uud Auusthandel.
?. Als sechstes Bändchen dcr „Liebhaber-Bibliothck alter
Jllustratoren" hat dieVerlagsbuchhandlungvon Georg Hirth
in München Lucas Cränachs Wittemberger Heilig-
tumsbuch von IS09, oder wie der eigentliche Titel lautet:
„Dye Zaigung des hochlobwürdigen Heiligthumbs der Stift-
kirchen aller heiligsn zu Wittemberg", erscheinen lassen. Die ^
Reproduktion dieses sehr seltenen Druckos ist ein recht ver-
dienstvolles Unternehmen. Von den Heiligtumsbüchern aus
dem Beginne des 16. Jahrhunderts ist nur das Wiener (von
1502) genügend neu herausgegeben; das überaus seltene
Heiligtumsbuch von Halle (1520) harrt noch einer Nach-
bildung. Alle diese Bücher enthalten eine große Anzahl
heiliger Geräte aller Art, Reliquiare der verschiedensten
Formen, zum Teil von höchster Schönheit und Sorgfalt der
Ausführung; sis bilden einen wahren Ornamentenschatz, sür
den Goldschmied besonders, an den die Herstellung kirchlicher
Geräte östers herantritt. Das Buch ist somit, iiiie auch die
übrigen Bände der Liebhaber-Bibliothek, nicht blotz für den j
Kunstfreund, sondern auch für dsn ausübenden Künstler von
hohem Wert. Leider hat mit diesem Bande die Verlags-
buchhandlung dis bisherige Praxis, die Bändchen der Serie
in einfacher, schlichter Weise zu rsproduziren, verlassen: sie
hat das Buch auf Papier abgezogen, welches mit künstlichem
Schnmtz, Stockflecken und anderem Zubehör versehen ist; sie
versucht es milhin, das Bändchen auf den ersten Blick alt
erscheinen zu lassen. Dieses Verfahren ist eine Spielerei,
die sich ein Privatmann auf anderen Gebieten, wo man ihr
leider auch begegnet, wohl erlauben darf, aber kein Ver-
leger. Schmutz bleibt Schmutz, ob er künstlich oder natür-
lich ist, und es giebt noch reinliche Menschen genug, denen ein
Buch, wie die Reproduktion des „Wittemberger Hsiligtums-
buches" widerlich ist. Nicht umsonst schätzt man intakt er-
haltene Kunstwerke und Bücher besonders hoch, ivenigstens
Leute, welche nicht bloß alte, sondern auch gute Sachen
besttzen ivollen. Die Konsequenz eines solchen Verfahrens
sind: Fettflecke, abgerissene Ecken und ein zerlederter Ein-
band. Vielleicht kommen wir noch dahin! Jeder, der es
mit der Kunst ernst meint, der ihre Pflege nicht als eine
Art Mode oder Geschäft ansieht, wird solche Verirrungen be-
dauern. Lessing hat sich in einem ähnlichen Fall, wie immer
treffend, geäußert: „Ein anderes ist der Altertumskrämer, ein
andereS der Altertumskundige. Jener hat die Schcrben, dieser
den Geist des Altertums geerbt."
8eü. v. L. — Dcr Wcimarische Nadirvcrcin, dessen bis-
herige Publikationen auf der internationalen Ausstellung der
graphischen Künste in Wien ein wohlverdientes Ehrendiplom
errangsn, bringt eben in seinem 1883er Jahrgang 14 neue
Blätter, welche von seiner Strebsamkeit Kunde geben. Zwar
müssen wir schmerzlich die Beiträge Hagens und vor allen
die Willem Linnigs jun. vermissen; doch sind einige Blätter
neu beigetretener Künstler interessant genug, um die Lücke
einigermaßen zu decken. Zunächst nennen wir die höchst
charakteristischen „Bisrbankpolitiker" von Otto Günther,
dessen trefflich individualisirte Genrebildchen ja hinreichend
bekannt sind. Eine schlasende Schildwache in Landknechts-
tracht von Herger und die Thüringer Dorfbewohnerin von
O. Schulz sind ebenfalls rscht interessante Beiträge. Karl
Rettichs Strandbildsr und Weichbergers Waldlandschaften
sind wiederum in je zwei wohlgelungenen Blättern vertreten.
Schmidt und Ahrends lieferten einige Tierstücke, Mücker
eineMarine und Frenzel einen malerisch aufgefaßten Studien-
kopf. — Sicherlich wird sich diese Edition des Vereins eine
große Anzahl neuer Freunde erwerben. Die Sammlung ist,
wis die friiheren, bei Kraus in Weimar erschienen.
preisverteilungen.
x.— In dcr Konkuricnz iiin Skizzcn zui bil-lichcn Aus-
schniückuiig -cs FestsaaleS im Wicncr lliathausc sind jetzt die
Preise zuerkannt worden im Betrage von bezw. ."000, 2000
und 1000 Gulden. Alle drei fielen an Wiener Malsr: der
erste an L. Mayer, einen Schüler Führichs, für das
Projekt Motto „Viiiäoüons,", der zweite an A. Groll,
Motto: „Glück und Unglück wird Gesang", der dritte an
I. Schmidt, Motto: „Ans Vaterland ans teure schließ dich
an". Ein vierter Entwurf, Motto: „Die Zeit ist kurz, die
Kunst ist lang", wurde zum Ankauf empfohlen. Dem Pro-
gramm nach wird mit dem Verfasser des an erster Stelle
prämiirten Projekts über dis Ausführung zu verhandeln sein.
Personalnachrichten.
Dcr Bil-Haucr Alois Löhcr, von dem wir erst kllrz-
lich berichteten, datz seine Kunst in den Vcreinigten Staaten
so viel Anerkennung findet, wurde an der Uetivxoütaii
8eüoo1 ot ä.rt in New-Iork zum Professor der Modellirklasse
ernannt.
Lammlungen und Ausstellungen.
.4. 8. Dic Luthcr-Ausstclluug -es großherzogl. Muscums
zu Weimar. An vielen Orten Deutschlands ist der frucht-
bare Gedanke erfaßt und ausgeführt worden, bei Gelegenheit
des Lutheyjubiläums die litterarischen und künstlsrischen
Zeugnisse der Reformation zu sammeln und auszustellen.
Schwerlich besitzt absr eins andere Stadt man möchte sagen
ein so grohes historisches Anrecht an eine Lutherausstellung,
wie die Hauptresidenz der Ernestinischen Fllrsten, wie Wsimär,
dessen Museum, Bibliothek und Archiv gerade aus der Refor-
mationszeit reiche Schätze bergen. Seitdem wir erfahren
haben, daß die Ausstellung von C. Rulan-d geleitet werde,
wußten wir, daß auch die höchsten Anforderungen volle Be-
friedigung empfangen werden. Der Katalog derselben liegt
vor uns. Er ist von Ruland mit der gewohnten Sorgfalt
und Genauigkeit verfaßt. Jst ja doch Ruland, wie sein
Rasfaelkatalog, sein Katalog der Birckenstockschen Sainmlung,
der Weimarer Prellerausstellung u. s. w. bewiesen haben, in
diesem Kreise ein anerkannter Meister. Nur wer in der Lage
war, ähnliche Arbeiten selbst vorzunehmen oder auf Kataloge
seine Forschungen stützen zu müssen, weiß den Aufwand wissen-
schaftlicher Kraft zu würdigen, welcher in solchen scheinbar an-
spruchslosen Verzeichnissen verborgen ruht. Die Weimarer
Ausstellung umfaßt fünf Abteilungen: Porträts, Medaillen,
Handschriften, Originaldrucke und moderns Darstellungen.
Die letzte Abteilung bildet wohl die schwächste Seite. Nicht
durch die Schuld der Aussteller Die moderne Malerei ist der
Reformation nicht in jeder Hinsicht gerecht geworden, hat ihr
ung setzt, sich mit dem mouumentalen Charakter eines
Kunstwcrkes verträgt; unverkennbar ist aber der Vor-
zug, der ihm eigen ist, populär und verständlich zu
sein, und es will uns bedünken, als ob es aus diesem
Grunde annehnibnrer sei als z. B. das symbolische
Mvtiv, welches bei dem Goethe-Schillerdenkmal in
Weimar von dem einen Dichter zu dem anderen hin-
überleitet. Schwerer wiegt das Bedenken über die
Höhe des Sockels, welche dcn Körperbau der sitzenden
Figur nur bei ziemlich weitem Abstande in richtigen
Berhältnissen erscheinen läßt.
Die Enthüllungsfeierlichkeit war eine großartige
Ovation, welche die Bevölkerung der Stadt, gemischt
mit vielen fremden Zuzüglern, den Helden des Re-
forniationsdramas darbrachte, sodaß die Manen Luthers
völlig versvhnt sein werden mit der Stadt, die dem
tapsern Gottesstreiter einst zu so manchem zürnenden
Worte bcrechtigten Anlaß gab. Es war abe'r auch
eine voll verdiente Ovation für den bei der Enthül-
lungsfeier anwesendcn Meister, dessen prächtige Schöpf-
ung, als die Hiille fiel, mit lautcm Jubclrufe von der
versammelten Volksnienge begrüßt wurde.
L. L.. 8.
Aunstlitteratur uud Auusthandel.
?. Als sechstes Bändchen dcr „Liebhaber-Bibliothck alter
Jllustratoren" hat dieVerlagsbuchhandlungvon Georg Hirth
in München Lucas Cränachs Wittemberger Heilig-
tumsbuch von IS09, oder wie der eigentliche Titel lautet:
„Dye Zaigung des hochlobwürdigen Heiligthumbs der Stift-
kirchen aller heiligsn zu Wittemberg", erscheinen lassen. Die ^
Reproduktion dieses sehr seltenen Druckos ist ein recht ver-
dienstvolles Unternehmen. Von den Heiligtumsbüchern aus
dem Beginne des 16. Jahrhunderts ist nur das Wiener (von
1502) genügend neu herausgegeben; das überaus seltene
Heiligtumsbuch von Halle (1520) harrt noch einer Nach-
bildung. Alle diese Bücher enthalten eine große Anzahl
heiliger Geräte aller Art, Reliquiare der verschiedensten
Formen, zum Teil von höchster Schönheit und Sorgfalt der
Ausführung; sis bilden einen wahren Ornamentenschatz, sür
den Goldschmied besonders, an den die Herstellung kirchlicher
Geräte östers herantritt. Das Buch ist somit, iiiie auch die
übrigen Bände der Liebhaber-Bibliothek, nicht blotz für den j
Kunstfreund, sondern auch für dsn ausübenden Künstler von
hohem Wert. Leider hat mit diesem Bande die Verlags-
buchhandlung dis bisherige Praxis, die Bändchen der Serie
in einfacher, schlichter Weise zu rsproduziren, verlassen: sie
hat das Buch auf Papier abgezogen, welches mit künstlichem
Schnmtz, Stockflecken und anderem Zubehör versehen ist; sie
versucht es milhin, das Bändchen auf den ersten Blick alt
erscheinen zu lassen. Dieses Verfahren ist eine Spielerei,
die sich ein Privatmann auf anderen Gebieten, wo man ihr
leider auch begegnet, wohl erlauben darf, aber kein Ver-
leger. Schmutz bleibt Schmutz, ob er künstlich oder natür-
lich ist, und es giebt noch reinliche Menschen genug, denen ein
Buch, wie die Reproduktion des „Wittemberger Hsiligtums-
buches" widerlich ist. Nicht umsonst schätzt man intakt er-
haltene Kunstwerke und Bücher besonders hoch, ivenigstens
Leute, welche nicht bloß alte, sondern auch gute Sachen
besttzen ivollen. Die Konsequenz eines solchen Verfahrens
sind: Fettflecke, abgerissene Ecken und ein zerlederter Ein-
band. Vielleicht kommen wir noch dahin! Jeder, der es
mit der Kunst ernst meint, der ihre Pflege nicht als eine
Art Mode oder Geschäft ansieht, wird solche Verirrungen be-
dauern. Lessing hat sich in einem ähnlichen Fall, wie immer
treffend, geäußert: „Ein anderes ist der Altertumskrämer, ein
andereS der Altertumskundige. Jener hat die Schcrben, dieser
den Geist des Altertums geerbt."
8eü. v. L. — Dcr Wcimarische Nadirvcrcin, dessen bis-
herige Publikationen auf der internationalen Ausstellung der
graphischen Künste in Wien ein wohlverdientes Ehrendiplom
errangsn, bringt eben in seinem 1883er Jahrgang 14 neue
Blätter, welche von seiner Strebsamkeit Kunde geben. Zwar
müssen wir schmerzlich die Beiträge Hagens und vor allen
die Willem Linnigs jun. vermissen; doch sind einige Blätter
neu beigetretener Künstler interessant genug, um die Lücke
einigermaßen zu decken. Zunächst nennen wir die höchst
charakteristischen „Bisrbankpolitiker" von Otto Günther,
dessen trefflich individualisirte Genrebildchen ja hinreichend
bekannt sind. Eine schlasende Schildwache in Landknechts-
tracht von Herger und die Thüringer Dorfbewohnerin von
O. Schulz sind ebenfalls rscht interessante Beiträge. Karl
Rettichs Strandbildsr und Weichbergers Waldlandschaften
sind wiederum in je zwei wohlgelungenen Blättern vertreten.
Schmidt und Ahrends lieferten einige Tierstücke, Mücker
eineMarine und Frenzel einen malerisch aufgefaßten Studien-
kopf. — Sicherlich wird sich diese Edition des Vereins eine
große Anzahl neuer Freunde erwerben. Die Sammlung ist,
wis die friiheren, bei Kraus in Weimar erschienen.
preisverteilungen.
x.— In dcr Konkuricnz iiin Skizzcn zui bil-lichcn Aus-
schniückuiig -cs FestsaaleS im Wicncr lliathausc sind jetzt die
Preise zuerkannt worden im Betrage von bezw. ."000, 2000
und 1000 Gulden. Alle drei fielen an Wiener Malsr: der
erste an L. Mayer, einen Schüler Führichs, für das
Projekt Motto „Viiiäoüons,", der zweite an A. Groll,
Motto: „Glück und Unglück wird Gesang", der dritte an
I. Schmidt, Motto: „Ans Vaterland ans teure schließ dich
an". Ein vierter Entwurf, Motto: „Die Zeit ist kurz, die
Kunst ist lang", wurde zum Ankauf empfohlen. Dem Pro-
gramm nach wird mit dem Verfasser des an erster Stelle
prämiirten Projekts über dis Ausführung zu verhandeln sein.
Personalnachrichten.
Dcr Bil-Haucr Alois Löhcr, von dem wir erst kllrz-
lich berichteten, datz seine Kunst in den Vcreinigten Staaten
so viel Anerkennung findet, wurde an der Uetivxoütaii
8eüoo1 ot ä.rt in New-Iork zum Professor der Modellirklasse
ernannt.
Lammlungen und Ausstellungen.
.4. 8. Dic Luthcr-Ausstclluug -es großherzogl. Muscums
zu Weimar. An vielen Orten Deutschlands ist der frucht-
bare Gedanke erfaßt und ausgeführt worden, bei Gelegenheit
des Lutheyjubiläums die litterarischen und künstlsrischen
Zeugnisse der Reformation zu sammeln und auszustellen.
Schwerlich besitzt absr eins andere Stadt man möchte sagen
ein so grohes historisches Anrecht an eine Lutherausstellung,
wie die Hauptresidenz der Ernestinischen Fllrsten, wie Wsimär,
dessen Museum, Bibliothek und Archiv gerade aus der Refor-
mationszeit reiche Schätze bergen. Seitdem wir erfahren
haben, daß die Ausstellung von C. Rulan-d geleitet werde,
wußten wir, daß auch die höchsten Anforderungen volle Be-
friedigung empfangen werden. Der Katalog derselben liegt
vor uns. Er ist von Ruland mit der gewohnten Sorgfalt
und Genauigkeit verfaßt. Jst ja doch Ruland, wie sein
Rasfaelkatalog, sein Katalog der Birckenstockschen Sainmlung,
der Weimarer Prellerausstellung u. s. w. bewiesen haben, in
diesem Kreise ein anerkannter Meister. Nur wer in der Lage
war, ähnliche Arbeiten selbst vorzunehmen oder auf Kataloge
seine Forschungen stützen zu müssen, weiß den Aufwand wissen-
schaftlicher Kraft zu würdigen, welcher in solchen scheinbar an-
spruchslosen Verzeichnissen verborgen ruht. Die Weimarer
Ausstellung umfaßt fünf Abteilungen: Porträts, Medaillen,
Handschriften, Originaldrucke und moderns Darstellungen.
Die letzte Abteilung bildet wohl die schwächste Seite. Nicht
durch die Schuld der Aussteller Die moderne Malerei ist der
Reformation nicht in jeder Hinsicht gerecht geworden, hat ihr