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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

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183 Kunstlitteratur, 184

die Lahn, den Neckar und den Main, alle leicht er-
kennbar an Städten nnd Burgcn an ihrcn Ufern.

Herm. Schneider, derden BanketsaalderDrachen-
burg zu schiniicken hat, feiert in edelgedachten Kompo-
sitionen die Macht des Weines, Da ist Bacchus, zu
seinen Füßen eine prächtige Tigerin, Venns mit ihrem
Sohne, umslattert von Tauben, daneben ein kvstlichcs
Stillleben, aus welchem ein stattlicher Weinkrug und
eine goldene Schale hervortreten. Weiterhin Bacchus
mit einem Tiger an einer Apolloherme, ihm gegenüber
Ariadne am blauen Meer. Dann ein üppiges Wald-
weibchen, umworben Vvn einem Liebe heischenden becken-
schlagenden Jüngling, eine die Büste des Bacchus be-
kränzende liebliche Npmphe, von Amoretten umgeben,
und ein Kentaur, eine Bacchantin auf dem Arm. Zn
demselben Zwecke arbcitct Ferdinand Wagner an
einem sarbenprächtigen Jagdzuge, dessen Schauplatz die
Ufer des Rheins mit der im Abendlicht erglänzenden
Drachenburg bilden.

Ursprünglich war eine Gesamtausstellung aller
für die Drachenburg bestimmten Arbeiten hiesiger Kllnst-
ler beabsichtigt; der Gedanke mußte aber leider wiedcr
aufgegeben werden, da eine Wiedergabe der architek-
tonischen Umgebung nicht wohl thunlich erscheint.

Claus Mcyer sührl uns in seinem neuesten Bilde
wieder in ein holländisches Bürgerhaus des 17. Jahr-
hunderts, das durch ein paar hoch angebrachte Fenster
vvn einem engcn Gäßchen oder Hofraum her schwach
beleuchtet wird. Jn dem fast unmöblirten Raume
hat sich eine aus einem älteren Eh^paar, eincm jungen
Manne und einem jungen Mädchen bestehende Gesell-
schaft zusammcngefunden. Das Mädchen liest aus
einem auf ihren Knieen liegenden Buche vor und die
Stimmung ist eine so ernste, daß man glauben möchte,
es handle sich um eine Vorlesung aus der Bibel,
rauchte nicht der ältliche Herr seine Thonpfeife. Claus
Meyer hat es allzeit auf wirksame Streiflichter ab-
gesehen und verwertet sie mit viel Geschick, doch dürfte
es rätlich sein, das Rezept nicht gar zu oft zu wieder-
holcn. Mir scheint das letzte Bild, seinen früheren,
auch dem bekannten „Begninenkloster" gcgenüber, als
ein sehr schätzbarer Fortschritt. Jene haben nämlich
in ihrer Farbe ctwas, was in bedenklicher Weise an
eine Sonnenfinsternis-Beleuchtung erinnert. Den kalten,
mehligen Ton hat der Künstler nnnmehr mit eineni
wärmeren vertauscht.

Von Gabriel Max sah ich dieser Tage einen
Mädchenkops, der auffälligerweise ganz andere ZUge
zeigt als die altbekannten tschechischen mit der stumpfcn
Kindernase und den breiten Backenknochen. Der Haupt-
wert des Bildes liegt in der durchgeistigten Farbe, die
aber nichts von jener Krankhaftigkeit besitzt, der wir
bisher bei Max so oft begegneten.

Jn Gugels Atelier faud ich das Brnstbild eines
unschuldvoll blickenden anmutigen Mädchens in alt-
venezianischem Kostiim auf der Staffelei stehen. Es
erinnert an die altvenezianischen Meister dnrch die
„Morbidezza" der Fleischteile und den Glanz und dic
Ticfe des Kolorits. Jch entsinne mich keiner besseren
Leistnng des wackeren Künstlers.

Edgar Meyer, der jnnge Tiroler Künstler, dcr
die Aguarelltechnik beherrscht wie kanm ein zweiter
Mitlebender und Mitstrebender und im letzten Jahre
durch Ankauf eines Bildes (San Remo) für den
Kaiser von Österreich, eines zweiten (Schwarzenstein-
see) für das Landesmuseum in Jnnsbruck und eines
dritten (Gewitterlandschaft) für die Nationalgalerie in
Berlin ausgezeichnet wurde, hat kürzlich einen „Fried-
hof mit Kapelle in Südtirol" von tief melancholischer
Stimmung vollendet und malt eben an einer Partie
aus Mola di Gaeta in Öl, einer Technik, welche er
nur ausnahmsweise betreibt.

Aunstlitteratur.

Aönigliche Museen zu Berlin. Beschrcibendes
Verzeichnis der Gemälde. Zweite Auflage.
Unter Mitwirkung von L. Scheibler und W. Bode
bearbeitet von Julius Meyer, Direktor der Ge-
mäldegalerie. Berlin 1883, Weidmannsche Bnch-
handlung. X. und 595 S. 8^.

Während der fünf Jahre, welche seit dem Er-
schcinen der ersten Auslage dieses Kataloges verflosten
sind, hat der innere Unibau der Berliner Gemälde-
galerie nahezu vollständig durchgeführt werden können.
Mit Ausnahme des Westflügels, in welchem zwei Ober-
lichtsäle und vier Kabinette zur Ausnahme der späteren
Jtaliener, der Spanier und Franzosen hergerichtet
werden und der bald nach Neujahr eröffnet werden
soll, sind sämtliche Räume in ihrer Dekoration und
Organisation und damit die neue Aufstellung der
Galerie im wesentlichen vollendet worden. Die zweite
Auflage des Katalogs ist deshalb einstweilen als eine
definitive zu betrachten, der nur noch ein kleiner Nach-
trag, die italienischen Meister des 14. Jahrhunderts
enthaltend, folgen wird. Was die neue Auflage zu-
nächst äußerlich von der ersten unterscheidet, ist die
Wiedergabe der Monogramme, Jnschriften nnd sonsti-
gen Marken in Facsimilenachbildungen, welche in keinem
Galeriekataloge, der sich auf der Höhe der wiffenschaft-
lichen Forschungen erhalten will, mehr fehlen dürfen.
Ferner ist eine Anzahl von kunstgeschichtlich intereffan-
ten Bildern, welche sich bisher in den Magazinen be-
fanden, in den Katalog aufgenominen worden, so daß
derselbe eine vollständige Übersicht über die Gemälde
giebt, welche nach Maßgabe der jetzigen Ränmlichkeiten
 
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