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Die Kunstausstellung schweizerischer Künstler zu Basel.
sührt uns außer einem recht geluugencu Mcinnerporträt
das Bild einer Zigeunerin vor, die zwar nicht durch
Schönheit wohl aber dnrch fcine Charakteristik fesselt.
Auch Frank- Buchsers (Solothurn) „Janula von
Janina" scheint eine Zigeunerin zu sein. Jn ihrer
bunten Tracht, die grell gegen den bei Buchser stereo-
thpen hochblauen Himmel absticht, beleidigt sie unser
Auge nicht minder als das bunte Gewirr seines „Mau-
rischen Marktes". Einen augenehmeren Eindruck macht
sein „Arabischer Kastagncttenspieler" dcssen grauer,
alter Mantel uns neben so vieler Bnntheit cine wahre
Augenweide ist.
T. Dufaux' „Besuch bei der Wöchnerin" und
Ravels „b,s prsmisr nuags" sind echt sranzvsische
Bilder im guten Sinn, elegant in jeder Beziehung,
in der Pinselführung, in der Haltung und Kleidung
der Personen, in der Dekoration der Räume, und da-
bei sind die kleinen Figürchen charakterisirt und durch-
gearbeitet bis ius Feinste, besonders in dem crstge-
nannten Gemälde. Franzvsisch im miuder guten Sinn,
stnd Frl. Schäppi's (Paris) Gemälde. „Das Kind
im Gemüsegarten", „Der Winkel in meinem Garten"
nnd „Die Kinder mit der Puppe" sind höchst un-
harmonische und unerfreuliche Gemengsel von Kohl-
kvpfen, geputzten Kindern, unkenntlichen Blumen ic.,
die allerdings cin gewisses technisches Können ver-
raten. Viel ersrculicher sind Frl. Rodensteins
Produkte — Porträts unb Studienköpfe. Jhre Bilder
sind keck und saftig gemalt und zeigen einen gesunden
Realismus. Freilich mit der frappanten, kühnen Tech-
nik von Girons (Paris) Männerporträt dürfen sich
die ihren immerhin noch nicht messen. Girons Bild
ist höchst interessant. Ein geistreicher Kopf, geistreich
wiedergegeben. Die kecke Malweise scheint in der Nähe
höchst dekorativ, doch wenn man nur wcnige Schritte
zurücktritt, wirkt sie ungemein Präcis. Grundverschieden
ist wieder Weißbrods Frauenporträt, das in feiner,
delikater Behandlung, in detaillirtester Ausführung,
seinesgleichen sucht. Die zarte Frauenbüste in dem
Weißcn Gewand wirkt ungcmeiu duftig.
Albert deMeuron briugt uns mit seiner „Allegorie
der Jnngsrau" eiu eigcntümliches Bild. Es faßt die
Äungfrau aus dem Berneroberland als keusches, junges
Weib auf, das in den Wolken schwebt, und umgiebt
es mit den Attributen der Alpenregion, sowohl den
Tieren der höchsten Alpenwelt, Gemse, Schneehuhn rc.,
die aus den Wolken hervorlugen, als auch mit Blumen
der höchsten Regioncn, welche zu des Mädchens Füßen
iprossen.
Ritz steht mit seinem „Spiel vhne Gewiun",
einigen auf rauher Bergeshöhe Skat spielenden Geis-
duben, in der Mitte zwischen Landschaft und Genre.
Ter zum Teil nebelverhüllte Berghintergrund ist uns
! als Ritz'sche Lieblingsstimmung schon bekannt, übt aber
! immer wieder Reiz aus; die jugendlichen Spieler sind
höchst gelnngene Figuren. — Ritz's „Matterhorn" ist
eine schone Gebirgsstudie.
Das Großartigste aus landschaftlichem Gebiet bringt
Albert Gos. Sein „Gewitter im Lauterbrunnerthal"
ist ein Bild von grandioser Wirkung, von erhabener
! Schönheit. Die Tiefe der Farbe, im Hiutergrunde der
! dunkle Himmel, die tosende Lütschine im Vordergrunde,
das alles vereinigt Gos zu einem Gemälde, dessen
Eindruck sich über dcn eines einfachen Landschaftsbildes
erhebt. Es ist, möcht' ich sagen, eine gemalte Bal-
lade! Die elementare Gewalt in ihrer Allmacht wirkt
wahrhaft erschütternd. Nicht wenig trägt zu dieser
mächtigeu Wirkung die kräflige Technik, die kecke Mal-
weise bei. Das ganze Bild ist unseres Erachtens
gespachtelt, der Pinsel dürfte sehr wenig oder gar nicht
zur Verwendung gekommen sein. Gos' zweites Bild
„Walliseralpe im Herbst," ist bei allem Reiz, der Lber
diese herbstliche Hochgebirgslandschaft ausgegossen ist,
nnr Eingeweihteren, d. h. solchen, die selbst schon
das Hochgebirge besucht haben, verständlich.
R. Kollcr (Zürich) ist mit einem schr schöuen
Bilde „Kühe am See" vcrtreten. Daß dieselben aufs sorg-
sältigste und naturgetreueste ausgesührt sind, brancht
bei Koller keiner Erwähnnug. Ein anderer Meister,
der im Tier- und Landschastsbild epcellirt, Vuagnat,
bringt uus zwei bereits in der Besprechung über die
Züricher Landesausstellung lobcnd erwähnte Bilder
„Ufer des Genfersee's" und „Weide bei Corsier".
Jn E. Ortgies, einem noch sehr jugendlichen
Künstler, scheint der Schweiz wieder ein Tiermaler
von hervorragendem Talent erstanden zu sein. Die
„Neugierigen Ziegen", die in Abwesenheit des Malers
dessen Stuhl erklimmen und ihr eigenes Bildnis er-
blicken, stellen dem jungen Künstler das Zeugnis guten
Hnmors aus.
Eines höchst interessanten Bildes haben wir vor
allem noch zu gedenken, einer Landschaft von Böcklin:
„Burg am Meere". Eine alte Burg thront grün-
umrankt über dem tiefblauen Meeresspiegel. Ein
heftigcr Wind scheint die hohen Cypressen neben der
Burgmauer zu peitschen, Raben sliegen über das Schlvß,
über der öden Landschaft wölbt sich ein gelbrot-glühen-
dcr Himmel.
Bilder von ruhiger Schvnheit sind Rüdisühli's
Landschaften. Die herbstlich-abendliche Stimmung ist
prächtig durchgeführt in einem unter dem Titel „Es
dunkelt", ausgestellten Gemälde. Wie fein sind darin
alle Details! Ebenfalls sehr bemerkenswert, doch hinter
dem erwähnten Bild zurückstehend, ist seine Herbst-
landschaft aus dem Jura. A. Bauers Mond-
scheinlandschast ist ein allerliebstes Stimmungsbild, es
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Die Kunstausstellung schweizerischer Künstler zu Basel.
sührt uns außer einem recht geluugencu Mcinnerporträt
das Bild einer Zigeunerin vor, die zwar nicht durch
Schönheit wohl aber dnrch fcine Charakteristik fesselt.
Auch Frank- Buchsers (Solothurn) „Janula von
Janina" scheint eine Zigeunerin zu sein. Jn ihrer
bunten Tracht, die grell gegen den bei Buchser stereo-
thpen hochblauen Himmel absticht, beleidigt sie unser
Auge nicht minder als das bunte Gewirr seines „Mau-
rischen Marktes". Einen augenehmeren Eindruck macht
sein „Arabischer Kastagncttenspieler" dcssen grauer,
alter Mantel uns neben so vieler Bnntheit cine wahre
Augenweide ist.
T. Dufaux' „Besuch bei der Wöchnerin" und
Ravels „b,s prsmisr nuags" sind echt sranzvsische
Bilder im guten Sinn, elegant in jeder Beziehung,
in der Pinselführung, in der Haltung und Kleidung
der Personen, in der Dekoration der Räume, und da-
bei sind die kleinen Figürchen charakterisirt und durch-
gearbeitet bis ius Feinste, besonders in dem crstge-
nannten Gemälde. Franzvsisch im miuder guten Sinn,
stnd Frl. Schäppi's (Paris) Gemälde. „Das Kind
im Gemüsegarten", „Der Winkel in meinem Garten"
nnd „Die Kinder mit der Puppe" sind höchst un-
harmonische und unerfreuliche Gemengsel von Kohl-
kvpfen, geputzten Kindern, unkenntlichen Blumen ic.,
die allerdings cin gewisses technisches Können ver-
raten. Viel ersrculicher sind Frl. Rodensteins
Produkte — Porträts unb Studienköpfe. Jhre Bilder
sind keck und saftig gemalt und zeigen einen gesunden
Realismus. Freilich mit der frappanten, kühnen Tech-
nik von Girons (Paris) Männerporträt dürfen sich
die ihren immerhin noch nicht messen. Girons Bild
ist höchst interessant. Ein geistreicher Kopf, geistreich
wiedergegeben. Die kecke Malweise scheint in der Nähe
höchst dekorativ, doch wenn man nur wcnige Schritte
zurücktritt, wirkt sie ungemein Präcis. Grundverschieden
ist wieder Weißbrods Frauenporträt, das in feiner,
delikater Behandlung, in detaillirtester Ausführung,
seinesgleichen sucht. Die zarte Frauenbüste in dem
Weißcn Gewand wirkt ungcmeiu duftig.
Albert deMeuron briugt uns mit seiner „Allegorie
der Jnngsrau" eiu eigcntümliches Bild. Es faßt die
Äungfrau aus dem Berneroberland als keusches, junges
Weib auf, das in den Wolken schwebt, und umgiebt
es mit den Attributen der Alpenregion, sowohl den
Tieren der höchsten Alpenwelt, Gemse, Schneehuhn rc.,
die aus den Wolken hervorlugen, als auch mit Blumen
der höchsten Regioncn, welche zu des Mädchens Füßen
iprossen.
Ritz steht mit seinem „Spiel vhne Gewiun",
einigen auf rauher Bergeshöhe Skat spielenden Geis-
duben, in der Mitte zwischen Landschaft und Genre.
Ter zum Teil nebelverhüllte Berghintergrund ist uns
! als Ritz'sche Lieblingsstimmung schon bekannt, übt aber
! immer wieder Reiz aus; die jugendlichen Spieler sind
höchst gelnngene Figuren. — Ritz's „Matterhorn" ist
eine schone Gebirgsstudie.
Das Großartigste aus landschaftlichem Gebiet bringt
Albert Gos. Sein „Gewitter im Lauterbrunnerthal"
ist ein Bild von grandioser Wirkung, von erhabener
! Schönheit. Die Tiefe der Farbe, im Hiutergrunde der
! dunkle Himmel, die tosende Lütschine im Vordergrunde,
das alles vereinigt Gos zu einem Gemälde, dessen
Eindruck sich über dcn eines einfachen Landschaftsbildes
erhebt. Es ist, möcht' ich sagen, eine gemalte Bal-
lade! Die elementare Gewalt in ihrer Allmacht wirkt
wahrhaft erschütternd. Nicht wenig trägt zu dieser
mächtigeu Wirkung die kräflige Technik, die kecke Mal-
weise bei. Das ganze Bild ist unseres Erachtens
gespachtelt, der Pinsel dürfte sehr wenig oder gar nicht
zur Verwendung gekommen sein. Gos' zweites Bild
„Walliseralpe im Herbst," ist bei allem Reiz, der Lber
diese herbstliche Hochgebirgslandschaft ausgegossen ist,
nnr Eingeweihteren, d. h. solchen, die selbst schon
das Hochgebirge besucht haben, verständlich.
R. Kollcr (Zürich) ist mit einem schr schöuen
Bilde „Kühe am See" vcrtreten. Daß dieselben aufs sorg-
sältigste und naturgetreueste ausgesührt sind, brancht
bei Koller keiner Erwähnnug. Ein anderer Meister,
der im Tier- und Landschastsbild epcellirt, Vuagnat,
bringt uus zwei bereits in der Besprechung über die
Züricher Landesausstellung lobcnd erwähnte Bilder
„Ufer des Genfersee's" und „Weide bei Corsier".
Jn E. Ortgies, einem noch sehr jugendlichen
Künstler, scheint der Schweiz wieder ein Tiermaler
von hervorragendem Talent erstanden zu sein. Die
„Neugierigen Ziegen", die in Abwesenheit des Malers
dessen Stuhl erklimmen und ihr eigenes Bildnis er-
blicken, stellen dem jungen Künstler das Zeugnis guten
Hnmors aus.
Eines höchst interessanten Bildes haben wir vor
allem noch zu gedenken, einer Landschaft von Böcklin:
„Burg am Meere". Eine alte Burg thront grün-
umrankt über dem tiefblauen Meeresspiegel. Ein
heftigcr Wind scheint die hohen Cypressen neben der
Burgmauer zu peitschen, Raben sliegen über das Schlvß,
über der öden Landschaft wölbt sich ein gelbrot-glühen-
dcr Himmel.
Bilder von ruhiger Schvnheit sind Rüdisühli's
Landschaften. Die herbstlich-abendliche Stimmung ist
prächtig durchgeführt in einem unter dem Titel „Es
dunkelt", ausgestellten Gemälde. Wie fein sind darin
alle Details! Ebenfalls sehr bemerkenswert, doch hinter
dem erwähnten Bild zurückstehend, ist seine Herbst-
landschaft aus dem Jura. A. Bauers Mond-
scheinlandschast ist ein allerliebstes Stimmungsbild, es