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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

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Sammlungen und Ausstellungen. — Vsrmischte Nachrichten.

baue des kunsthistorischen Museums zu leiten. Wie man ver-
tummt, werden wohl noch mehrere Jahre vergehen, bevor
die Dekoration der kolossalen Räumlichkeiten so weit vorge-
schritten sein wird, um endlich an die Übersiedelung der schon
so langs zum Teil in ganz unzulänglichen Lokalitäten
Untergebrachtem Kunstschätze denken zu können. Obwohl mit
wateriellen Mitteln aufs kärglichste bedacht, hat es Graf
Crenneville doch verstanden, für die neue Aufstellung der
Sammlungen manches lange verschollen gewesene Bild aus
den Depots oder den kaiserl. Schlössern hervorzuholen. Atit
der Herstellung dieser der Vergessenheit entrissenen Wsrke ist
>nan in der von ihm begründetcn Nestaurirschuls des Bel-
veders seit Jahrcn beschäftigt. Ebenso wurde für die Be-
veicherung der übrigen Sammlungen, besonders die der
plastischeu und kunstgewerblichen Schöpfungen des Renaissauce-
und des Barock-Zeitalters gesorgt. Unter den vom Grafen
Crenneville ins Leben gerufenen litterarischen Werken stehen
die Gründung des Jahrbuchs der kaiserl. Kunstsammlungen
und die Gesamtausgabe der Publikationen des Kaisers Maxi-
»nlian obenan Wir werden an anderer Stelle des Fort-
ganges dieser Unternehmungen demnächst gedenken. Bei der
Förderung derselben hatte Graf Crenneville Gelegenheit,
seiner speziellen Vorliebe für dis graphischen Künste, welche
ihm die mannigfachsten Jmpulse verdanken, in ausgiebiger
Weise Genüge zu thun, wie er denn auch sonst keinen An-
laß vorübergehen ließ, um seinen mächtigen Einsluß überall
geltend zu machen, wo es ein edles und patriotisches künst-
lerisches Werk oder die Unterstützung einer /jugendlich auf-
strebenden Kraft galt. Endlich sei noch der neuen Jnven-
tarisirung undKatalogisirung der kaiserl. Sammlungen gedacht,
welcher sich der Oberstknmmerer ebenfalls energisch annahm.
Es wurden von sämtlichen Abteilungen der Sammlungen
handliche Führer für das Publikum ausgearbeitet, und zu-
gleich der Besuch und die Benutzung der Museen auf liberalen
Grundlagen neu geregelt. Von den großen Katalogen ist
namentlich des beschreibenden Verzeichnisses der Belvedere-
galeris zu gedenken. dessen zweiter, die Niederländer um-
sassender Band soeben erscheint. So bietet sich dem kunst-
sinnigen Nachfolger des Grafen Crenneville ein fleißig
bearbeitetes Feld zn ersprießlichsr weiterer Thätigkeit dar.
Man kann nur lebhaft wünschen, daß dieselbe sich zu einer
gleich segenbringenden gestalten möge!

Sammlungen und Ausstellungen.

k§t. München. Franz D efregger hat vor seiner Ab-
reise nach Bozen noch seinen „Urlauber" vollendet und an
die Kunsthandlung von Wimmer Co. abgsliefert. Unseres
Erachtens ist der „Urlauber" an Jnnigkeit der Empfindung,
Naivetät der Anschauung und Kraft der Darstellung dem
„Tischgebet" und dem „Besuch der Tanten", d. h. den be-
deutendsten Arbeiten des Künstlers im idiMschen Familien-
genre gleichzustellen und von keinem zwischen jenem und diesen
Werken lisgenden srreicht wordsn, selbst vom „Saloutiroler"
nicht. Die Scene ist dis denkbar einfachste und spielt in
einem ärmlichen Tiroler Bauernhause. Der älteste Sohn
steht als Gefreiter bei den Kaiserjägern und ist eben auf Ur-
laub heimgekommen. Seine Heimkehr ist zum Familienfest
geworden. Vater, Mutter, Großmutter und alle Kinder — und
der Kindersegen ist groß — haben sich um den Heimgekehr-
ten versammelt und hängen an seinem Munds, der von den
Wundern der Garnisonsstadt und von seinen Erlebnissen er-
zählt. Alle Hände ruhen, nur die der Mutter nicht: sie hat
dem Sohne bereits die Kaffeetasse und Weißbrod vorgesetzt
und steht nun im Begrisfs, den Käffee und den fetten Rahm
vom Herde zu nehmen. Zur Rechten des hübschen Burschen
in seiner schmucken Uniform sitzt die vom Alter und schwerer
Arbeit gebeugte Grotzmutter auf einem Hackblock, zu seiner
Linken einer der kleineu Brüder und zwischen feine Beine
hat sich der jüngste geschoben und spielt init den blanken
Uniformknöpfen. Dem jungen Soldaten gegenüber gruppiren
sich um den Vater auf seinem hölzernen Stuhle die übrigen
Geschwister auf Schemel und Herd. Besonders anziehend
ist die Gestalt einer „halbgewachsenen" Schwester, ivelchs fast
scheu auf dsn für sie zur Respektsperson gewordenen Bruder
hinüberschaut, während sich im Gesichte des Vaters der Stolz
auf einen so stattlichen Sohn spisgelt. Die Figuren sind von

staunenswerter Unmittelbarkeit und plastischer Nundung und
das Kolorit von erfreulicher Frische. — Jn Wimmers Kunst-
salon ist gegenwärtig ein junger Künstler: Jos. Miller,
durch zwei anspruchslose Genrebilder vertreten, die ein höchst
respektables, vielversprechendes Talent verraten. Ebenda ist
Adolf Eberle durch eine köstliche idyllische Scene in einem
Jägerhause ehrenvoll repräsentirt, desgleichen Schachinger,
dessen Talent sich in der letztenZeit in erfreulichster Weise ent-
wickslte, durch einen fein empfundenen Mädchenkopf. Ein
anderes sehr bedeutendes Talent lernten wir jüngst im Kunst-
verein kennen: es ist A. v. Schrötter, dessen „Flugblatt"
zu den besten Leistuugen der Wochenausstellung zählte. Emil
Adam hat sein von uns im vorigen Jahre bssprochenes Bild
„Käiser Franz Josef auf der Jagd beim Grafen Larisch nächst
Freistadt in Schlesien" sür den Grafen Larisch wiederholt;
das frllher gemalte ist Eigentuni des Kaisers. Jnteressant
sind die Reiterporträts des Grafeu Festetics und dss Grafen
Caliuann Almasi; jener eine hocharistokratische Erscheinung,
dieser daneben auch ein großer Sportsmanu. Von Heinr.
Nasch war eine Reihe köstlich feiner Genre- und Marine-
bilder: „Rückerinnerungen", „Nicht ohne Zeugen", „Krokett"
und „Venezianische Fischerboote" zu sshen. Meister Albert
Zimniermann hat sich, wie seine jüngst ausgestellt gewessue
„Partie am Hintersee" erkennen ließ, in seinem Kunftschaffen
die volle Jugendfrische bewahrt. — Der jüngst im großen
Museumsaale veranstaltete Bazar zu gunsteii des Unter-
stützungsvereins für KUnstler-Witwen und Waisen, dsr neben-
bei bemerkt nahezu 2U V00 Mark eintrug, gipfelte in einer
Kollektion von Bildern unserer ersten Künstler, darunter
Arbeiten von hoher Schönheit. — Ludwig Gloetzle, der
mit Lav. Barth, Jul. Frank, Max Fürst, Karl Baumeister
und Friedr. Hohfelder in München die religiöse Malerei ver-
tritt, hat jüngst zwei weitere Stationsbilder sür den Dom in
Salzburg fertiggestsllt und dabei großen Ernst der Kompo-
sition mit energischer Farbe verbundsu. Unter den Klein-
meisteru entwickeln Kärl Seiler und Robert Schleich eine
höchst ersreuliche Thätigkeit; beide haben sich in diesem täg-
lich beliebter werdendeu Kunstgenrs rasch eine Achtung ge-
bietends Stellung errungen. Ersterer stellte im Kunstverein
und im Salon Fleischmann, dieser im Salon Wimmer vor-
treffliche Bilder aus. Der geniale Harburger seinerseits
erwarb sich durch im Kunstverein ausgestellte geistreiche und
originells Bleistiftzeichnungeii von prickelndem Humor wieder
neue Freunde. Rud. Wimmer machte seinem Ruhms als
Porträtmaler ersten Ranges durch ein Porträt der Gattin
des Schlachtenmalers Prof. Louis Braun alle Ehre. Von
Theodor Her sah man eine außerordentlich feiiigestimmte
„Atondnacht an der Via Appia" und einen nicht minder
schönen „Morgen am Averner-See".

ck. L Zm Palazzo Skrozzi in der Via Cesarini in R o m,
welcher wegen des Umbaues der Stadt demolirt wurde, be-
fand sich eine Kapelle mit wertvollen Basreliefs. Das
römischeMunicipium hatdieselben in dasKunstgewerbemuseuni
in der Via San Giuseppe le Case bringen lassen.

Vermischte Nachrichten.

<Z Die nächste akadeinische Kuiistausstellmig in Berlin
wird nunmehr doch wieder im provisorischen Ausstelluiigs-
gebüude am Cantianplatze stattfinden. Es hat sich nämlich
herausgestellt, dah das dafür in Aussicht genommsne, seuer-
sichere Gebäude der Hygieneausstellung so ungünstige Be-
leuchtungsverhältnisse bietet, datz ein grötzerer Umbau unum-
gänglich ist. Es heißt, daß derselbe sür das Jahr I88U in
Angrisf genommen iverden soll. Jetzt wird das Gebäude ani
Cantianplatz durch Einziehuug von Brandmauerii gegen Feuer
etwas gesichert und zugleich durch Anbauten erweitert, weil
man in diesem Jahre eine größere Beteiligung der Küustler
erwartet.

Die Bronzestatue Gnmbckka's für Cahors, seine Ge-
burtsstadt. ein Werk des Bildhauers Falguisre in Paris, ist
am 14. April enthüllt worden.

0. tt. Alfred Eschcr-Denkmal in Zürich. Die Stadt
Zürich hat beschlossen, das Andeiiken Alfred Eschers, des
großen Züricher Staatsmannss, deni vor allem das Gelingen
des Gotthardprojektes zuzuschreiben ist, durch ein Denkmal
zu ehrsn. Die Ausführung desselben ist dem Zürichsr Bild-
 
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