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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

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629

Vermischte Nachrichtcn.

63N

„Halloren". hierher überführt worden sind, und von dsnen
das eine mit seinen herrlichen Jntarsien dem It>. (zum Teil
veröffentlicht in Ortweins deutscher Renaissance, Abteilung
Halle), das andere dsm 17. Jahrhundert angehört. Das
Museum untersteht zur Zeit Herrn Oberstleutnant z. D. von
Borries aus Weifienfels; später soll Herr vr. Julius Schmidt
aus Sangerhausen herangezogen wsrden; die Näume, in
denen es vorläusig untergebracht ist, sind zwar geschichtlich
wichtig — es ist die alte Residenz der Magdeburger Erz-
bischöfe, in der Landgraf Philipp von Hessen vor Kaiser
Karl V. seinen bekannten Fußfall that — und einstweilsn sehr
geeignet, aber auf die Dauer bei dem fortwährenden Zu-
wachs wohl kaum zulänglich. — Aus den übrigen Verhand-
lungen dürften für die Leser dieser Zeitschrift die erfreulichen
Mitteilungen von Jnteresse sein, welche der Vorsitzende, Herr
Professor Dümmler, über die fortschreitende Jnventari-
sirung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler
machte. Zwar ist in letzter Zeit nur ein Heft: Kreis Eckarts-
berga (enthaltend u. a. die romanische Kirche zu Memleben)
erschienen; um so mehr und um so wichtigere sind aber
gegenwärtig zum Druck vollendet worden. Die erste Stelle
unter diesen nimmt entschieden dis Beschreibung der kirch-
lichen Denkmäler der Stadt Halle ein, die von Herrn Archi-
tekt Schönermarck unter Beigabe einer größeren Neihe vor-
trefflicher Zeichnungen geliefert ist, während die weltlichen
Kunstaltertümer Halle's in einem späteren Heft von dem-
selben Verfasser bearbeitet werden sollen. Gleichen Beifall
fanden die Zeichnungen der Quedlinburger und Halberstädter
Denkmäler, dio Herr Bauinspektor Sommer gefertigt hat und
zu denen Herr Gymnasialdirektor Or. Schmidt den Text
schreiben wird. Die Hefte Nordhausen (Ür. I. Schmidt)
und Mansfeld (Prof. vr. Größler) sind der Vollendung
nahe; »icht ganz so weit gedishen, aber gleichfalls in Vorbe-
reitung sind die Hefte Oschersleben, Heiligsnstadt, Querfurt,
Schleusingen, Liebsnwerda, Torgau, Stendal, Erfurt, Delitzsch
und Saalkreis. — Auch die sonstigen zahlreichen Veröffent-
lichungen der historischen Kommission enthalten außer dem
mittelbaren Nutzen, den jede archivalische Erschließung der
kunstgeschichtlichen Forschung bringt, manches, was direkt
künstlerisch interessirt. So ist der zweite Band des Qued-
linburger Urkundenbuchs zu nennen, der in den Beilagen
cine Reihe von phototypisch wiedergegebenen alten Kupscr-
stichen u. a. bringt; besonders aber gehören die beiden Bände
der Erfurter Studenten-Matrikel hierher. Wie bekannt, sind
die älteren Nniversitätsmatrikeln fast durchweg auf das
schönste mit Jnitialen, Wappen, Miniaturen rc. geziert, die
einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Geschichte der da-
maligen Kleinknnst, namentlich der Ornamentik bilden. Jn
dankenswerter und freigebiger Weise hat die Kommission es
ermöglicht, daß den beiden genannten Bänden acht Tafeln
beigefügt werden konnten, welche in Buntdruck einigs her-
vorragend schöne Beispiele solcher Verzierungen wiedergeben.
Die Tafeln sind nicht bloß ein erfreulicher Beweis dasür, bis
zu welcher Höhe der xylographische Buntdruck in Deutschland
entwickelt ist, sie sind auch inhaltlich höchst interessant. Be-
merkenswert ist, daß die Schönheit der Miniaturmalerei mit
dem Absterben der Gotik, mit dem Vordringen der Buch-
druckerkunst erlischt; die einzige Renaissancetafel, die in Ab-
bildung hier vorlisgt, verdient, so geschichtlich bedeutsnd sie
auch durch ihre Beziehungen zur Reformation und zum Hu-
manismus ist, doch nichts weniger als anmutig genannt zu
werden. — Dem thatkräftigen und zielbewußten Vorgehen
der historifchen Kommission, das sich in all diesen Veröffent-
lichungen kundgiebt. ist auch in Zukunft ein gleicher Erfolg
wie bisher zu wünschen, und namentlich hoffen wir, daß sie
mit der so energisch in Angriff genommenen Jnventarisirung
recht bald bei den übrigen Provinzialverwaltungen Nachah-
mung finden möge.

Vermischte Nachrichten.

8. 8. Der Kunstvcrcin zu Thorn ist, wie wir in Ergänzung
unserer Notiz in Nummcr 25 der Kunstchronik leider mitteilen
müssen, eingegangen. Die Freude, daß, wie in Nr. 31 dar-
gelsgt wurde, die Vereine z,u Dtemel und Tilsit in so kräfti-
ger, energischer und erfolgreicher Weise die Jnteressen der
Kunst im Osten Deutschlands wahren, wird somit wesentlich

getrübt, und es ist die obige Nachricht um so bedausrlicher,
äls in jenen'Gegsnden die geistigen Jnteressen weit weniger
zur Geltung kommen als im Westen und als gerade in Thorn
ein günstiger Bodsn für einen Kunstverein vorhanden ist.
Abgesehen von der schönen Lage des Ortes ziehen mit Recht
die gewaltigen Bauten des Mittelalters und die schönen Er-
zeugnisse der Renaissance-Kleinkunst das Auge auf sich. Thorn
gehört in der That zu den intereffantssten Städten Deutsch-
lands, und nur der mangelhaften und etwas spät vor sich
gegangenen Entwickelung dss Eisenbahnwesens in den öst-
lichen Provinzen ist es zuzuschreiben, daß es bisher nicht zur
Genüge beachtet ist und daß selbst dsr sonst so zuverlässigc
Bädeker es nur kurz berührt. Das von dem Dsutsch-Ritter-
orden im 13. Jahrhundert crbaute feste Schloß mit seinem
mächtigen Danzke, dis im 14. Iahrhundert entstandene, mit
schönen Thoren ausgestattets Befestigung der Stadt, drei
riesigs gatische Kirchen, zu St. Jakobus, St. Johannes und
St. Marien. von denen die erste einen der schönsten und best-
durchgearbeiteten Giebel hat, und nicht zum wenigsten das
umfangreiche, die ganze Mitte des Marktes im Rechteck ein-
nehmende, düstere Rathaus geben der Stadt schon auf den
ersten Blick einen eigentümlichen Reiz, der auch bei näherer
Besichtigung anhält/ zahlreiche, zum Teil noch dem Mittel-
alter aiigehörende Giebelbauten, eine nicht unerhebliche Menge
von Erzeugnissen der Kleinkunst aus den letzten drei Jahr-
hunderten — auch im Jnnern der Häuser — bssonders einige
vorzllgliche schmiedeeiserne Arbeiten, und schließlich die herr-
lichen Holzschnitzereisn in der Marien- und Jakobskirche
fesseln das Auge des Beschausrs. Man sollte meinen, daß
eine so große Zahl meistentheils wohlerhaltener Kunstalter-
tümer anregend und belebend auf den Sinn der Bewohner
einwirken sollte. Der Grund sür das scheinbare Gegenteil
mag darum nur in den politischen Verhältnissen zu suchen
seiri. Der schroffe Zwiespalt zwischen den beiden Nationali-
täten, den Deutschen und den Polen, lüßt eine ersprießliche
Pflege dsr Kunst nicht aufkommen. Während aber die Polen
entsprechend dem bedeutenden Aufschwung, den sie in den
letzten Jahrzehnten genommen haben, in Thorn wie in Posen
nicht bloß ihre eigenen Kunstvereine, sondern sogar ihre eige-
nen Museen haben, ist es den Deutschen leider nicht möglich
gewesen, ihren Verein ausrecht zu erhalten. Osfenbar beruht
das darauf, daß man auf polnischer Seite alle Kräfte zu
einein großen „Verein der Freunde der Wissenschaften" ver-
einigt, auf deutscher absr sich zu sehr zersplittert hat. Es
ist dies eine Beobachtung, die allgemein gilt. Eine kleine
Stadt, noch dazu mit geinischter Bevölkerung, kann unmög-
lich jedes geistige Jnteresse einzeln durch einen besonderen
Verein pfleaen. Es ist daselbst vielmehr ein allgemeiner,
Künste und Wissenschasten (unter letzteren besonders die Alter-
tumskunde) gemeinsam umfassender Verein angezeigt, der
nach seiner jeweiligen Zusammensetzung, nach den einzelnen
Persönlichkeiten bald diese, bald jene Seite mehr Lerücksichtigt.
Es ist übrigens anzuerkennen, daß die derzeitige Stadtver-
waltung, besonders Herr Bürgermeister Bender, dem auch
das hübsche städtische Museum untersteht, das Möglichste für
Schonung und Erhaltung der Thorner Altertümer thut, und
so steht zu hoffen, daß dort über kurz oder lang auch die
neuere deutsche Kunst bald wieder einen sicheren Stützpunkt
findet.

x. — Akademischc Kunstausstellung zu Berlin. Am Er-
öffnnngstage der diesjährigcn Kunst-Ausstellung der Königl.
Akademie der Künste zu Berlin wird wie in früheren Jahren
in dem bekannten Kunstverlage von Rud. Schuster, Berlin
ein illustrirter Katalog zur Ausgabe gelangen. Die
Verlagshandlung verscndet soeben an die deutschen und ans-
ländischen Künstier ein Rundschreiben, in weichem dieselben
eingciaden werden, Zeichnungen der auszustellenden Kunst-
werke zur Reproduktion für den Katalog einzusenden.

ItKt. München. E. Unger, welcher der von Genelli
und Schwind vertretenen idealen Kunstrichtung folgt, arbeitet
gegemvärtig an der Ausführung einer Komposition, die als
Wandgemälde eines Baderaumes gedacht ist und in ihrem
Hauptteile den Zug Poseidons und Amphitrite's über das
Meer darstellt, ein Werk von wahrhaft klassischer Schönheit.
Er bedient sich dazu der Keimschen Mineralmalerei. Jos.
Weiser, einer unserer gerstreichsten Künstler und feinsten
Koloristen, vollendete kürzlich in seinem Bilde „Nach dem
 
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