Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5805#0327

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
649

Jnserate.

650

Zur Abwehr.

Jn „vr. Lauser's allg. Kunst-Chronik", I. 1884, ver-
öffentlicht Herr I. Mcnchurger, k. k. Realschul-Professor und
Landschaftsmaler in Salzburg, abermals Bshauptungen, welche
geeignet sind, bei Denjenigen, welche meine Ausstellungen
der beiden Gabriel Max'schen Christusbilder nicht selbst
gesehen haben, sowohl über die Gemälde, als auch über msine
Jntentionen irrige Vorstellungen hervorzurufen.

Jch habe diese Ausstellungen, als in den Bereich meines
Berufes gehörend, nur auf Grund der Erfahrung veranstaltet,
daß dieselben einen wesentlichen Faktor für den internatio-
nalen Kunstverkehr bilden und thatsächlich den Sinn und
das Jnteresse für die Werke der Kunst zu wecken und zu
fördern vermögen. —^ Daß mehrere Künstler den Spezial-
ausstellungen abhold sind, ist wahr. Man hat aber die Er-
fahrung gemacht, daß mancher Gegner anderer Ansicht wurde,
sobald dessen eigene Gemälde auf diese Weise ausgestellt
wurden. Auch würde es wohl niemand für bescheiden halten,
wenn z. B. der Besitzer eines Bildes, welches für die ganze
Welt gemalt worden ist und welches die Welt auch zu
sehen verlangt, sich auf den Standpunkt stellte, daß die
ganze Welt zu ihm reisen müsse. Als Beweis, wie dis
Spezialausstellungen in der Kunstwelt in Aufnahme sind,
dient die ansehnliche Neihe von Kunstwerken, welche separat
ausgestellt wurden und von denen hier nur einige,an-
geführt sein mögen: Werke von Böcklin, Brozik, Calame, Cer-
mak, Delaroche, Louis Gallait, Jansen, H. v. Kaulbach, W. v.
Kaulbach, Lessing, Makart, Matsjko, Munkäczy, de Neuville,
v. Piloty, Pradilla, Schlösser, Schrader, Schwind, Siemi-
radski, Wereschagin, v. Werner, ein Werk von Raffael, sowie
viele andere, besonders in England.

Was die Ausstellungsart betrifft, so spricht Hr. P. M.
tadelnd von einer Zuthat „äußeren Prunkes" und meint, datz
Kunstwerke in den Galerien derselben entbehren. Es sind
aber, entgegen dieser Behauptung, selbst in Galerien siir her-
vorragende Kunstwerke spezielle "und zum Teil dekorirte Aus-
stellungsräume eingerichtet rc., so daß der Vorwurf, eine
solide Ausstellung solle sich des Mittsls äußerer Ausstattung
nicht bedienen, ungerechtfertigt erscheint, indem es im Gegen-
teil ein großer Fehler wäre, wenn ein Kunstwerk stimmungs-
widrig ausgestellt würde. Jch erinnere diesbezüglich zuerst
an den hochinteressanten und gehaltvolle» Brief, welchen Jhre
kaiserl. Hoheit die Frau Kronprinzessin von Deutsch-
land gelegentlich der vorjährigen Berliner Gemälde-Aus-
stellung alter Meister erließ. Jch berufe mich auf die Klagen
der sämtlichen Künstler über die nur allzu oft vorkommeude
mangelhafte Ausstellung ihrer oder anderer Kunstwerke in
Galerien und gelegentlichen Expositionen; berufe mich ferner
als auf einen Beweis, wie man solche Mängel erkannt hat
und abstellen will, auf den speziell eingerichteten Rottmann-
Saal in der Neuen Pinakothek zu München, auf den großen
Saal des Wiener Künstlerhauses mit seinem Baldachin, auf
das neueingerichtete Nischensystem des königl. Museums zu
Berlin, auf den Louvre, auf die großen internationalen
Kunstausstellungen zu Paris rc. und ich berufe mich serner
auf daS Stilverständnis, demgemäß Werke der Kunst und
Kunstindustrie in dem Stile entsprechenden Räumen ausge-
stellt werden, was wohl ein religiöses Bild nicht weniger er-
sordert.

Hr. Prof. M. protestirt gegen den Vorwurf der „Bös-
willigkeit". Jch habe diesen Ausdruck nicht gebraucht. Jch
verwahrte mich nur gegen jene Auslassungen, welchs die
Thatsachen entstellen; als solche erübrigen aber, nachdem Hr.
Pros. M. aus seinem ersten Künstbriefe vom 15. v. M. von
mir beanständete irrige, die Wahrheit verletzende Ausdrücke
nachtrüglich in seiner Entgegnung selbst korrigirte, noch nach-
stehende zur Richtigstellung:

u) Hr. Prof. M. nannte die im Jnteresse der Stimmung
Prag, 18. Juni 1884.

eines Gemüldes vorgenommene Bekleidung einer Wand des
Ausstellungsraumes mit einfachen dunkelblauemTuche tadelnd:
„äußeren Prunk". Das ist unrichtig.

b) Wenn er von bei meinen Ausstellungen von mir an-
gewandten „Betschemeln" spricht, so involvirt dies eine Un-
wahrheit, da solche hierzu von mir nie benutzt wurden.

o) Es ist ferner unrichtig, wenn Hr. Pros. beim „Sym-
bolischen Christuskopf" von „zweierlei Blick" spricht; denn
ein solchsr kommt auf dem Bilde durchaus nicht vor, sondern
der Autor hat durch die, in entsprechender Begrenzung und
iür die Entfernung die Lider zart durchschimmernde An-
deutung des Blickes und den beseelten Ausdruck desselben,
sowie des Ganzen, dem Bilde eine symbolische Bedeutung ge-
geben, hinweisend auf den Bibeltext: „Und der dich be-
hütet, schläftnicht" Die Bezeichnung „zweierlei Blick"
ist demnach ebenso unrichtig wie es eine Beirrung war, nur
von „Fingern" am unteren Rande des Vildes „Es ist voll-
bracht!" zu sprechen, statt deren jetzt Hr. Prof. „andächtige
Hände" nennt.

ä) Wenn Hr. Prof. wörtlich sagt, „daß die „„Absonder-
lichkeit"" die eigentliche Anziehungskraft des Publikums sesseln
soll", so ist dies eine Entstellung der Jntention des Künstlers
und des Ausstellers, da selbstverständlich nur das Werk in
seiner Gesamtheit entscheidet.

s) Wenn Hr. Prof. M. hohen und Allerhöchsten Personen
als Motiv des Jnteresses an diesen Ausstellungen „Neugierde"
unterschiebt, so ist diss eine dreiste Entstellung, und Hr.
Prof. M. scheint keine Erfahrung darin zu haben, welch'
gründliche Prüfung ein Kunstwerk zu bestehsn hat, bevor es
dazu g elangt, durch ein Allerhöchstes Jnteresse besonders ans-
gezeichnet zu werden.

k) Eine in der ganzen gebildeten Welt, von Buchhänd-
lern, Kunsthändlern rc. geübte Gepflogenheit, bei Publika-
tionen Prospekte auszugeben und die meinerseits gelegentlich
der Zusammenstellung von Urteilen der ersten Kritiker der
bedeutendsten deutschen, englischen, italienischen rc. Blätter
verächtlich als „Lobkatalog", als triviale Marktankündigung
darstellen zu wollen — ist wiederum Entstellung von That-
sachen und gleichzeitig eine Beleidigung sowohl für die be-
treffenden Weltblätter, welche jene Kritiken publizirten, als
auch für die Fachmänner selbst.

A) Als eine weitere Entstellung muß ich dieÄußerung bezeich-
nen, „ich hätte dieGabriel Max'schen Gsmälde als „„Muster""
ausgegeben". Obwohl auch ich überzeugt bin, daß dieselben
zu den bedeutendsten Werken gehören, so habe ich jenes doch
nirgends gethan, aber ich kann seiner oppositionellen subjek-
tivenAnschauung den universellen, bei Fachmännern und Laien
durchdringenden Erfolg entgegenstellen. Daß die Originale
als „Muster" in anderem Sinne benutzt, d. h. unrechtmäßig
nachgemacht wurden, dagegen habe ich freilich häufig genug
meine Rechte geltend machen müssen.

ii) Was die erwähnten „lucrativen Zwecke" betrifft, so
sind solche wohl nicht ä tout prix zu verachten, da dieselben,
entgegen der Meinung des Hrn. Prof. Nt., eher „kunstfördernd"
sind als das Gegenteil, indem nur auf den lucrativen Resul-
taten der Wohlstand beruht und in dessen weiterer Konse-
quenz auch die Existenz und das Gedeihen der Kunst.

Diese Polemik ist ein Beweis, wie leicht es ist, die
Gabriel Max'schen Gemälde, sowie überhaupt alle originellen
Kunstwsrke und deren Ausstellung tendenziös anzugreifen,
wenn man Jdes und Jntention absichtlich ignorirt und
Thatsachen entstellt. Jch schließe diese Debatte, indem ich
mir erlaube, Namens der Kunst auf deren Recht der vollen
idealen Freiheit ihrer Schöpfungen hinzuweisen, mit den
Worten 1)r. Karl Stieler's: „Die Kunst ist kein Dogma,
darum soll sie auch kein Anathem für Andersdenkende haben,
sondern sie soll vielseitig sein, wie kein anderes Thun."

Mcolaus Lehmann.
 
Annotationen