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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

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Die Ausstellung von Kunstwerken aus Privatbesitz in Dresden
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Die Ausstellung von Kunstwerken aus Privatbesitz in Dresden.

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weitgehende Gcmeinschaft in der Erscheinung vermögen
diese etwas verblasencn Frauenkvpse ebcn so wenig zu
leugnen wie die Studienblätter vvn Gabriel Max:
Mädchen vo» gelblichcm Tcint, weit offenen und weit
auseinander stehenden Augcn, in die eine unergründ-
liche, rätselhaste Tiefe gesenkt ist. Studien von Ludw.
Knaus, B. Vautier, H. v. Angeli, von welch
letzterem auch ein Damenporträt zur Stelle ist, schließen
sich in der interessanten Sammlung an.

Die Miinchener Schule dürste im allgemeinen am
reichsten vertreten sei». Da ist Fr. v. Lenbach mit
einem für den Meister charakteristischen Fraucnporträt,
H. Baisch mit „Kühen auf der Weide", einem an derb
gesunder Farbenkrast strotzenden Bilde, da sind serner
Josef Braudt mit grvßcren und kleineren Arbeitcn,
darnnter nameiitlich ciner mit bekannter Meisterschast
gezeichneten „Podolischen Pvst", dereu feingcstimiuter,
grauer Silberton an Canaletto erinnert, Wilhelm Diez
mit zwci Bildcrn, von wclchen vorzugsweise die „Be-
trunkeuen Soldaten" Zeugnis von seincm Humor und
sciner koloristischcn Bedeutung ablegen, Ed. Grützner
mit seinem berühmten „L.vo Uaria im Klvsterkeller"
und zwei anch als psychologische Studien unvcrgleich-
lichen Darstellungen des heiteren Daseins trinkender
Mönche — und anderes mehr.

Die Berliner Küustler sind nicht ganz gleichwertig
vertreten. Ein Blatt von A. Menzel in Aguarell
rcsp. Gouache, „Badendc Jungcn", vermag trotz seiner
durchaus charakteristischcn Haltung den Mcister nicht
voll zu repräscntircn; besser geschieht dies durch den
in Austerschalen mit der Lupe snchcnden „Naturforschcr"
sür Fritz Werner. Carl Beckers „Morgcngruß",
jenes vielfach reproduzirte Werk, wieder im Origiual
begrllßen zu können, wird jedem willkvminen sein, cbenso
wie der erncute Anblick Vvn Landschaftcn E. Hilde-
brandts. Bon Ludwig Passini stammt ein grvßes,
in Farbe wie Zeichnung gleich bedeutendes Aguarell
„Kircheusccne", ein mit dcm Allerhciligsten durch die
Reihen Knieender schreitendcr Priester, sowie eine im
Tvne noch wärmer uud reicher gehaltene Vedutc aus
der Kirche dei Frari in Vcnedig, svwie die Darstcllung
ciner lebenssrischen rvthaarigcn Jtalienerin, die mit
kupsernen Kcsseln ausgeht, um Wasscr zu hvlen, —
alles von jcncr inneren Wahrhcit und Einfachheit,
welche unbezwingbar zum Herzen spricht.

Abgeschcn von den genanntcn Meistcrn zeigt sich
nvch in eincr Anzahl Gemäldcn Dllsscldorfs Beliebt-
heit bei den Dresdcner Samnilcrn. Es ist durch
Salentin, durch miniaturartig durchgebildete Ge-
flügelstücke von C. Jutz, durch C. Lasch u. a. ver-
tretcn. Neben Karlsruhe, dem außer den prächtigcn
und mit AudreaS Achenbach zu vergleichenden Arbeiten
H. Schönlebers und Ferdinand Kellers Dresdener

Theatervorhang auch die erst in jüngster Zeit ge-
schaffenen stimmungsvollen Landschaften von Hans
Gude zuzuweisen sind, tritt selbstverständlich Dresden
selbst in zahlreichen Bildern auf. An der Spitze steht
zwcifellvs Levn Pvhle iiiit den rühmlichst bekannten
PvrträtS des Königs und der Königin von Sachscn,
und zwei wciteren Arbeiten, in denen er sich gleichfalls
als berufencr Maler der vornehmen Welt erweist, der
jedvch nicht in schmcichelhafter Wiedergabe dcs Äußeren,
sondern in der Vertiesung in das Scelischc scine Aus-
gabe sucht. Ferd. Pauwels sehen wir in einem weib-
lichen Bildnis wvhl nicht ganz in seinem Gebiet, dvch
als geschmackvvllen Meister der Farbe, den zu srüh
Verstvrbenen G. A. Kuutz in mehreren seiner etwas
glatt, dvch stets mit ebenso großer Liebe wie mit Ver-
ständnis durchgebildeten Arbeiten, unter welchcn „Die
Beichte" in der crstaunlichcn Krast der Darstellung
des psychvlogisch-dramatischen Momentes schwer ihres-
gleichen finden wird. EineLandschast von Ludw. Richter,
pietätvvll mit dcm umschlcierten Lvrbeer gcschmllckt,
Bilder von Paul Kießling, namentlich desscn vvn der
Münchcner Ausstellung bekannte Madvnna, und cine
wirkungsvolle Landschast vvn R. Schenker seien ferner
nvch genaunt.

Aus Paris finden sich sast nur zierliche, mit dcm
spitzen Pinsel geschaffene Arbeiten. Obenan steht
Meissvnier mit ciner köstlichcn Scenc „Vvr dem
Wirtshaus". Willem van Beers u. a. nrbeiten mit
pikanter Mache im Geiste vvn A. Stevcns, Fichel liefert
Darstellungen cinzelner Jndividucn, E. Jsabey Archi-
tektonischcs. Aber auch im Gcbiet der Kleinmalerei
scheint Deutschland den Nachbar nicht mehr schenen
zu müssen: Breling in München, Friedländer und
Pettenkofen in Wien u. a. geben'dafür die Belege.

Eiu besonderes Jnteresse gewinnt die Ausstellung
serner dnrch die Plastik. Wochenlang bildcte gerade
diescr Tcil das unendlich variirte Gcsprächsthcma dcr
kunstsinnigen Kreise Dresdens. Denn mehrere hervor-
ragcnde Künstler versuchten die Frage Treu's: „Svllen
wir unsere Statuen bemalen?" praktisch zu beant-
wvrten.

Der außerordentlich seine, mit höchster Anmut
wiedergegebene Frauenporträtkvpf, welchen Carl Schlü-
ter modellirte, sowie dic energisch charakterisirten weib-
lichcn Büstcn (Rumänierin, Studienkopf) Vvn Rvbert
Dictz, sind in vollcr naturalistischcr Wahrhcit, erstcrer
von Leon Pvhle, bemalt worden. Mag man nnn
von dem Rcsultat an sich ergriffcn oder unbefriedigt
scin, — eines hat dies Vorgehen meines Erachtcns zur
Evidenz crwiesen, nämlich daß auch eine moderne be-
malte Büste einen vollendet künstlcrischen Eindruck
machen kann. Dicsen schvn jetzt wirklich hervorzu-
rufen, fehtt es wohl noch an der Technik, aber ich ge-
 
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