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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0124

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Kunstsammlung Czartoryski. Der Fürst Czartoryski
hat einen Teil seiner bedeutsamen Kunstsammlungen, die
sich bisher teils in seinem Museum zu Krakau, teils im
Schlosse Ooluchow bei Pieschen, nahe der russischen Grenze,
befanden, der größeren Sicherheit halber nach Dresden ge-
schafft, wo sie teils in der Kgl. Gemäldegalerie, teils im
Grünen Gewölbe untergebracht worden sind und zum Teil
auch öffentlich gezeigt werden. Unter den Gemälden, die
in der Galerie im Wallpavillon des Zwingers Mittwochs
und Sonnabends besichtigt werden können, befinden sich
von der Kunstforschung anerkannte ganz hervorragende
Bilder, wie die großartige Gewitterlandschaft mit dem barm-
herzigen Samariter von Rembrandt aus dem Jahre 1638, von
Raffael das Bildnis eines jungen selbstbewußten Mannes
mit Barett und das köstliche Bildnis einer jungen Dame
mit einem kleinen weißen Hermelin auf dem Schoß.
Letzteres zeigt auf der schwarzen späteren Übermalung
des Hintergrundes die Inschrift Lionardo da Vinci La belle
Ferroniere. Die Ähnlichkeit mif dem Lionardoschen Bildnis
im Louvre — auch durch das Stirnband mit dem Kleinod
in der Mitte — Ferroniere gegeben — ist vorhanden,
doch schreiben Kenner wie Woldemar von Seidlitz das
kostbare Bildnis eher dem Ambrogio de Predis zu. Dem
Francois Clouet, dem Hofmaler von vier französischen
Königen (1522—72), von dem, wie bekannt, nur zwei be-
glaubigte Bilder vorhanden sind, werden drei Bildnisse zu-
geschrieben, von denen zwei — Renata von Ferrara und Luise
von Lothringen — in der Tat die kennzeichnenden Züge des
jungen Clouet tragen. Der Altflorentiner Lorenzo Monaco
ist in der Sammlung mit einem verblichenen Tempera-
gemälde, darstellend die Heiligen Reparata und Romuald, ver-
treten. Die Bildnisse Karls VIII. und seiner Gemahlin Anna
von Bretagne sind nur als niederländische Schule 17. Jahr-
hunderts bezeichnet. Weiter ist die niederländische Kunst
noch durch zwei bürgerliche Bildnisse von dem Rembrandt-
Zeitgenossen Bartholomäus van der Heist, sowie durch eine
Flußlandschaft von Salomon Ruisdael, die vlämische Schule
durch ein Frauenbildnis von Frans Pourbus d. J. vertreten.
Von dem sächsischen Hofmaler Louis de Silvestre stammt
ein ausgezeichnetes lebensgroßes Bildnis Augusts des
Starken in ganzer Figur in kriegerischer Tracht, im Hinter-
grunde sieht man die Belagerung einer Stadt durch Artillerie;
ein wohlerhaltenes Bildnis eines Sohnes Augusts III. von
Sachsen und Polen stammt von Rosalba Carriera. Ein
selten vorkommender Meister ist sodann Jean Pierre Nor-
blin de la Pourdaine (1745—1830), ein geborener Franzose,
der unter Casanova an der neu gegründeten Dresdner
Kunstakademie studierte und 1771 dort den großen'Maler-
preis gewann. Der Fürst A. Czartoryski nahm ihn 1772
mit nach Polen, wo er Hofmaler wurde und in Warschau
eine Malerschule gründete. Außer Bildnissen malte er auch
Szenen aus dem städtischen Lebens Polens. Hier sehen
wir von ihm zwei überaus figurenreiche Bilder des Pferde-
marktes auf einem weiten Platze Warschaus und des
Marktgetriebes in Praga bei Warschau. Merkwürdig ist
in diesen beiden Bildern die scharfe Trennung der Gründe:
nur der unmittelbare Vordergrund zeigt einige Lokalfarben,
das übrige ist fast grau in grau gemall. Besondere Zierden
der Sammlung sind eine Reihe von Wandteppichen, darunter
vier kleinere altdeutsche, Christus am Ölberg, Geißelung
Christi, Dornenkrönung und Ecce homo aus der Mitte des
15. Jahrhunderts, ein feines Christusbild vlämischer Her-
kunft und drei große prächtige, figurenreiche Teppiche fran-
zösischer Herkunft (um 1620), deren Darstellungen nicht
ohne weiteres klar sind, sowie ein niederländischer Liebes-
garten. Endlich ist noch das feine vornehme Bildnis der
Gräfin Iza Dzialynska geb. Czartoryska zu nennen, welche
mit feinem Sammlerverständnis die reichen Kunstschätze

des Hauses zusammengebracht hat, ein Werk des Fran-
zosen Edouard Dubufe (1820—83), der seinerzeit be-
liebteste Damenbildnismaler der höchsten Pariser Aristo-
kratie. Die kunstgewerblichen Sammlungen des Fürsten
Czartoryski sind zumeist in den Lagerräumen des Grünen
Gewölbes ausgestellt, einige hervorragende Stücke in der
Sammlung selbst. ^

Der letzte Bericht des Märkischen Museums in
Berlin gibt einen Überblick über die Neuerwerbungen in
fast allen Sammelgebieten. Den bedeutendsten Zuwachs
erhielt die vorgeschichtliche Abteilung, Ergebnisse der von
dem Prähistoriker des Museums Dr. Kiekebusch vorge-
nommenen Ausgrabungen in der Mark. An die kunst-
gewerbliche Abteilung kamen besonders Gläser der Zech-
liner und Potsdamer Hütten, Fayencen von Potsdam und
Rheinsberg und Berliner Porzellane, auch solche der von
der Königlichen Manufaktur gegründeten Wegelyschen
Fabrik. Einen besonders wertvollen Zuwachs der Bilder-
abteilung bilden zwei Ölporträts von Franz Krüger, von
dem auch zahlreiche Zeichnungen in den Besitz des Museums
kamen. Der Besuch hat sich im Berichtsjahre wiederum
bedeutend gehoben.

Teile der wichtigsten Ausstellungsgegenstände der

Bugra werden als Stiftung für schon bestehende Samm-
lungen oder als eigene Sammlungen der Stadt Leipzig
erhalten bleiben. Das Museum für Völkerkunde erhielt
die vorgeschichtliche und völkerkundliche Abteilung der
Kulturhalle, das Leipziger Institut für Universalgeschichte
die von dem Historiker Karl Lamprecht ins Leben gerufene
Grundausstellung. Den Löwenanteil der Stiftungen be-
kommt naturgemäß das deutsche Buchgewerbe- und Schrift-
museum in Leipzig. Die Sammlung enthielt sämtliche
technische belehrende Sonderausstellungen. Aus den Gegen-
ständen der Photographischen Abteilung wird ein Photo-
graphisches Museum gegründet. Die Sonderausstellung
»Der Kaufmann« will die Leipziger Handelskammer zu
einem Handelsmuseum ausgestalten.

VEREINE

® In der Januarsitzung der Berliner Kunstgeschicht-
lichen Gesellschaft gab Herr Grisebach eine Charakte-
ristik von Schinkels architektonischem Stil auf Grund der
im Schinkel-Museum verwahrten zahlreichen nachgelassenen
Entwürfe des Meisters. Aus ihnen erst läßt sich ersehen,
daß die Berliner Bauakademie in ihrem Versuch der or-
ganischen Verbindung gotischer und klassizistischer Form-
gedanken nicht ein vereinzeltes Experiment war, sondern
lediglich der einzige wirklich zustande gekommene Bau aus
einer langen Reihe von Versuchen, die eine konsequente Be-
mühung um das Problem dieser Stilverschmelzung bedeuten.
In der früheren Zeit gehen in Schinkels Schaffens klassi-
zistische und gotische Entwürfe gleichberechtigt neben-
einander, wie er noch für die 1821 erbaute Werdersche
Kirche Vorschläge in beiden Stilarten einreichte. Von etwa
1825 bis 1840 reichen dann die Entwürfe, in denen das Be-
mühen um die Durchdringung der mittelalterlichen und
antiken Stilprinzipien zum Ausdruck gelangt. Der schöne
Plan eines Bibliotheksgebäudes, das unmittelbar hinter der
Berliner Universität errichtet werden sollte, ist charakte-
risiert durch den gotischen Vertikalismus seiner Gliederung,
die aber von einem klassizistischen Empfinden durchdrungen
ist, und ebenso zeigt die Bauakademie in der Korrespon-
denz des inneren Organismus mit der Fassadenbildung das
mittelalterliche Prinzip, das aber einer rhythmischen Propor-
tionierung im klassizistischen Sinne untergeordnet ist.

Hierauf gab Herr Goldschmidt einige Bemerkungen
zu dem Monforte-Altar des Hugo van der Goes. Zunächst
wies er darauf hin, daß die Rekonstruktion der Flügel nach
 
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