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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0160

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Vermischtes

302

das in Indien schon zur Zeit Asokas nachweisbar und
sicherlich aus dem antiken Kunstkreise abzuleiten ist. Die
Shakatrinität des Kuramatsukuri Tori im Kondö des Höryüji
ist das bekannteste Beispiel des Stiles. Tori war der Enkel
eines von China eingewanderten Meisters, und in den
Höhlentempeln dort finden sich mannigfache Analogien.
Die Kwannon des Yümedono zeigt die charakteristische
Reliefbildung, die in der Kokuzö des Höryüji in einer noch
primitiven Lösung, durch Ausbildung von vier distinkten
Ansichten zur Vollplastik zu wandeln versucht wird. Die
Chügüji-Kwannon zeigt das gleiche Streben bei der Sitz-
figur. Die Hakuhözeit (ca. 650—710) in Japan spiegelt die
erste Entwicklungsphase der drei Jahrhunderte der Herr-
schaft der T'angkaiser (ca. 600—900). Die Shökwannon des
Töindö im Yakushiji steht am Eingang, die gewaltige Yaku-
shitrinität des gleichen Tempels am Ausgang dieser Epoche.
Chinesische Steinreliefs der T'angzeit geben die Annalogie.
Die Tempyözeit (ca. 710—784) in Japan ist die erste Glanz-
zeit der buddhistischen Skulptur in Ostasien. Der Daibutsu
in Nara wurde im Jahre 743 gestiftet. Wie das arg zer-
störte und schlimm ergänzte Riesenwerk zu rekonstruieren
wäre, zeigt der schöne Roshana des Töshödaiji, der von
chinesischen Meistern gearbeitet wurde. Ein Beispiel der
großen Freiheit in Anordnung und Oewandanlage, wie sie
diese Zeit erreichte, ist der Shaka des Jingoji und ebenso
der Yuima des Hokkeji, der schon hinüberführt zu der
individualisierenden Porträtplastik der Zeit, für die eine
Reihe glänzender Beispiele zeugen. Neben diesem Typus
der buddhistischen Skulptur, die auf der Grundlage der
indischen Vorbilder entstanden ist, stehen einige Gewand-
figuren von rein chinesischem Typus wie die Bonten und
Taishaku des Sangatsudö im Tödaiji, die vielleicht im Zu-
sammenhang mit der altchinesischen Kunstübung zu er-
klären sind, wie auch die Tongruppen der Pagode des
Höryüji auf eine Beziehung zu den bekannten chinesischen
Grabstatuetten aus Ton hinweisen. Vorsicht in dieser
Deutung ist aber geboten, da die ebenfalls in diese Kate-
gorie gehörigen Jüdaideshi des Köfukuji von der Tradition
einem im übrigen allerdings unbekannten indischen Bildhauer
Mondöshi zugeschrieben werden. Die zugehörigen Hachibu
führen auf die Dämonendarstellungen der Zeit, von denen
die Haupttypen in den Shitennö des Sangatsudö und Kai-
danin des Tödaiji und den Jünishinshö des Shinyakushiji
erhalten sind. Das erste Jahrhundert der Heianperiode
(ca. 784—1180), die sogenannte Jöganzeit bringt eine eigen-
tümlich barocke Umbildung der Formen, ein Breiterwerden,
wulstige Falten, ausdrucksvoll charakteristische Typen. Der
Yakushi des Jingoji ist ein Hauptbeispiel. Die Zurück-
führung auf China wird nahegelegt durch die Vorbereitung
des Stiles schon in der von chinesischen Meistern gearbei-
teten Hauptgruppe des Töshödaiji, deren Yakushi das Vor-
bild für den Shaka des Muröji wurde. Auch der sogenannte
Daianjistil gehört in diese Kategorie. Schon innerhalb dieses
Stiles zeigt sich eine starke Neigung zu einer ornamentalen
Ordnung der Falten, die angeregt wird durch eine aus-
gesprochen archaisierende Neigung der späten T'angkunst.
Diese wiederum steht in Zusammenhang mit den mystischen
Zauberkulten der neuen Geheimsekten, die im 6.-7. Jahr-
hundert in Indien entstanden, zu Aufang des 8. Jahrhunderts
nach China und von dort nach Japan übertragen wurden.
Die Götterbilder, die die Begründer der neuen Sekten vom
Festland mitbrachten, sind durch die Makurahonzon des
Köbö: Daishi, den Shaka des Seiryöji die neunköpfige
Kwannon des Höryüji charakterisiert, deren vollen Gegen-
satz die sicher ältere Jüichimen das Hokkeji bedeutet. Im

Jahre 847 kamen die Hauptbilder des Töji nach Japan, der
Bishamon, der im Gegensatz zu der stark bewegten Form
früherer Tempelhüter das hieratische Ideal der neuen
Zeit darstellt, und die Kokuzö, das beste chinesische Werk
des 9. Jahrhunderts. Deren japanische Übertragung in den
Godaikokuzö des Jingoji bedeutet den Beginn der rein
klassizistischen Fujiwaraplastik in Japan, deren gefeiertes
Hauptwerk in dem Amida des Höwödö von dem Meister
Jöchö erhalten ist. Wie selbst das Porträt sich dem Stil-
zwange fügt, zeigt der Chishö Daishi des Onjöji. Japan
war in den drei Jahrhunderten der Fujiwaraherrschaft relativ
unabhängig von China. Das bedeutet aber nicht, daß nun eine
selbständige Entwicklung einsetzte, es verharrte vielmehr
in den traditionellen Formen und machte die Weiterbildung
nicht mit, die für die folgende Zeit in China selbst voraus-
gesetzt werden muß. Die überraschende Stilwandlung zu
Beginn der Kamakurazeit (ca. 1180-1335) läßt sich nicht,
wie es in Japan üblich ist, durch den Wiederanschluß an
die alte Narakunst erklären, auch nicht durch das Auftreten
genialer Meister, des Kökei und seiner Söhne Unkei und
Jökei, sondern muß auf chinesische Vorbilder zurückgeführt
werden. Die Stilbildung geht vollkommen überein mit der
gleichzeitigen Entwicklung der Malerei, und wenigstens eine
Denkmälergruppe, nämlich die großen Lohanstatuen aus
Ton, die in den letzten Jahren bekannt wurden, geben den
Typus, der den Hossöpriestern des Kökei zugrunde liegt.
Daß für die Wiederherstellungsarbeiten am Tödaiji 1193
chinesische Meister berufen wurden, von deren Werken
leider so gut wie nichts erhalten blieb, spricht ebenfalls für
diese These. Die beiden großen Statuen des Asangha und
Vasubandhu, die traditionell dem Unkei zugeschrieben
werden, sind das Hauptwerk der Zeit. Die Shitennö Kökeis
in Köfukuji und Jökeis Shökwannon im Kuramadera sind
die reifsten Arbeiten, die erhalten blieben. Für die Folge-
zeit blieb aber in der eigentlich buddhistischen Skulptur
das alte klassizistische Ideal der Fujiwarakunst maßgebend.
Der Daibutsu von Kamakura ist das bekannteste Beispiel
der späteren buddhistischen Plastik, die eine Entwicklung
nach dieser Zeit nicht mehr erlebte.

VERMISCHTES
Die Berliner Sezession, das ist die Gruppe derer um
Corinth, gibt jetzt ein Kriegsunternehmen heraus, das beim
Fehlen von Kunstausstellungen die Künstler ihres Kreises
zum Publikum in Beziehung setzen soll. Es sind Mappen
mit Original-Lithographien der Künstler, jede Mappe mit
einem farbigen Blatte und mehreren Lithographien in
Schwarz-Weiß. Für die erste Mappe hat Lovis Corinth sein
berühmtes Bild Rudolf Rittners aus der Schlußszene von
Gerhart Hauptmanns Florian Geyer als deutschen Banner-
träger lithographiert. Emil Pottner ist mit einer farbigen
Lithogaphie vom Geflügelhof vertreten, Adolf Eduard Her-
stein lithographierte Johann Sebastian Bach, und der Maler
Paul Bach zeichnete den Auszug des Tiroler Landsturms
aus einem Bergstädtchen.

Professor Max Liebermann hat jetzt sein erstes großes
Offiziersbildnis in Feldgrau vollendet. Es ist ein Husaren-
oberst, der sich von Liebermann hat malen lassen. Die
prächtige Erscheinung des Offiziers, den die Eisernen Kreuze
beider Klassen schmücken, ist in einem Sessel sitzend an-
geordnet. Der Husarenoberst, der im sogenannten Knie-
stück dargestellt ist, hält mit der Linken seinen Säbel übers
Knie. Von den feinen farbigen Reizen des Feldgrau der
Uniform hat sich Liebermann zu einer temperamentvollen
malerischen Gestaltung anregen lassen.

Inhalt: Aus dem Hamburger Kunstleben. — August Wolff; Ferdinand von Harrach f; Hans Wiegandf; Alfred von Wierusz-Kowalski f. —
Personalien. — Ein Irrtum Vasaris. — Innerschweizerische Vereinigung für Heimatschutz. — Aufstellung einer Bronzebüste des Professors
Alexander Conze im neuen Berliner Pergamon-Museum. — Die Statuette einer minoischen Schlangengöttin. — Auffindung eines altchrist-
lichen Ooldglases in Ostpreußen; Funde aus der Steinzeit in Heidelberg; Antikenfund in Tripolis. — Ausstellung im Berliner Glaspalast;
Ausstellung alter Kunst bei Fred. Muller & Co. in Amsterdam. — Berliner Kunstgeschichtliche Gesellschaft. — Vermischtes. — Anzeige.
 
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