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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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483

Ausstellungen

484

Im Kunsthaus Brakl in München findet derzeit eine
große, etwa 200 Kriegsbilder umfassende Ausstellung von
Münchener Künstlern statt, wobei unter anderm Hayek,
Dill, Jank und Bauriegl mit Werken vertreten sind.



Ausstellungen in Amsterdam. In Amsterdam hat
sich kürzlich eine neue Sezession gebildet, die sich
»de Hollandsche Kunstenaarskring« nennt und die
augenblicklich im Städtischen Museum ihre erste Aus-
stellung abhält; neuen Kräften begegnet man dabei
allerdings nicht, die Maler, die sich hier ein Stelldichein
geben, sind von den Ausstellungen der anderen Künstler-
vereine her, denen sie außerdem noch als Mitglieder an-
gehören, schon bekannt. Die Gründe, die sie zu dieser
neuen Gruppierung geführt haben, sind mehr ausstellungs-
technischer als prinzipieller Art; es ist ein Verein mit we-
nigen Mitgliedern, der natürlich dem Einzelnen bedeutend
mehr Raum zur Verfügung stellen kann als einer der
großen Verbände, wo das Wertvolle außerdem Gefahr
läuft, durch die Masse des Schundes erdrückt zu werden.
Auf irgend eine bestimmte Richtung sind die Mitglieder
nicht eingeschworen, obwohl sich bei allen ein ent-
schiedenes Streben nach neuen Entwicklungsmöglichkeiten
kundgibt. Einer der Ultramodernsten ist der Landschafter
Leo Gestel, der die herbe Bergnatur der Insel Mallorka
nach den kubistischen Prinzipien umdeutet und zergliedert;
und man muß zugeben, es gelingt ihm, Stil in diese
Landschaften zu bringen und das strenge Liniengefüge
durch eine Farbenskala, die oft von einer ätherischen
Zartheit, oft von einer wunderbaren Tiefe und Wärme ist,
zu beleben und zu beseelen; auch das Sichdehnen des
Raumes und das Sichrunden der Dinge weiß er zum Aus-
druck zu bringen. Gestel sieht die Natur nur vom Stand-
punkt des Kubisten; diese Methode oder diese Auffassung
scheint ihm für seine Art zu sehen zwingender, folge-
richtiger, unumgänglicher als z. B. für Sluyters, der so
kann — aber auch anders. Man wird deshalb bei Sluyters
das Gefühl nicht los, daß diese Manier für ihn nur etwas
Äußerliches ist, das man annehmen, aber auch fahren
lassen kann, je nachdem; bei Sluyters ist es mehr ein
Experimentieren, ein Spiel, bei Gestel scheint es tiefste
Überzeugung. Doch muß man bei Sluyters stets das große
Talent bewundern, sowohl die erstaunlich scharfe Beob-
achtungsgabe, wie sie sich z. B. in einem nach allen Regeln
der herkömmlichen Malweise verfertigten Bildnis eines
Säuglings verrät, wie die Fähigkeit zu komponieren und
die menschliche Figur, in einem speziellen Fall eine Frau,
die ihr Kind säugt, nach der kubistischen Methode, um-
zuformen, umzuschaffen zu etwas Übermenschlichem, zu
einem Symbol der Fruchtbarkeit. Von den modernen
Theorien nicht angekränkelt ist Piet van der Hern, der
geistreiche und elegante Darsteller des mondänen oder
demimondänen Lebens; seine Charakteristik der Figuren
ist meist treffend und schart; seine flott gemalten Tingel-
tangel- und Kaffeehausszenen, sowie seine Stierkämpfe —
die Ausbeute seiner vorjährigen spanischen Reise — sind
alle von großer Frische und zeugen von einem geübten
Blick für kräftige malerische Effekte. Aber es ist mehr
die bunte Außenseite der Dinge, die van der Hern inter-
essiert, Sluyters und Gestel suchen tiefer zu dringen, van
der Hem sieht z. B. nie das Tragische, das bei manchen
seiner Themen, wo er Dirnen oder Tänzerinnen darstellt,
doch oft so nahe läge. Auch der verwundete Torrero,
der neben einem blutenden Pferde weggeschleppt wird,
löst keine tieferen Empfindungen aus; der Flitterstaat der
Figuren und im einzelnen die Plastizität der feststehenden
Beine in den weißen Strümpfen oder der braunen schlanken
Hände ist das, was den stärksten Eindruck hinterläßt.

Diese Sorgfalt in der Ausarbeitung des Details fehlt bei
Maks, der ähnliche Motive behandelt. Maks wirkt daneben
kräftiger, vielleicht auch roher, seine Manier ist skizzen-
hafter, mehr auf größeren Abstand berechnet; aber seine
Gartenszene mit der Teegesellschaft, die zwei flanierenden
Kokotten und der imposante Zuluneger sind doch in ihrer
Art sehr wirkungsvolle Stücke. Durch die Charakteristik
der lebensgroßen Figuren ausgezeichnet ist ein Werk von
J. Pollones, Amsterdamer Volkstypen, ein junger Mann und
eine junge Frau vor einer hellen Wand sitzend, die wenigen
Farben in breiten Flächen aufgetragen. Die zuletzt ge-
nannten Figurenmaler v. d. Hem, Maks und Pollones können
ebensowenig auf irgendeine bestimmte Richtung festge-
nagelt werden wie die Landschafter van Bladeren, van
Wyngaerdt und Wolter; sie haben sich gegenüber den
Dingen und der Natur ihre Unbefangenheit bewahrt; sie
streben nicht nach Stil, sondern nach Naturwahrheit, die
nur bei Piet van Wyngaerdt eine starke subjektive Färbung
bekommt. Bei manchen Landschaften von van Bladeren,
die in einer lichten zarten Farbenskala gehalten sind, wird
man an Cezanne erinnert; auffallend ist bei einem Werke
besonders die starke Helle, die der Luft eigen ist; van
Bladeren ist wie van Wyngaerdt auch Stillebenmaler. Ge-
sunde Auffassung und gediegenes Können kennzeichnen
die Hafenbilder von der englischen Küste, die Wolter ein-
gesandt hat.

Die gleichzeitige Ausstellung bei »Arti« stand dies-
mal auf einem höheren Niveau als gewöhnlich; nicht als
ob der dilettantischen Machwerke weniger geworden
wären; leider war noch viel zu viel davon zu sehen. Aber
es waren doch auch verschiedene ältere wie jüngere Mit-
glieder durch wirklich, erfreuliche und beachtenswerte
Leistungen vertreten; und die Hängekommission hatte gut
ihres Amtes gewaltet und den Weizen von der Spreu ge-
schieden. Besondere Erwähnung verdienen einige Porträts.
Jan Veth, der Vielseitige, hatte ein Porträt des Amsterdamer
Akademiedirektors der Kinderen eingesandt; der sorgfältig
gezeichnete charakteristische Kopf, der in Seitenansicht
gegeben war, war voll Leben, zugleich war die Persön-
lichkeit des Dargestellten gut getroffen; aber wie das Veths
Art ist, im ganzen etwas nüchtern und der pikturalen Quali-
täten ermangelnd. Veth ist nun einmal in erster Linie
Zeichner, weshalb seine auf Stein gezeichneten Bildnisse
auch künstlerisch weit mehr befriedigen als seine Ölgemälde.
Viel mehr malerisch empfunden war das Brustbildnis des
früheren Amsterdamer Akademiedirektors Allebe von de
Rueter, das als Gegenstück gegenüber aufgehängt war;
hier war Rundung und Farbe, dafür vermißte man aber
etwas von der psychologischen Eindringlichkeit, die Veth
eigen ist. Von Porträts sind ferner noch hervorzuheben
ein frisches, sprechendes Brustbildnis einer Dame von dem
Rotterdamer Akademieprofessor Huib Luns, das pikante
Porträt einer stehenden jungen Dame von dem jungen
Amsterdamer Maler F. Hogerwaard und das gleichfalls
lebensgroße Porträt einer stehenden Dame in aparter
Toilette von Jan Sluyters, von einem gewissen morbiden
tragischen Reiz, das einzige Bildnis, das nicht in erster
Linie nach Ähnlichkeit strebte, sondern das das tiefere
Wesen des Menschen in einem Werke voll Haltung und
Stil zum Ausdruck zu bringen suchte. Auch das Porträt
eines geigespielenden jungen Mädchens von Fräulein Drup-
steen ist durch die feine Wiedergabe des spröden knospen-
haften Charakters eine verdienstliche Arbeit. Im übrigen
seien noch erwähnt zwei Amsterdamer Straßenbilder mit
Figuren von Breitner, zwei traumhafte kleine Landschaften
mit idyllischen Bauernhäuschen von Ed. Karsen, eine
größere Abendlandschaft von Wiggers von einem eigen-
artigen Stimmungsgehalt und ein phantastisches Bild der
 
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