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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,2.1907

DOI Heft:
Heft 15 (1. Maiheft 1907)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Peter Philippi
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.8626#0175

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Wert unter den mannigfaltrgen Erscheinungen der Maltechnik, diesen
erstrebe ich und verzichte zu seinen Gunsten aus ein tastendes Suchen
nach höheren koloristischen Reizen, solange ich keinen Weg gefunden
habe, letztere rnit ersterem zu vereinigen." Philippi ist ein „delikater"
Maler, ein sicherer Herausholer von Farbenwerten aus der Natur
und ein Zusammenstimmer solcher Werte zu Bildern. Er erinnert
im Kolorit an die guten älteren Dänen. Seine Liebe für Einzel-
heiten läßt möglicherweise den Beschauer, wenn auch nur ganz aus
der Ferne, an Kabinettstückmaler, wie Meissonier, erinnern. Auch
Philippi gibt ja mitunter sast miniaturenmäßige Kabinettstücke. Aber
mit dem eigentlichen Malertum ist Philippis Bedeutung lange noch
nicht erschöpft. Bekanntlich langweilt selbst ein Meissonier manche
Leute, denen die Kabinettstückmalerei nicht die höchste ist. Kann auch
Philippi einen langweilen? Einen, der kulturhistorische Interessen
hat, schwerlich. Einen, der an Seelenschilderung Freude hat, noch
weniger. Einen, der Humor hat, nie. Das führt uns über den
Maler hinaus zum Künstler im allgemeineren und unsrer Meinung
nach im übergeordneten Sinne. And es rechtsertigt die Kunstwart-
mappe, die wir jüngst herausgegeben habenZ denn von dem geistigen
Elemente Philippis können nicht bloß die Arwerke, können auch
Nachbildungen ein gerüttelt Maß voll mitteilen.

„Also ist er eigentlich ein Illustrator? Oder ein Anekdoten--
maler? Oho, was braucht es den Auswand von Leinwand und Farbe,
wenn sich, was einer hat, schon mit Schwarz-Weiß wiedergeben läßt?
Gehört euer Mann in die Reihe der Busch und Oberländer?" In-
sosern er tzumorist ist, sicher, aber insosern nicht: als er in der Tat
ein humoristischer Maler ist. Nur gezeichnet, gäben Philippis Kom-
positionen lange nicht, was sie als Gemälde geben und wovon auch
in den Reproduktionen unsrer Mappe vom Original her immer noch
viel mehr hangen geblieben ist, als in gezeichnete Kompositionen ge-
steckt werden könnte. Busch kommt da zum Vergleich nicht in Frage,
weil er kaum gemalt hat, und Oberländer beweist gerade mit seinen
Ölbildern, daß er ein genialer humoristischer Zeichner ist: die
Durchbildung mit dem Pinsel nimmt seinen Kompositionen eher, als
sie dazutut. Denn wo etwas mit verschiedenen Mitteln erstrebt wird,
da werden wir nach dem Gesetz vom kleinsten Kraftmaß fröhlicher,
wo der Mittelauswand der kleinere war; gerade in der höchsten Ver-
einsachung liegt bei Oberländer wie Busch ein höchster Reiz. Bei
Philippi ist's anders. Er hat im stärksten Maß, was wir trockenen
Humor zu nennen pslegen. Er hat stets die Miene allergewissen-
haftester Sachlichkeit. Lr malt den Stiefelknecht und die sarbige
Schachtel für schmutzige Wäsche mit derselben, sagen wir: Lhrfurcht,
wie das Haupt seines büfselnden Studenten, malt die korrekten Zacken
am Anterrock und die warmen Schuhe von Tante Lotte genau so
unerschütterlich seriös wie ihr von Wichtigkeiten geformtes Angesicht,
und das edelgemähnte Haupt des wohlgesleckten Schaukelpserdes aus

* Philippi-Mappe, herausgcgeben vom Kunstwart. Sieben aus
Karton aufgezogene Bilder, teils farbig, teils mit Mehrplatten-Autotypie,
teils mit Lichtdruck. München, Callwey, H Mk.

^ l. Maihest V07 ^59
 
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