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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,2.1907

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Heft 20 (2. Juliheft 1907)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8626#0531

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Was ist mit denen, die erstickt werden nritten in grober Zerstörung?

Was ist mit denen, die ihre Augen schließen mitten im Licht?

Was ist mit denen, die einander töten?

Sie werden schwer und versinken wieder, damit Boden unter unsern Füßen
bleibe,

Dieser Boden, den ich küsse, aus dem die Menschen auserstehen,

Seele der Lrde, fremd den vielen Gestirnen, doch ihnen ähnlich.

Mein ist eine Seele und was über ihr steht, außer aller Fassung, sie im
Auge haltend;

Mein dieser Inhalt eines einzigen Menschen;

Mein die Reisen in der Oberfläche der Lrde

Und durch das Geschehen der Welt, wo immer ich forschen mag, nachsinnend
hinter den Augenlidern;

Mein der Trieb aller Dinge, die mich mitreißen:

Der Schiffe und der Wagen; der Werke, der Gedanken und der Träume
und die überaus große Tat, Christus:

Zu dem Zustand der Ordnung hin, der vollzogenen Gerechtigkeit.

Ich suche das Ernste, Stille, unendlich Feierliche, Würdige,

Erlöste und Lrdachte; den Zustand frommer Schweigsamkeit,

Des ruhigen Triumphs geschehener Schöpfung; der sehnsuchtlosen heitern
klösterlichen Gedankengänge;

Der Mannesgröße in der feinen Erkenntnis unsres Geistes, der in alle
Poren der Welt zart eindringt.

Den lehten Traum, das Land der Frühlingsreife,

Zum Auferwachen ledig jeder Hülle, ledig selbst der Mannheit,

Um Gott zu schauen, den Rnabhängigen.

Meine Augen

Ich öanke Gott für meine Sinne.

(O ihr Gelehrtenl laßt mir, der ich nicht euer Geschöpf bin, die Wonne der
Dankbarkeit.)

Ich danke Gott für meine Augen.

Mit ihnen kann ich das Licht sehen und das Licht suchen des Nachts;
Mit ihnen kann ich mich in der Welt zurechtfinden;

Sie wäre sonst nur ein Gefängnislärm, und nur Schonung, was mir
geschähe.

O meine Augen, die mich aus der Lnge befreienl

Ich kann die Seele der Welt sehen: den Himmel, höher denn alles, was
geschieht.

Ihr sättigt mich mit Behagen an den unendlichen Mischungen des Lichts.

Ihr jauchzt dem Blitz entgegen, und wenn er euch erschlüge!

Ihr hebt euch vor die Sonne und leidet vor Entzücken, badend, ganz
durchflossen von ihrem Feuer.

Ihr wollt hineindringen durch dies einzige Tor!

Bis ihr ohnmächtig werdet, geblendet vor lauter Wonne.

H50 Kunstwart XX, 20
 
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