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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,2.1907

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Heft 23 (1. Septemberheft 1907)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8626#0723

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eben oder lächelten wenigstens über ihn und bezahlten dafür. Leicht
zu verstehen war und ist er ja nicht, auch nicht mit Hilfe der vier
Bände, die seine Freunde als „Gesanrmelte Werke" bei Schuster L
Löffler in Berlin herausgegeben haben. Ia, mir scheint, als müsse sein
gesprochenes Wort besser verstanden worden sein als das gedruckte, das
oft doch gar zu hilflos und unbewältigt auf dem Papiere steht. Seine
Kunst, schreibt Iulius Hart in der Vorrede zum ersten Bande: „wandelt
wie im Lraume unter den Dingen und Erscheinungen einher. Sie ver-
knüpft und entwickelt nicht viel, sie erklärt zu wenig und organisiert
nicht, faßt nicht willenskräftig zusammen. Sie blickt fast nur in sich und
sieht kaum um sich . . . Doch die Seele vernimmt das Klingen und
Tönen einer andern Menschenseele, ein Raunen und Flüstern schwin-
gender Saiten, und aus oft bizarren Wortbildern, launisch phantastischen
Farben, hin- und herspringender packender Gleichnissprache, hart neben-
einandergesetzten Lauten, zerhackten Sätzen weben sich Gefühle und Ge-
stalten, die gerade durch ihr Vages und Flietzendes . . . jene Stimmung
des Bnendlichen, des in der Natur und in der Welt ertrunkenen Wesens
in uns auslösen, in dem der Dichter mit seinen tiefsten Wurzeln ruhte,
seine letzte Heimat der Ruhe fand". Damit ist auch gesagt, daß Hille
sein Bestes in lyrischer Form niedergelegt hat. Unsre Proben beschrän-
ken sich deshalb auf die lyrisch-aphoristische, manchmal auch erzählerische
Kleinkunst, in der Hille manches Ligene und sehr Feine gesagt hat.
Wir bitten unsre Leser, auch diesen wunderlich krausen Geist unbefangen
auf sich wirken zu lassen: vielleicht vernimmt doch der eine oder andere
im poetischen Raunen eine Stimme der Zukunft, und jedenfalls er-
weitert er auch seinen Gefühlskreis, wo er Hille nachzugehen vermag.

E Kalkschmidtf

T

Mailieder

tz Maienwind

Mutwillige Mädchenwünsche
Haben Flieder
Niedergebogen,

Blauen und weißen.

Wie Tauben sind sie weitergeflogen,

Mit Wangen, wilden und heißen.

Hoch in warmen, schelmischen Händen
Haschender Sonne
Geschwungene Strahlen.

Hellbehende Wonne
Weißer Kleider
Weht.

Mutwillige Mädchenwünsche
Haben sich Flieder
Niedergebogen,

Blauen und weißen, —

Sind weitergezogen . . .

6s2 Kunstwart XX, 22
 
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