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Kunstwart und Kulturwart — 38,2.1925

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Heft 9 (Juniheft 1925)
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Bemerkungen über Willenserziehung und Vorstellungsleben
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Berendsohn, Walter Arthur: Eine Großzügige nationale Leistung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8168#0138

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Wer aber die „Mechanrk" unseres inneren Lebens umfassend anschaut,
findet am Ende einiges, wozu er sagen kann: Dies, gerade dies vermag
der Wille! und die umfassende Anschauung lehrt zugleich, ihn zielgerecht
einzuspannen.

Wir find nicht frei, aus dem Strome zu steigen. Aber vielleicht sind
wir frei, auf diese oder auch auf jene Art darin zu schwimmen, und zu-
weilen: dies oder jenes Gewässer des Stroms, bald die reißende Strom-
schnelle, bald den sanfteren Flußdrang am beschatteten Afer, 'aufzusuchen.

Sch

Eine großzügige nationale Leistung

^^^.rofessor Fritz Schumacher, von Geburt Bremer, war schon einige
HIahre vor dem Kriege als Oberbaudirektor in Hamburg tätig. Alles
was an staatlichen Gebäuden und Anlagen seither entstanden ist,
trägt das Gepräge seiner Persönlichkeit. Aus dem Preisausschreiben der
Stadt Köln zur Neugestaltung des Stadtplans (anläßlich des Abbaus der
Festungswerke) ging er als Sieger hervor und arbeitete drei Iahre dort,
von Hamburg beurlaubt, um seine Pläne durchzuführen. Zurückgekehrt und
von einer schweren Krankheit kaum genesen, hat er hier am 31. Ianuar
und 14. Februar 1923 zwei Vorträge „V o r b e r e i t u n g der Zukunft
einer Großstadt (erläutert am Beispiel Köln)" gehalten. Der erste
war ganz gut besucht, beim zweiten war eine halbe Stunde vor Beginn
kaum noch ein Platz im größten Hörsaal der Aniversität zu finden: der
ungewöhnliche Gehalt hatte sich herumgesprochen, und so folgte eine große
Zuhörerschaft den schwierigen Ausführungen an Hand von Lichtbildern mit
wachsender Teilnahme und Bewunderung. IH zögere nicht, die Arbeit
Schumachers als eine schöpferische nationale Leistung im neuen Deutsch-
land anzusprechen, von so großer grundsätzlicher Bedeutung, daß man sich
allgemein eingehend mit ihr beschäftigen sollte. Das ist möglich an Hand
des reich mit Bildern und Plänen ausgestatteten Buches „Köln. Ent-
wicklungsfragen einer Großstadt" von Fritz Schumacher
unter Mitwirkung von Wilhelm Arntz (Georg D. W. Lallwey,
München), das dem Oberbürgermeister von Köln Konrad Adenauer
gewidmet ist.

Es ist wichtig, scharf zu betonen, daß es sich nicht iu erster Linie um die
künstlerischen Fragen handelt. Selbstverständlich sind sie wichtig. Schu-
macher ist Künstler durch und durch, Aber über Einzelheiten seiner Lösun-
gen mag vom künstlerischen Standpunkt Meinungsverschiedenheit entstehen,
wie sie über Einzelheiten Hamburger Bauten entstanden ist. tzier handelt
es sich um mehr, viel mehr. Nicht abseits vom Getriebe läßt ein Künstler
etwas Neues entstehen, indem seine Phantasie unbehindert vorhandenen
Bedürfnissen schöne Formen schafft, sondern er dient dem Leben, wv es
sich in der Großstadt häßlich bis zur Krankheit zusammenballt und gestaltet
mit dieneuder Phantasie in großen Linien die künftigen äußeren Lebens-
bedingungen von Millionen und aber Millionen Menschen neu, freier,
schöner, sinnvoller, als wenn die steinerne Wüste sich ohne planvolle Vor-
sorge weiter ins Land hineinfressen würde.

Wer an der Gesundung eines Großstadtkörpers schöpferisch arbeiten
will, hat ungeheure Schwierigkeiten zu überwinden. Für Köln und seine
Ilmgebung hat Schumacher, untersttätzt von Adenauer, diese Arbeit mit
 
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