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Kunstwart und Kulturwart — 38,2.1925

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Heft 9 (Juniheft 1925)
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Lose Blätter
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Müller, Hermann: Deutschland im Querschnitt
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https://doi.org/10.11588/diglit.8168#0158

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herunter. Aber schon fünf bis acht Zentimeter Zwischenstopfung mit der
obenerwähnten Heraklithmasse benehmen dem Häuschen die allzu gute
Akustik.

Wer kein Geld für ein Klosett mit Wasserspülung anlegen kann oder
mag, weil er in der Wildnis wohnt, dem rate ich das ausgezeichnete
System der Wiener Siedler an, die mit dem Torfmullkübel sehr gute Er-
fahrungen gemacht und ein ausgezeichnetes Mittel für Bodenlockerung
und Düngung des Gartens damit dazu gewinnen. Die Kompostgrube ist
ja Herz und Seele des Gartens!

Die Kleinsiedlungsbewegung ist die schönste aller Zeiten- sie ist, wenn
sie zutiefst erfaßt wird, Religion,- sie kann eine Gartenbruderschaft aus
der Menschheit erziehen, und wer einmal ein Stück eigener Erde und ein
eigen Dach über sich hat, den lasse ich geruhig Kommunist sein. Er
wird auch als solcher nichts als Segen stiften, — denn er hat etwas zu
verlieren und Ruhe zu erhalten. Wie schön würde die Erde, wenn ein
Netz kleiner, durch gemeinsame Interessen (genossenschaftlicher Einkauf,
Samentausch, Zuchttierauffrischung) verbundener Heimbruderschaften die
Erde überzöge! O trauter, blauer Herdrauch, der über eigene Erde hin-
zieht! O Stille, in die nur die Hähne hineinkrähen! O leichte Sorge, die
sich an wenig Holz und Kohle, und sonst beinahe nur an Kleidung und
Schmalztopf zu erinnern hat, denn alles andere gibt Geflügelstall und
Garten herl

Nnd was machen die Blumen, unsere Engelsschwestern, erst aus dem
Menschen! Man könnte die Menschheit in zwei Gruppen teilen, in solche,
die Blumen ziehen, und in die andern. Man kann sagen, daß jener das
Himmelreich ist. Iener, die Blumenfarben sehen, Blumendust atmen müssen,
um des Lebens voll sich zu erfreuen.

Ein kleiner Gang durch dieses Blühen. Leuchten, Drängen — und man
muß gut werden und hilfreich und gestillt, wie bei edelster Musik.

Das Nnvergänglichste, das Belebendste, das Beseelendste und Beseli-
gendste, was wir hier auf Erden haben, es ist — die Lrde. Eigne Erde.

Deutschland im Querschnitt

s. Germanen und Romanen

ls germanische Stämme zum ersten Male handelnd in die europäische
eintraten, geschah es in der Weise, daß sie in die fertige
^^Form eines antiken Kulturstaates, des römischen Reiches, ein-
brachen, und seit diesen Tagen der Kimbern und Teutonen ist Deutschland
für das romanische Europa ein dunkles, rätselhaftes Geheimnis. Man kann
die ganze europäische Geschichte von da an unter dem Gesichtspunkte be-
trachten, daß in fortwährenden politischen, kriegerischen und kulturellen Aus-
einandersetzungen von Seiten des Romanentums versucht wurde, Deutsch-
land und die Deutschen in ein vom romanischen Form- und Lebensgefühl
errichtetes Staatensystem Europas einzubeziehen. Das Imperium Ro-
manum seit der Kaiserzeit machte diesen Versuch und schloß ihn — ergeb-
nislos — damit ab, sich gegen Germanien mit einer chinesischen Mauer
abzuriegeln, einer aufs schärfste gesicherten Militärgrenze, die schließlich
das Schicksal jeder chinesischen Mauer erfuhr: sie zerbrach, als der Druck
von außen stärker war als der Widerstand von innen.

Der zweite großartige weltgeschichtliche Versuch, Deutschland in ein
 
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