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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 39,1.1925-1926

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Heft 2 (Novemberheft 1925)
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Trentini, Albert: "Bobenmatz"
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Wauer, William: Wesen und Dinge in der bildenden Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7999#0116

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Eindeutig aber >st die Gewißheit: daß in diesen Werken der Künstler Molo (es trennt
ihn nicht die dünnste Membrane vom Menschen Molo!) zu allen Menschen
von dem redet, was alle heute angeht! Von unser Aller Sehn-
sucht, cin neues Leben zu leben; ein Leben, das nichts von all der Herrlichkeit
unausgcwirkt läßt, die ihm die Gottesfülle des verstandenen Kosmos hcrab-
reicht! Und daß in diesen Werken, die auS einem brennenden Glauben heraus-
gcworfen wurden, solches Leben werde uns trotz des kosmisch gewollten Menschen-
schicksals — zwischen „Wollenkönnen" und „Lebenmüssen" kragisch zu pendeln —
möglich sein, nicht ein einziger Buchstabe zittert, der vom Dichter nicht am blutenden
Leibe und an geschundener Seele erlebt worden ist.

Diese beiden Bücher Molos bedeuten für jeden ein unanfechtbar gültiges Ver-
sprcchen von hoher Zukunft! Jst aus der Abfolge der Stadien seines Gangs, die
ich hier entblößte, nicht klar geworden, wie trotz aller scheinbaren Abwege und
Zickzackpfade sich der schöpferische Kern dieses Künstlers unwiderstehlich immer
wesentlicher entfaltet? Jn einer Abhandlung im Septemberhefte versuchte ich zu
zeigen, daß sich das Maß der schöpferischen Kraft eines Künstlers nach dem Grade
bestimme, mit welchem die Natur — Gott und die Welt — durch ihn zur Er-
scheinung kommt. Zweifelloö: Wille, Hirn und Jntellekt, in ihren höchsten Gra-
den, sind die selbstverständlichen Werkzeuge des Genius. Seine Wesenheit aber,
das, was ihn ausmacht, indem es diese Werkzeuge hervorfordert, hat und gebraucht,
ist: sein Vollsein von allen Fluten des blutroten Lebens; und dieses blutrote Leben:
„Natur". Jch wiederhole: Molo hat mit „Bobenmatz" die Grenze zwischen der
Epoche, in welcher ein Künstler sich endgültig seiner Jnstrumente versichert, und
jener, in welcher er als instrumentfreigewordener Meister überlegen das Leben
bildet, überschritten. Der dritte Band schon wird ahnen lassen, wie gerechtfertigt
gcduldig die Natur wirtschaftet, indem sie ihre Lieblinge Stufe für Stufe empor-
führt in den göttlichen Bezirk, darin auch das weltweiseste Wort Gestalt heißt,
und Wahrheit und Gutheit ^auch schön sind!

Mit Freude und Gewißheit erwarten wir aus dem Korn dieseü selten organisch
gcwachsenen KünstlerS, daö heute rauschend im Grün seineö starken Halms stcht,
die goldgelbe Garbe der Ernte unserer Zeit! Albert Trentini

Wesen und Dinge in der bildenden Kunsi*

^v-^v^.it Wesen und Dingen der Natur hat die bildende Kunst nur soweit zu tun,
I ! ^ wie sie zu wesentlichen Dinglichkeiten der schöpferischcn Formung werdcn
^ können.

2llü wesentliche Dinglichkeit schöpferischer Formung sind die natürlichcn Wcsen
und Dinge aber anderes und mehr als das, was sie als lebende oder leblose „Gegen-
stände" sind — sie sind dann „künstlerische Abstraktionen". Künstlerische Abstrak-
tionen im Sinne der bildenden Künste (die nicht gleich sind den begrifflichen
Abstraktionen im Sinne von Sprach- und Gedankenformung der Sage- und
Dichtkunst).

Die „Gegenstände" sind als künstlerische Abstraktionen „Formmotive". 2lls Forni-
motive unterliegen sie nicht mehr den Erscheinungögesetzen der Wirklichkeit oder
Folgerichtigkeit, sondern den Gestaltungsbedingungen der bildenden Kunst, die vom
zu formenden Material „gesetzt" — also „Gesetz" sind (wie in jeder Kunst). Die
besondere Formmöglichkeit wird zur Formungsnotwendigkeit. So gibt eöFarbformcn,

Dieser Auffatz schließt W. Wauers Belrachtungcn übcr bildendc Kunst ab. Dgl. die Auf-
sütze in den Heften tj und 7 des z8. Zahrgangü und die Dorbenierkungen dazu. K-L

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