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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 39,1.1925-1926

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Heft 4 (Januarheft 1926)
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Malerei der neuen Gegenständlichkeit: ein Gespräch
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Bartsch, Rudolf Hans: Der Park
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https://doi.org/10.11588/diglit.7999#0239

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man igoo den ExpressioniömuS abgeurkeilt hätte. Auch diesmal werden die besten
Früchte später reifen.

M: Man entfernte si'ch zu ängstlich von der vollen Stoßkraft erpressionistifcher
Kunst.

S: Das glaube ich auch. Aber auch die abstrakte Malerei war zuerst bloßer Ge-
genfchlag. Als die „Brücke" zuerst hervortrat mit Frühwerken von Pechstein, Heckeh
Kirchner, war sie nur rüder Gegenfchlag gegen den Jmpressionismus, bis diese
Künstler später viel von der malerischen Kultur der früheren Epoche wieder einließen.
So ist auch die neue, sachfcharfe Malerei bereits dabei, die Front wieder etwas
zurückzunehmen. Sind doch ihre Führer fast sämtlich Expressionisten selber gewesen.
M: Wie soll ich vorgehn, den Dingen nahe zu bleiben?

S: Besuche die Ausstellungen. Besonders aber solche, wo die neuen Maler einzeln
auftreten. Wer Neger noch wenig sah, erblickt in ihnen allen nur Gemeinsames, also
eigentlich nur Außerliches. Blättere in Zeitfchriften, wo gelegentlich neue Maler
dieser Richtung abgebildet sein werden. Nimm das Buch „Nachexpressionismus"
von Roh zur Hand, wo du nun auch die anderen Nationen mit Beiträgen zu dieser
neuen Malerei findest, und wo du von den weltanfchaulichen Doraussetzungen hörst,
die zu einer Wendung in allen europäifchen Ländern führten.

(Nun will M sder Mißachtended in die Linie iz, die sich schon in Bewegung gesetzk
hat. Er erreicht — wie immer — nur die Linie 12, verliert im Laufen aber seinen
Diskussionsftock, der ihm zwifchen die Beine gerät und ihn — wic so vft — im
Borwärtskommen hindert. S aber sder Suchendch fchwenkk auf die Landstraße ins
Freie ab.)

Don Rudolf Hans Bartsch

(^^)M Süden Deutfchlands und von da über Krain bis Jtalien hinein gab es einst
^ein Tierchen in so großen Mengen, daß es, obendrein bei einer nur nächtigen

--^v Lebensweise, zu ganzen Fabelkreisen Anlaß gab . Wcr jemals Johann Weickhards
Freiherrn von ValvasorS „Ehre des Herzogtumbs Krain" in die Hand bekommt, der
wird mit wohligem Gruseln das lange Kapitel „von denen Billichen" gelesen haben.
Wie sie des Teuffels Weidevieh seien, der sie zu Nacht unter Geißelklatfchen in die
ungeheuren Buchenwälder austrieb und jedes Stücklein durch einen Einriß ins runde,
silberhaarige Öhrlein zeichne, damit er seiner Herde gewiß bleibc.

Die alten Römcr mästeten das Tierchen, das wic ein silbergraues Eichhörnchen in
Miniatur aussieht und große, fchwarze Nachtaugen hat, in eigenen Gliralien. Denn
der Name der Nachtbuchelmaus ist glis myoxus. Jm Deutfchen heißt er der große
Siebenschläfer, und wirklich verfchläft er in unsern kalten Breiten sieben Monate
dcs Jahreg; manchmal allein auf verloren ftillen Dachböden im Hcu, vder in eigenen
Neftern, tief in hohler Buche mit seinesgleichen zusammengerollt. Sein scidegraueS
Fell gehört (Mütze und Wefte) geradezu zum Nationalkoftüm des Krainers, und
wehe dem reizenden Buchelmäuschen, wenn es jemals in Mode käme!

Aber die Tagc des Massenfanges sind vorbei. Damals zu ValvasorS Zeiten bis an
unsere Tage, also 16^0—18^0, zog der Buchelmausjäger, der das herrfchaftliche Regal
der Bilcherei gepachtet hatte, in Trupps hinaus in die nächtlichen Wälder, fcheuchte
das Düftergetier mit Fackeln in Falle und Erdkifte und führte ein Leben, voll von
einer Romantik, die in unsern Tagen nur mehr ferne Sage ist. Dahin ist sie, dahin
wie der Urwald in unserm südlichen Deutfchland, der beinahe nur aus riesenhaften
Buchen bestand. Silbergraue Buchenftämme, glatt und voll geheimer Windungen und

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