Aber den König übermannte der Zorn, als er das feige Gebaren seiner KriegS-
knechte sah.
Er riß sein breites Könjgsschwert aus der purpurnen Scheide, faßte es hoch mit
beiden Händen und fchritt auf Halkan zu, seines Angriffs getvärtig.
Aber ruhig ftand Halkan, breitete seine Arme gegen die tauchende Sonne und suchte
das Auge des Bruders.
Vor Halkan ftand der König. Als er merkte, daß ihm kein Widerftand tviderfahre,
zitterte das Schtoert in seinen Händen. Aber er fchloß die Augen, dachte an große
Schlachten und ftieß die Klinge tief in Halkans Bruft.
Schtoer fturzte Halkan. Er wälzte seinen fterbenden Körper, daß sein Blut in die
verbrannte Erde sickerte, aus der hier und da fchon grüne Keime sproßten.
Da öfsnete sich Halkans Mund, und mit vergehender Stimme rief der Stumme:
„Tarjim — den Vogt fchlage nicht — gib ihm Feld — gib ihm Vieh — gib
— Leben —"
Da erkannte Tarjim den Bruder. Und die Höhle fiel ihm ein, wo der Schweigsame
seine brüllende Kraft ftumm überwand. Nun verftand er, daß der furchtlos Ster-
bende die Finfternis seiner mißtrauenden Seele überwunden hatte.
Tarjim legte fchweigend vor aller Augen den Purpur ab, ftieß das Schwert bis
ans Heft in die Erde und riß sich den fchwarzen Diamanten von der Stirn.
Er ergriff den Stab des BruderS und machte sich auf den Weg, um die Berge wieder-
zufinden und die Höhle und seine Lagcrftatt, über die er, ausziehend, einft einen Stein
gewälzt hatte.
Glaube an das Evangelium!
Von der Fröttilnigkeir eines ProLestanLen
i.
eftehen muß ich, daß mir sehr oft ein „Ungläubiger" frömmer crfcheint als
I 0)jene Menschen, die so sehr leicht an den lieben Gott glauben können. — Dort
fühlt man doch wenigftens, welch eine ungeheuerliche Behauptung es isk, etwas
vom Geheimnis der Welt — der Ewigkeit — zu wissen — mehr, ihm nahe zu sein
und anzugehören! — Wem daS so ift, alö redc man von alltäglich Selbstverftänd-
lichem — wer darum einen Menfchen anklagen und zanken kann, der weiß nichts
vo» jener unsagbaren Größe, die hier behauptet und dem Menfchen gegeben wird:
„Jhr sollt vollkommen sein, wie der Vater im Himmel vollkommen ift."
Der Menfch kann nur immer wieder in sein jammervoll kleines und enges Dasein
sehen, iu das Gewimmel der Kleinheit um sich her, in die Furchtbarkeit der Welt
und die Oual des Schicksals — es ift unmöglich? Wo ift die Dollkommenheit,
die rings um uns fteht? Wo ift die Vollkommenheit, die >'n uns werden soll? —
Jft sie dort, wo Kirche und fromme Kirchenleute von dem allem so klar, gewiß
reden? — Tatsächlich ift doch auch dort nichts anderes, wie bei dem Nachbar
Schuster, Schneider, Krämer usw. auch — und wenn ich den Pfarrer auf der
Kanzel so bewegt von Gott reden höre, und sehe dann, wie über dem guten und lieben
Mann doch dieselbe menfchliche Alltäglichkeit liegt, wie über allen — was dann?
Gewiß, die Tatsache des Daseins, der Welt, des Lebens ift ein großes Geheimnis.
Jst es auch ein heiliges Geheimnis? — Die Entwicklung des Menfchen und seines
Geiftes ift gewaltig. Jst es eine Gewalk ohne Brukalität und gemeinfte f^chsucht
und Herrfchsucht? — Gerade dieS, daß ein so gewaltiges Jnftrument herrfchender
Macht sich immer wieder in den Dienft kleinfter Jchsucht und größter Brutalität
ftellt, daß die Fortfchritte der Technik darauf hinauslaufcn, dem Kampf des Menfchen
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knechte sah.
Er riß sein breites Könjgsschwert aus der purpurnen Scheide, faßte es hoch mit
beiden Händen und fchritt auf Halkan zu, seines Angriffs getvärtig.
Aber ruhig ftand Halkan, breitete seine Arme gegen die tauchende Sonne und suchte
das Auge des Bruders.
Vor Halkan ftand der König. Als er merkte, daß ihm kein Widerftand tviderfahre,
zitterte das Schtoert in seinen Händen. Aber er fchloß die Augen, dachte an große
Schlachten und ftieß die Klinge tief in Halkans Bruft.
Schtoer fturzte Halkan. Er wälzte seinen fterbenden Körper, daß sein Blut in die
verbrannte Erde sickerte, aus der hier und da fchon grüne Keime sproßten.
Da öfsnete sich Halkans Mund, und mit vergehender Stimme rief der Stumme:
„Tarjim — den Vogt fchlage nicht — gib ihm Feld — gib ihm Vieh — gib
— Leben —"
Da erkannte Tarjim den Bruder. Und die Höhle fiel ihm ein, wo der Schweigsame
seine brüllende Kraft ftumm überwand. Nun verftand er, daß der furchtlos Ster-
bende die Finfternis seiner mißtrauenden Seele überwunden hatte.
Tarjim legte fchweigend vor aller Augen den Purpur ab, ftieß das Schwert bis
ans Heft in die Erde und riß sich den fchwarzen Diamanten von der Stirn.
Er ergriff den Stab des BruderS und machte sich auf den Weg, um die Berge wieder-
zufinden und die Höhle und seine Lagcrftatt, über die er, ausziehend, einft einen Stein
gewälzt hatte.
Glaube an das Evangelium!
Von der Fröttilnigkeir eines ProLestanLen
i.
eftehen muß ich, daß mir sehr oft ein „Ungläubiger" frömmer crfcheint als
I 0)jene Menschen, die so sehr leicht an den lieben Gott glauben können. — Dort
fühlt man doch wenigftens, welch eine ungeheuerliche Behauptung es isk, etwas
vom Geheimnis der Welt — der Ewigkeit — zu wissen — mehr, ihm nahe zu sein
und anzugehören! — Wem daS so ift, alö redc man von alltäglich Selbstverftänd-
lichem — wer darum einen Menfchen anklagen und zanken kann, der weiß nichts
vo» jener unsagbaren Größe, die hier behauptet und dem Menfchen gegeben wird:
„Jhr sollt vollkommen sein, wie der Vater im Himmel vollkommen ift."
Der Menfch kann nur immer wieder in sein jammervoll kleines und enges Dasein
sehen, iu das Gewimmel der Kleinheit um sich her, in die Furchtbarkeit der Welt
und die Oual des Schicksals — es ift unmöglich? Wo ift die Dollkommenheit,
die rings um uns fteht? Wo ift die Vollkommenheit, die >'n uns werden soll? —
Jft sie dort, wo Kirche und fromme Kirchenleute von dem allem so klar, gewiß
reden? — Tatsächlich ift doch auch dort nichts anderes, wie bei dem Nachbar
Schuster, Schneider, Krämer usw. auch — und wenn ich den Pfarrer auf der
Kanzel so bewegt von Gott reden höre, und sehe dann, wie über dem guten und lieben
Mann doch dieselbe menfchliche Alltäglichkeit liegt, wie über allen — was dann?
Gewiß, die Tatsache des Daseins, der Welt, des Lebens ift ein großes Geheimnis.
Jst es auch ein heiliges Geheimnis? — Die Entwicklung des Menfchen und seines
Geiftes ift gewaltig. Jst es eine Gewalk ohne Brukalität und gemeinfte f^chsucht
und Herrfchsucht? — Gerade dieS, daß ein so gewaltiges Jnftrument herrfchender
Macht sich immer wieder in den Dienft kleinfter Jchsucht und größter Brutalität
ftellt, daß die Fortfchritte der Technik darauf hinauslaufcn, dem Kampf des Menfchen
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