Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 39,1.1925-1926

DOI Heft:
Heft 5 (Februarheft 1926)
DOI Artikel:
Vom Heute fürs Morgen
DOI Artikel:
Bücherschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7999#0356

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nachgesialtung nicht gründlicher uerkcnncn,
in ihren Absichten wic in ihrem dichterischcn
Wcrt, als wcnn man ihm die Schlichthcit
seincr Charakterisierung, die sirasfe und ein-
deutige Motivierung der unablässig vor-
wärtsdrängcnden Handlung zum Dorwurf
macht. Hier haudelt sich's nichk um Analyse,
um Erklärung und Zcrkleinerung der mo-
numentalen Brocken menschlichen UrgesicinS,
sondern um unmittelbarc Darstcllung von
Gesialten und Schicksalen, dic durch den
Gesialtwandcl dcr Aahrhunderte hindurch
lcbendig geblieben sind biS in die Tage der
Derworrenheit und Schwäche, zu denen wir

ocrdammt sind. Wir wollen unS hüten,
ihnen allzuoicl Blut von unscrcm Blutc,
und Geist von unscrem Gcisie einzuflößen,
denn wir würdcn sie damit unweigerlich zu
einem Strohtode oerurteilen, den man in
Anbetracht unserer pagierenen Zeitcn auch
cinen Papiertod nennen könnte. Zugesiänd-
nisse nach dieser Richtung liegen nicht in
WebcrS Art, und nicht zuleüt durch diese
betvnte Oisianz zu zeitgenössischen Stil- und
Ausdrucksfordcrungen hat cr, meiner ganz
persönlichen Meinung nach, sciner Ncuschöp-
fung cin Lebcn über den Tag hinauS ge-
sichert. Eugcn Kalkschmidt

Bücherschau

cTtfuf das Handbuch der Litera-
turwisscnschaft (Akad. DcrlagS-
gesellschafk Athenaion, Wildpark) habcn wir
im Kunsiwart schon niehrmals hingcwiescn.
Und wir tun cs gern abermals. Jst doch
cins wirklich gute Literaturgcschichke cinS
der scltensien Dorkommnisse auf unsercm
sonsi so übcrfluteten Büchermarkt. Jmmer
wicdec bckommt man Anfragen vvn Be-
flissenen, welche durchaus ein solchcS Wcrk,
sci eS über deutscho, sei eS übcr fremde
Literatur, lesen möchtcn; da ist die Derlegen-
hcit um eine Antwort groß. Die unver-
gleichlich größte Zahl aller Literatur-
geschichten isi dilettantisch, langweilig, ten-
denziös oder nichtssagend, je nachdem. Man
begreift daS auch leicht. Wie soll denn
ein Mensch die Hervorbringungen von Jahr-
hundertcn und ganzcn Dölkern selber durch-
arbeiten — daS isi dic DorauSsetzung für
jede ernsthafte und selbsiändige literatur-
geschichtliche Arbeit! — und dabei einen
freien und frischen Ecisi behalten!? Die
meifien müssen an solcher Arbeit ersiickcn
und erlahmen. DaS vorliegende „Handbuch"
indcs besieht auS mehrercn Beiträgen vcr-
schiedencr Dcrfasser, von denen jeder cin
nicht allzu großcs Thema behandclt. Es
liegen jetzt fünfzig Liefcrungcn, über 1600
große Quartseiten, vor; doch dürftc das
Werk noch nicht zur Hälfte vollcndet sein.
Die Liefecung kosiet nun 2,20 Mark, daS
Werk ist also nicht eben billig; doch ist cS
preiswert, denn eS ist wirklich gut.
Jedcr ferkiggestellte und jeder ncu beginnendc
Teil beweist das wicderum. Ferkig wurdc
A. HeuSlerS „Altgcrmanische Dichtung"
in sechs Licferungen, die bis hcute einzige,

restlos cmpfehlenSwerte Darstcllung eincs
dunklen, problemreichen und viclumstritkencn
Gebietes, für daS doch vicl Teilnahme aus-
gcbracht wird, — nach Tept und Illustra-
tionen gleich durchsichtig und lehrreich. Fcrtig
wurde Bernh. Fehrs „Englische Lite-
ratur deö ig. und 20. Jahrhunderts" in
scchzchn Hcften; die letztcn Hefte führcn
nun mitten in die Gcgenwart hinein; der
Derfasser gibt Übcrblickc nach Zeiten und
Literaturgattungen, aber auch auSführliche
Charakteristiken einzclner Persönlichkeiten
und sogar Werke. Fehr ist nicht nur ein
Fachgelehrter von durchdringendem Wisscn;
er crweist sich hier als ungemein fesselndcr,
sprachlich rcicher und cigenwilliger Darstellcr;
man kann diese Arbeit nut Gewinn lesen,
auch wenn man nicht alleS sclbcr kcnnt,
wovon sie handelt. Charakteristiken wic die
HardyS und ShawS sind kicf eindringendc,
geistvolle Sonderstudien; auch H. G. Wclls
wird ausrcichend behandclt, Wilde dagegcn
gebührend knapp. Porträks, Karikaturcn,
Zeitbilder beleben den Tcxt. — Mit einer
Licferung, dcm z. Heft, sctzt H. Hciß
scine „Romanischen Litcraturen dcS ig. und
20. Jahrhunderts" fort. Jn seiner geist-
vollen, Abstand haltenden Art bchandelt cr
vor allem dic große Gegcnsatzbildung:
l'art pour l'art gegen sittlich verpflichtetc,
sozial dicnstbare Kunst; insbesondere der
große Prophek D. Hugo wird hier zum
ersten Male scharf gekennzcichnct. — Mit
ganz bcsonderer Freude bcgrüßcn wir auch
Erich BctheS „Griechische Literakur",
von der jctzt sechü Hefte crschienen sind;
sie rcichen bis zu SophokleS. Diese um-
fasscnd angclegte Arbeit hat der Kenner

334
 
Annotationen