zu Form gebundencö Lebensgeschehen. Und mag dies i'mmerhin aus polarer
Epannung und Gezweiung sich bewegen, eS ist nicht nötig, ja ein mystisches Unter-
sangen, nach christlicher Weise über dem geschlossenen Ereignis der Welt einen
Herrn und Gott zu setzen, der ihre Quelle und ihre Mündung sein soll. Das Leben,
so wie eü ist und läuft, hat seinen Zweck in sich selbst, und innert seiner, in der un-
aufhörlichen Entladung, liegt schon die Einheit und der Aufhub der Gegensätzc vcr-
bürgt. Und die sabbatlose Dynamik der solcherart gesehenen, erlebten und vcrkün-
digten Welt, von der alles moderne Wesen bestimmt ist, wiederholt (nicht nur in
Nietzsche) die Losung hoher Ahnen wie deS Lao-Tse oder des Hcraklit: AlleS fließt
— daS Zwiespältige isi mit sich selbst im Einklang. llberall, mit immer ncuen For-
meln bezwingt dieser Jmmanenz-Glaube (er ist wahrhaftig nur Glaube) die Ge-
mütcr, er ist zur Grundstimmung der europäischen Kultur geworden, ihre Religion
und auch ihr — Siechtum.
Als Dauerzustand müßte er zur Erstickung desselben Lebens führen, das er als
göttlichen (wo bleibt denn der Gott?) Selbstzweck preist. Wie der Mensch erlahmt,
erstarrt, der ernst machen wollte mit der schönen Nedensart: ich bin mir selbst
gcnug, so das menschheitliche Leben im ganzen, wenn eö den Glauben an seine
Jnnervierung von einem Außerhalb und Überhalb preisgibt. Dann fällt fürS erste
der Unterschied und die Ordnung der Werte dahin, und Chorführerinnen sind die
Hexen, die Macbeths Tragödie cröffnen; dann verliercn ihren Sinn die Begrisfe
Gut und Böse; dann ist das Ende die Feindschaft gegen alle Form des Lebens,
politifche und religiöse, weil man jede Form als Zwang erachtet, als Vergewaltigung
an dem Leben, das man in seinem Ursprung und An-sich ergreifen will, formloü und
entgrenzt. Die konsequente, also pantheistische Mystik, Spinozas Philosophie, Ncni-
brandts Malerei, Goethes ästhetische Anschauung der Welt sind die bestrickenden
Bahnbrecher auf dem Wege, der in furchtbarer Logik hinführt zu Bakunins Kate-
chismus der Revolutionen. Der persönlich köstlichste Wert und Wurs des Genieü
kann als Norm des Allgemeinen von tödlicher Wirkung sein.
Wie steht cs hierin um das Mittelalter? Es hat wahrlich auch sein gut Teil Jm-
manenz-Stimmung im Leibe, aber es kämpft — was uns heute fehlt — mit Macht
dagegen an und ringt um ein festeS Formprinzip deü DaseinS. Die Gefahr der
Unform witternd, von ihr in Angsi versetzt, glaubt und klammert sichs in allen
Krisen und Schwankungen an den ewig gültigen Ordo des überweltlichen GotteS
und empfängt ihn auS der Hand der Kirche, die gegen alle Wucherungen des Sub-
jektiven immer wieder die Welt des Objektiven behauptet. Dahcr der Einspruch
gegen die Alleinherrfchaft der Dernunft 'in einer gottlosen Wcltlichkeit, dahcr auch
ihr Einspruch gegen den bloß religiösen Trieb einer Mystik, die die Vermmft
überrennk, um über das Jrdische hinweg vorzustürmen in eine weltlos göttlichc Un-
endlichkeit; daher der Kampf gegen den überspannten Realismus, der sagt: es gibt nur
Gott, und er allein, der Jnbegriff und Behälter aller Begriffe, ist das ganze Scin
und Leben der Dinge, und wiederum der Kampf gcgen den NominalismuS, der sagt:
es gibk nur Welt, und unsere Begriffe, denkerifch von ihr abgelöst, sind nichtü alü
Name, Schall und Nauch, und die geistige Organisation der Wirklichkeit ist bloße
Namengebung ohne Halt und Bindung i'm Weltgrund. So drohte von beiden
Seiten hcr, von der Apotheose und Degradierung des Geistigen, der Sündenfall
deS Monismus, der zum gleichen Ende führk, ob er die Welt in Gott oder Gott
in der Welt aufgehen läßt. Die Kirche stellte sich ihm in seinen beiden Formen so
heftig entgegen wie anderwärts dem pessimistisch aus der Drangsal der Zeiten cr-
wachsenen Glauben an die ebenbürtigen Gegensätze einer guten und einer bösen
Weltherrschaft. Sie hat die monistische Jmmanenz-Religion zum letztenmal am
Ende deü iz. JahrhundertS Pegreich zurückgeschlagen, als die arabisch-aristotelische
Epannung und Gezweiung sich bewegen, eS ist nicht nötig, ja ein mystisches Unter-
sangen, nach christlicher Weise über dem geschlossenen Ereignis der Welt einen
Herrn und Gott zu setzen, der ihre Quelle und ihre Mündung sein soll. Das Leben,
so wie eü ist und läuft, hat seinen Zweck in sich selbst, und innert seiner, in der un-
aufhörlichen Entladung, liegt schon die Einheit und der Aufhub der Gegensätzc vcr-
bürgt. Und die sabbatlose Dynamik der solcherart gesehenen, erlebten und vcrkün-
digten Welt, von der alles moderne Wesen bestimmt ist, wiederholt (nicht nur in
Nietzsche) die Losung hoher Ahnen wie deS Lao-Tse oder des Hcraklit: AlleS fließt
— daS Zwiespältige isi mit sich selbst im Einklang. llberall, mit immer ncuen For-
meln bezwingt dieser Jmmanenz-Glaube (er ist wahrhaftig nur Glaube) die Ge-
mütcr, er ist zur Grundstimmung der europäischen Kultur geworden, ihre Religion
und auch ihr — Siechtum.
Als Dauerzustand müßte er zur Erstickung desselben Lebens führen, das er als
göttlichen (wo bleibt denn der Gott?) Selbstzweck preist. Wie der Mensch erlahmt,
erstarrt, der ernst machen wollte mit der schönen Nedensart: ich bin mir selbst
gcnug, so das menschheitliche Leben im ganzen, wenn eö den Glauben an seine
Jnnervierung von einem Außerhalb und Überhalb preisgibt. Dann fällt fürS erste
der Unterschied und die Ordnung der Werte dahin, und Chorführerinnen sind die
Hexen, die Macbeths Tragödie cröffnen; dann verliercn ihren Sinn die Begrisfe
Gut und Böse; dann ist das Ende die Feindschaft gegen alle Form des Lebens,
politifche und religiöse, weil man jede Form als Zwang erachtet, als Vergewaltigung
an dem Leben, das man in seinem Ursprung und An-sich ergreifen will, formloü und
entgrenzt. Die konsequente, also pantheistische Mystik, Spinozas Philosophie, Ncni-
brandts Malerei, Goethes ästhetische Anschauung der Welt sind die bestrickenden
Bahnbrecher auf dem Wege, der in furchtbarer Logik hinführt zu Bakunins Kate-
chismus der Revolutionen. Der persönlich köstlichste Wert und Wurs des Genieü
kann als Norm des Allgemeinen von tödlicher Wirkung sein.
Wie steht cs hierin um das Mittelalter? Es hat wahrlich auch sein gut Teil Jm-
manenz-Stimmung im Leibe, aber es kämpft — was uns heute fehlt — mit Macht
dagegen an und ringt um ein festeS Formprinzip deü DaseinS. Die Gefahr der
Unform witternd, von ihr in Angsi versetzt, glaubt und klammert sichs in allen
Krisen und Schwankungen an den ewig gültigen Ordo des überweltlichen GotteS
und empfängt ihn auS der Hand der Kirche, die gegen alle Wucherungen des Sub-
jektiven immer wieder die Welt des Objektiven behauptet. Dahcr der Einspruch
gegen die Alleinherrfchaft der Dernunft 'in einer gottlosen Wcltlichkeit, dahcr auch
ihr Einspruch gegen den bloß religiösen Trieb einer Mystik, die die Vermmft
überrennk, um über das Jrdische hinweg vorzustürmen in eine weltlos göttlichc Un-
endlichkeit; daher der Kampf gegen den überspannten Realismus, der sagt: es gibt nur
Gott, und er allein, der Jnbegriff und Behälter aller Begriffe, ist das ganze Scin
und Leben der Dinge, und wiederum der Kampf gcgen den NominalismuS, der sagt:
es gibk nur Welt, und unsere Begriffe, denkerifch von ihr abgelöst, sind nichtü alü
Name, Schall und Nauch, und die geistige Organisation der Wirklichkeit ist bloße
Namengebung ohne Halt und Bindung i'm Weltgrund. So drohte von beiden
Seiten hcr, von der Apotheose und Degradierung des Geistigen, der Sündenfall
deS Monismus, der zum gleichen Ende führk, ob er die Welt in Gott oder Gott
in der Welt aufgehen läßt. Die Kirche stellte sich ihm in seinen beiden Formen so
heftig entgegen wie anderwärts dem pessimistisch aus der Drangsal der Zeiten cr-
wachsenen Glauben an die ebenbürtigen Gegensätze einer guten und einer bösen
Weltherrschaft. Sie hat die monistische Jmmanenz-Religion zum letztenmal am
Ende deü iz. JahrhundertS Pegreich zurückgeschlagen, als die arabisch-aristotelische