Eine starke, reife und liebenswerte Persönlichkeit steht hinter diesen Gedichten, die
sich im Leben gebildet und bemährt hat: Wie unekstatisch, tvie nobel ist ihr Ausdruck
deS Schmerzes! — Die Gedichte der Trauer sind die herbsten und stärksten, die sie
gemacht hat. — Wie unverwirrt rein und menschlich erlebte sie den Krieg: Sie hat
nichts Kriegbezügliches geschrieben, alö ein trauriges, treues, versöhnendes Gcdicht
an ei'nen italicnischen Freund. Und wie innig ist sie vom Geiste Griechenlands an-
geweht worden, der nur die AuSerwählten streist und adelt!
So wird das vollendete Werk, das sie uns nun übergibt, von jedermann geachtet und
oon manch einem geliebt werden.
Wir geben nächst vier Gedichten noch etliche Aphorismcn aus dem vicrten Band der
Werke wieder, die sür den vornehmen Geist dcr gedanklichen Arbeit der Dichterin
zeugcn mögen. Die gesammelten Werke von Jsolde Kurz sind im Verlag Georg
Müller in München erschienen. M. Br.
Gediclne
Frühlingslied
^jieblich im Lenzeshauch
^Baden die Glieder,
Seele, der Schmetterling,
Löst sein Gefieder.
Hoch bis zur Sonne
Schwillt mir das Herz,
Ach, und die Wonne
Mischt sich mit Schmerz.
Möchte zum Himmelsblau
Jubelnd mich heben,
Möcht' in der grünen Au
Wurzeln und klebcn,
Möcht' in den Glutcn
Schmelzend vergehn,
Still mich verbluten
An Sehnsuchtswehn.
Kannst nicht zum Himmelsblau
Jubelnd dich hcben,
Sollst nicht in grüner Au
Wurzeln und kleben,
Aber dies Dehnen,
Weltenumfangen,
Liebendes Sehnen
Am nächsten zu hangen,
Schwanken und Bebeu,
Jubel und Schmerz,
Das ist dein Lebcn,
O Menschenherz.
Oft hört' ich s a g e u
d^ft hört' ich sagen, wer cin Glied verlor,
^^Dem zuck' ein Schmerz noch lange geisterhaft
Jm toten Stumpf und lüge Leben vor,
Als sei's noch Fleisch und Bein, was Unruh schasft.
sich im Leben gebildet und bemährt hat: Wie unekstatisch, tvie nobel ist ihr Ausdruck
deS Schmerzes! — Die Gedichte der Trauer sind die herbsten und stärksten, die sie
gemacht hat. — Wie unverwirrt rein und menschlich erlebte sie den Krieg: Sie hat
nichts Kriegbezügliches geschrieben, alö ein trauriges, treues, versöhnendes Gcdicht
an ei'nen italicnischen Freund. Und wie innig ist sie vom Geiste Griechenlands an-
geweht worden, der nur die AuSerwählten streist und adelt!
So wird das vollendete Werk, das sie uns nun übergibt, von jedermann geachtet und
oon manch einem geliebt werden.
Wir geben nächst vier Gedichten noch etliche Aphorismcn aus dem vicrten Band der
Werke wieder, die sür den vornehmen Geist dcr gedanklichen Arbeit der Dichterin
zeugcn mögen. Die gesammelten Werke von Jsolde Kurz sind im Verlag Georg
Müller in München erschienen. M. Br.
Gediclne
Frühlingslied
^jieblich im Lenzeshauch
^Baden die Glieder,
Seele, der Schmetterling,
Löst sein Gefieder.
Hoch bis zur Sonne
Schwillt mir das Herz,
Ach, und die Wonne
Mischt sich mit Schmerz.
Möchte zum Himmelsblau
Jubelnd mich heben,
Möcht' in der grünen Au
Wurzeln und klebcn,
Möcht' in den Glutcn
Schmelzend vergehn,
Still mich verbluten
An Sehnsuchtswehn.
Kannst nicht zum Himmelsblau
Jubelnd dich hcben,
Sollst nicht in grüner Au
Wurzeln und kleben,
Aber dies Dehnen,
Weltenumfangen,
Liebendes Sehnen
Am nächsten zu hangen,
Schwanken und Bebeu,
Jubel und Schmerz,
Das ist dein Lebcn,
O Menschenherz.
Oft hört' ich s a g e u
d^ft hört' ich sagen, wer cin Glied verlor,
^^Dem zuck' ein Schmerz noch lange geisterhaft
Jm toten Stumpf und lüge Leben vor,
Als sei's noch Fleisch und Bein, was Unruh schasft.