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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Jessen, Jarno: Raffael Schuster-Woldan
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0015

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RAFFAEL SCHUSTER-WOLD AN

Seine Melancholie hat nicht die Tragik, die
Dürer und Böcklin aus ihr zu schöpfen ver-
mochten, sie ähnelt mehr der Wehmut, wie sie
die Lotto und Giorgione darstellten. Solche
Umschleierungen der Psyche finden sich
häufig auch in den Frauenporträts. Er hat
kein Lachen gemalt, kaum ein Lächeln. Selten
nur, wie auf dem Bildnis der Gräfin Dohna
aus seinen letzten Jahren bewährt er sich als
Schilderer eines blutwarmen Temperaments. Die
Modelle, die ihn als Porträtisten suchen, wollen
einen seelischen Spiegier, keinen Lenbach,
keinen Boldini. Die dichterisch feinbegabte

Gräfin Gneisenau im Stil der Matthison-Zeit
vor der Ruine sinnend, die holde Frau Clärchen
R. im Biedermeierkleid auf abendlicher Halde
sind Schöpfungen seiner innersten Neigung.

Als Neuling unter den Ausstellern des
Glaspalastes fiel der Künstler durch das Por-
trät eines jungen Mädchens auf, das in fast
gewagter Pose auf einem Feilager kniet und
in voller Plastik als heller Fleck aus einem
Hintergrund von Braun und Grau herausge-
arbeitet war. Aber hier schon war der feine,
ernste Ausdruck des jugendlichen Köpfchens
das Moment, das bei aller Bewunderung der

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