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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Jessen, Jarno: Raffael Schuster-Woldan
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Die Zukunft der deutschen Kunst, [1]: eine Umfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0031

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DIE ZUKUNFT DER DEUTSCHEN KUNST

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LANDHAUS EICHENHOF. Gartenseile Arch.: F. A. BREUHAUS B. D. A.-DUESSELDORF

und eigenwilliger Talente verborgen, deren nicht erfüllt, weil bei ihm das rein Handwerks-
künstlerischer Entwicklung man mit Spannung mäßige zu sehr auf Kosten des Künstlerischen
entgegensehen darf. ging- Die ganz große Kunst der Vergangen-
Nicht darauf kommt es an, welches Maß heit aber ist im letzten immer Abstraktion ge-
von Existenzberechtigung im Einzelnen den wesen und nur die fälschlicherweise als „Höhen-
Herren Kubisten und Futuristen, die meistens epochen" gepriesenen Jahrhunderte (Hochrenais-
jede künstlerische Logik auf den Kopf stellen, sance und Rokoko etwa) wußten durch das
zukommt, sondern auf den Willen der Gegen- Raffinement, d. h. durch die blendenden Außen-
wart, sich aus den Fesseln der Tradition zu Seiten ihrer Kultur zu überzeugen. Diese Er-
befreien und in der Kunst wieder selbst- kenntnis wird einmal wieder Allgemeingut der
schöpferisch zu werden. Denn so sicher wie kommenden Zeit sein und was sich heute
jede von eigener Lebensenergie erfüllte Epoche revolutionär und in tausend tastenden Ver-
der Vergangenheit künstlerisch ihren eigenen suchen oft höchst kindisch ankündet, ist im
Rhythmus geformt hat, so sicher wird sich letzten doch durch die richtige Überzeugung
auch aus der Großartigkeit unseres Jahrhunderts geweckt, daß unserer Zeit ein Aufbauen von
eine neue Kunstform loslösen, der äußerlich Grund auf nottut, soll sich in ihr eines Tages
vielleicht wieder der Zauber des Primitiven wieder künstlerische Harmonie entfalten,
(über diesen Begriff muß notwendigerweise erst Der Weg der Erneuerung aber geht nicht
einmal Klarheit herrschen) eignet, die in ihrer durch verstandesmäßige Reflexion hindurch,
kraftvollen Schönheit aber der Gegenwart ein sondern durch die leidenschaftliche Flut der
wundervolles Symbol schafft. Der Impressio- wenigen Bahnbrecher, die vielleicht aus der Re-
nismus hat diese höchste und letzte Aufgabe, signation vor dem Leben zu ihrer starken Inner-
die wir etwa bei den alten Ägyptern, im vor- lichkeit, zu ihrem neuen Stil gekommen sind. Das
perikleischen Griechentum oder in der früh- Geschrei der Masse, der talentlosen Parasythen
christlichen Kunst verwirklicht sehen, bestimmt kann höchstens für den Moment verwirren.

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