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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Die Zukunft der deutschen Kunst, [2]: Fortsetzung unserer Umfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0096

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DIE ZUKUNFT DER DEUTSCHEN KUNST

Ernst Freiherr von Wolzogen,

der vortreffliche Erzähler, zieht gegen die Neue-
sten ganz energisch zu Felde:

„Ich halte, ganz ehrlich gestanden, die an-
gebliche Kunstbetätigung der Kubisten, Futu-
risten und wie sie sich sonst nennen mögen,
für einen groben Unfug, geboren aus der leider
durchaus nicht dummen Berechnung, daß das
Verrückteste und Unmöglichste in unserer Zeit
des tiefgewurzelten Snobismus noch am ersten
darauf rechnen könne, Aufsehen zu erregen.
Ich kann nicht glauben, daß unter diesen Leuten
wirkliche Könner oder auch nur entwicklungs-
fähige starke Talente zu suchen seien; wohl
aber ist das Verfahren dieser Frechlinge schlauer
als das der ehrlichen Sucher nach neuen Wegen
zu einer wirklichen Kunst oder derer, die sich
damit begnügen, den großen Meistern früherer
Zeit nahe zu kommen; denn im Bunde mit

einigen geistreichen geschickten Feuilletonisten,
die ihren Ehrgeiz darein setzen, dem staunenden
Publikum den puren Aberwitz als geniale
Offenbarungen anzuschmieren und im Bunde
mit einem Kunsthändlertum, das die auf solche
Art künstlich geschaffenen neuen Werte an der
Börse des Snobismus in Kurs zu setzen ver-
steht, ist allerdings mit der totalen Verrücktheit
und impotenten Scheußlichkeit leichter etwas
auszurichten, als mit solider, aber unaufälliger
Könnerschaft. Unsere Ausstellungen werden
von den jetzt so beliebten Schreckenskammern
und Lachkabinetten nicht eher befreit werden,
als bis der Unwille aller unbestechlichen Kunst-
freunde jeden üblen Börsenmakler der Kunst
und ihren feuilletonistischen Helfershelfern da-
durch das Handwerk legt, daß sie die snobistische
Leichtgläubigkeit dem Hohn der Zeitgenossen
preisgibt — statt daß, wie heute, ein paar
Vergewaltiger der Vernunft und des guten

ORABMAL

Zeichnung: Arch. K. R. HENKER

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