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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Fechner, Hanns: Der Künstler und sein Modell
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0211

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DER KÜNSTLER UND SEIN MODELL

und den letzteren aus dem Marmorblock schein-
bar herauswachsen zu lassen, ähnlich wie bei
den Hermen der alten Griechen. Oft genug
macht es Schwierigkeit, soviel von der Gestalt
einer modernen Figur mitzumodellieren, daß die
Charakteristik der Hände mit zur Geltung ge-
langt. Ein Beispiel für eine vorzügliche Lösung
der Aufgabe schuf Begas in seiner Menzelbüste,
bei der die eigenartige Hand ungemein viel zur
lebensvollen Wiedergabe des Altmeisters beiträgt.
Die Skulptur zeigt den ganzen Oberkörper im
alten Flauschrock, aber eben nur soviel von der
ganzen Figur, daß das im Leben an der zwergen-
haften Gestalt etwa komisch Wirkende nicht darge-
stellt ist. Viel leichter hat es der Maler. Er kann
die Charakteristik oder Schönheit seiner Köpfe
durch die Farbenwirkung von Kostümen, Bei-
werk und Hintergrund noch erhöhen oder über

das Nichtssagende von Gesichtszügen hinweg-
täuschen. Ihm sind alle Möglichkeiten gegeben,
selbst den modernsten Gesellschaftsanzug durch
geschickte Bilddispositionen und entsprechende
Maltechnik zu meistern. Zu allem aber gehört
Bereitwilligkeit und Entgegenkommen des Modells,
um dem Künstler seine Aufgabe zu erleichtern,
ihm jederzeit und solange, wie es das Werk er-
fordert, zur Verfügung zu sein. Mit den Berufs-
modellen, die oft zur Aushilfe für Arme und
Hände etwa oder zum Tragen der Kostüme be-
nutzt werden, bietet sich kein Ersatz, wenn es
sich um das Bildnis einer stark individuellen Per-
sönlichkeit handelt. Der Künstler braucht jede
Sitzung, um wieder und immer wieder alle die
Eigenarten, alle die kleinen charakteristischen
Merkmale des zu malenden Modells vergleichend
zu verarbeiten. Immer wieder sieht er Neues

HENGST. BRONZE R. KÜBART

DIE KUNSTWELT III, 5 177
 
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