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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Dell'Antonio, Cirillo: Vom technischen Vorgang in der Holzplastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0238

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VOM TECHNISCHEN VORGANG IN DER HOLZPLASTIK

BUESTE DER FRAU BARONIN VON BISSING. Büste in Lindenholz

C. DELL' ANTONIO - WARM BRUNN

Zwei große Holzschnitte geben zunächst die
Augen, zwei kleinere den Mund und die Nasen-
grundlinie an: Nase, Stirn, Kinn, Wange und
Hals werden ebenfalls mit möglichst wenigen
Schnitten angegeben. Wichtig ist es, schon in
diesem ersten Zustande das Profil streng zu kon-
trollieren und darauf zu achten, daß die hohen
Stellen wie die Nase und das Haar, eher mehr
als nötig vortreten, damit genügend Holz übrig
bleibt, um diese später richtig zu stellen. Erst
nachdem alle Hauptschnitte am richtigen Fleck
sitzen, kann man anfangen, die Einzelheiten an-
zugeben. Diese werden zunächst mit dem Hohl-
eisen angedeutet, um scharfe Schnitte möglichst
zu vermeiden, damit man jederzeit die einzelnen
Schnitte und Linien verschieben und verbessern
kann. Der Unerfahrene begeht meistens den Fehler,
daß er schon in diesem Stadium scharf einsetzt
und sich dadurch das Korrigieren erschwert oder
gar unmöglich macht. Vor allem aber hüte man
sich vor dem Hinterschneiden. Von hundert

verhauenen Holzplastiken werden fünfundneunzig
dadurch verdorben, daß der Künstler sich ver-
leiten ließ, zu früh zu hinterschneiden. Am
Gesicht bilden Nasenflügel und Nasenlöcher die
Klippe, an der jeder Unerfahrene Schiffbruch
leidet. Er arbeitet die Nasenflügel und Nasen-
löcher zu früh aus und wenn er später mit dem
Gesicht zurück muß, um einen zu tiefen Schnitt
herauszuholen, dann sieht er erst ein, daß er
sich den Rückgang abgeschnitten hat. Das gilt
auch vom frühzeitigen Hinterschneiden der Ohren,
der Kinnbacken usw.

Weil man im Holz nur durch das Wegschnitzen
die Arbeit weiterführen und verbessern kann, so
ist es notwendig, das Material während des tech-
nischen Vorganges möglichst breit zu nehmen.
Der Neuling gibt gewöhnlich die richtige Breite
zu früh an und hat dann im späteren Verlauf
der x\rbeit zu wenig Holz, um alle Formen richtig
zu stellen.

Eine gesunde künstlerische Schnitztechnik be-

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