AUS DER MAPPE DER KUNSTKRITIK
ELFENBEINDOSEN: UNTEN LINKS: MIT GESCHNITZTEN FRUCHTSTÜCKEN
I NTEN RECHTS: MIT BLÄULICHER PERLSCHALE UND KORALLEN EMMY ROTH
leben einzig in der Phantasie des Künstlers, lins „Wellenspiel" indigniert ist, war wohl
aber sie leben und erscheinen natürlich. nicht anders zu erwarten."
Natur liegt in dem kräftigen Humor der ganzen Die „Berliner Börsenzeitung" schreibt: „Wir
Situation, welchem, wie dem Humor des Lebens, ein haben diese einzige Farbe n dich tu ng
wilder fürchterlicher Ernst im Nacken sitzt. Wer schon eingehend besprochen —", während der
diese Natur nicht sieht, fühlt nicht, Kunstkritiker der „Neuen deutschen Volkszeitung"
was Natur ist." folgende erstaunliche Epistel steigen läßt:
Die „Volksztg." konstatierte aber: „Und die „Wenn man Böcklins Bild „Die Gefilde der
Poesie, welche den Mythen der Alten Seligen" in der Nationalgalerie häufig „das blaue
innewohnt, fehlt auch in Böcklins „Spiel der W unde r" nennen hört und wenn mich mein Ge-
Wellen". Das bizarre Gemälde erscheint im Poly- dächtnis nicht trügt, das vor mehreren Jahren aus-
technikum noch nüchterner als in der gestellte Werk desselben Malers „Meeresidyll" nach
Gurlittschen Ausstellung und ruft keine 111 u - seiner Grundstimmung etwa die Bezeichnung
sion nervo r." „grünes Wunder" verdiente, so könnte man „Im
Noch schärfer ging die „Kreuz-Ztg." ins Ge- Spiel der Wellen" jetzt „blaugrünes Wunde r"
rieht: „Wir erkennen gewiß das Talent Böcklins taufen. Einige, ich weiß nicht wie viele Quadrat-
an, der seinen Phantastereien Fleisch und Bein der fuß Leinewand sind mit Wellengewoge erfüllt, in
Art einzuverleiben versteht, daß man Wirklichkeit welchem schöne blaue und grüne Farbentöne, in
zu sehen glaubt, seine Gestalten, seine Bilder nie allen möglichen oder wie ich meine unmög-
wieder vergißt, weil sie eben so originell als liehen Nüancierungen neben- und durcheinander
beleidigend für das ästhetische Ge- vertreten sind. ... Wenn der Herr Pro-
fühl sind. So ist uns denn dies „Spiel der Wellen" fessor Böcklin wüßte, daß ich mehr-
nur ein Meerfax, das Schaum spritzen jährige Schwimmanstalts-Studien
einer Kunstrevolution, das künstliche hinter mir habe, würde er mir nicht zumuten
Heraufbeschwören einer neuen Richtung, welche wollen, zu glauben, daß jemand im
man Fratzeologie zu nennen versucht wird. Schwimmen so untertaucht, wie
. . . Daß die ganze Damenwelt über Böck- dieses flössen sporn ige schüchterne
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ELFENBEINDOSEN: UNTEN LINKS: MIT GESCHNITZTEN FRUCHTSTÜCKEN
I NTEN RECHTS: MIT BLÄULICHER PERLSCHALE UND KORALLEN EMMY ROTH
leben einzig in der Phantasie des Künstlers, lins „Wellenspiel" indigniert ist, war wohl
aber sie leben und erscheinen natürlich. nicht anders zu erwarten."
Natur liegt in dem kräftigen Humor der ganzen Die „Berliner Börsenzeitung" schreibt: „Wir
Situation, welchem, wie dem Humor des Lebens, ein haben diese einzige Farbe n dich tu ng
wilder fürchterlicher Ernst im Nacken sitzt. Wer schon eingehend besprochen —", während der
diese Natur nicht sieht, fühlt nicht, Kunstkritiker der „Neuen deutschen Volkszeitung"
was Natur ist." folgende erstaunliche Epistel steigen läßt:
Die „Volksztg." konstatierte aber: „Und die „Wenn man Böcklins Bild „Die Gefilde der
Poesie, welche den Mythen der Alten Seligen" in der Nationalgalerie häufig „das blaue
innewohnt, fehlt auch in Böcklins „Spiel der W unde r" nennen hört und wenn mich mein Ge-
Wellen". Das bizarre Gemälde erscheint im Poly- dächtnis nicht trügt, das vor mehreren Jahren aus-
technikum noch nüchterner als in der gestellte Werk desselben Malers „Meeresidyll" nach
Gurlittschen Ausstellung und ruft keine 111 u - seiner Grundstimmung etwa die Bezeichnung
sion nervo r." „grünes Wunder" verdiente, so könnte man „Im
Noch schärfer ging die „Kreuz-Ztg." ins Ge- Spiel der Wellen" jetzt „blaugrünes Wunde r"
rieht: „Wir erkennen gewiß das Talent Böcklins taufen. Einige, ich weiß nicht wie viele Quadrat-
an, der seinen Phantastereien Fleisch und Bein der fuß Leinewand sind mit Wellengewoge erfüllt, in
Art einzuverleiben versteht, daß man Wirklichkeit welchem schöne blaue und grüne Farbentöne, in
zu sehen glaubt, seine Gestalten, seine Bilder nie allen möglichen oder wie ich meine unmög-
wieder vergißt, weil sie eben so originell als liehen Nüancierungen neben- und durcheinander
beleidigend für das ästhetische Ge- vertreten sind. ... Wenn der Herr Pro-
fühl sind. So ist uns denn dies „Spiel der Wellen" fessor Böcklin wüßte, daß ich mehr-
nur ein Meerfax, das Schaum spritzen jährige Schwimmanstalts-Studien
einer Kunstrevolution, das künstliche hinter mir habe, würde er mir nicht zumuten
Heraufbeschwören einer neuen Richtung, welche wollen, zu glauben, daß jemand im
man Fratzeologie zu nennen versucht wird. Schwimmen so untertaucht, wie
. . . Daß die ganze Damenwelt über Böck- dieses flössen sporn ige schüchterne
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