Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0693
DOI Artikel:
Ziele der Friedhofs- und Grabmalskunst
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0693
ZIELE DER FRIEDHOFSKUNST
gen beeinflußte Einschätzung wie die gegen die kunst hatte die wundervollen Grundriß- und Raum-
Freunde und Förderer englischer Bauweise in Schemen der romanischen Baukunst übernommen,
Deutschland und gegen die Heimatbündler, die bau- aber nichts getan, sie weiter zu entwickeln, hingegen
künstlerisch und praktisch nicht immer einwandfreie alles, sie zu zerstören. Gibt es ödere Räume wie die
Bauten zu Vorbildern für das Bauen unserer Zeit der Hallenkirchen des 16. Jahrhunderts, denen jede
machen wollen, sind durchaus überzeugend. Auch der Gliederung, jeder Rhythmus fehlt?
Historiker wird ihm Recht geben müssen. Die Jahr- Auch heute noch überwiegt beim Laienpubli-
hunderte, die wir Gotik nennen (das 12. bis 15.), kum das lyrisch-sentimentale über das rein-künst-
haben wohl eine ganz neue Baukunst geschaffen, eine lerische Verhältnis zur Architektur, neben der mecha-
gefühlsmäßige mit starkem Stimmungsgehalt, eine nistischen ,.Zweckkunst" und der rein materialistisch-
solche von architektonischem Raffinement, aber für prunkhaften Auffassung. Der Verlust am Sinne für
die Grund- und Aufriß-Entwicklung des Wohn- oder zeichnerisch-kompositionelle Werte, wie er in der
öffentlichen Gebäudes ist nichts Wesentliches ge- Malerei und in der Musik sowohl bei Künstlern wie
schehen. Viel eher mag sie noch etwas Enges und bei Laien festgestellt ist, zeigt sich auch in beider
Düsteres bekommen haben wie die Kirchen. Im Verhältnis zur Architektur. Auf ihren Reisen be-
16. Jahrhundert endet die Gotik an Entkräftung, die suchen unsere Landsleute mehr die Ruinen und die
gotischen, überreichen Formen erwürgten die Bau- malerisch gewordenen altertümlichen Bauten der
kunst als Raumkunst. Die gotische kirchliche Bau- deutschen und welschen Lande und lassen ihre Gunst
GRABMAL IN GOLZWARDEN. 1660
592
gen beeinflußte Einschätzung wie die gegen die kunst hatte die wundervollen Grundriß- und Raum-
Freunde und Förderer englischer Bauweise in Schemen der romanischen Baukunst übernommen,
Deutschland und gegen die Heimatbündler, die bau- aber nichts getan, sie weiter zu entwickeln, hingegen
künstlerisch und praktisch nicht immer einwandfreie alles, sie zu zerstören. Gibt es ödere Räume wie die
Bauten zu Vorbildern für das Bauen unserer Zeit der Hallenkirchen des 16. Jahrhunderts, denen jede
machen wollen, sind durchaus überzeugend. Auch der Gliederung, jeder Rhythmus fehlt?
Historiker wird ihm Recht geben müssen. Die Jahr- Auch heute noch überwiegt beim Laienpubli-
hunderte, die wir Gotik nennen (das 12. bis 15.), kum das lyrisch-sentimentale über das rein-künst-
haben wohl eine ganz neue Baukunst geschaffen, eine lerische Verhältnis zur Architektur, neben der mecha-
gefühlsmäßige mit starkem Stimmungsgehalt, eine nistischen ,.Zweckkunst" und der rein materialistisch-
solche von architektonischem Raffinement, aber für prunkhaften Auffassung. Der Verlust am Sinne für
die Grund- und Aufriß-Entwicklung des Wohn- oder zeichnerisch-kompositionelle Werte, wie er in der
öffentlichen Gebäudes ist nichts Wesentliches ge- Malerei und in der Musik sowohl bei Künstlern wie
schehen. Viel eher mag sie noch etwas Enges und bei Laien festgestellt ist, zeigt sich auch in beider
Düsteres bekommen haben wie die Kirchen. Im Verhältnis zur Architektur. Auf ihren Reisen be-
16. Jahrhundert endet die Gotik an Entkräftung, die suchen unsere Landsleute mehr die Ruinen und die
gotischen, überreichen Formen erwürgten die Bau- malerisch gewordenen altertümlichen Bauten der
kunst als Raumkunst. Die gotische kirchliche Bau- deutschen und welschen Lande und lassen ihre Gunst
GRABMAL IN GOLZWARDEN. 1660
592