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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Ein Bilderbuch aus dem alten Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0735

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EIN BILDERBUCH AUS DEM ALTEN WIEN

in meinem Daheim aufgestapelten Hausrat" wie z.B.jeneKollektion altrömischerlnstrumente,

so fährt nun A. F. Seligmann selber fort - die Adele Schopenhauer, Schwester des
„findet sich kaum ein Stück, das nicht irgend- Philosophen und intime Freundin Ottiliens,
welche Zusammenhänge mit den eben genannten gewidmet hatte, oder mancherlei überseeische
Personen oder doch mit solchen, die ihnen Kuriosa, vom Bruder Franz, dein Schiffsarzt der
nahegestanden, aufwiese. Von dem Hausgerät Novaraexpedition, mitgebracht. Eine Rauchsche
Ottiliens v. Goethe und ihrer Söhne Wolf- Goethebüste, wohl nur ein Gipsabguß, allein
gang und Walther ist ein Teil noch heute in mit besonderer Sorgfalt unter des Meisters
meinem ständigen Gebrauch. Es sind keines- Aufsicht hergestellt, der die Gußnähte mit
wegs Stücke, die einen hohen Kunst- oder eigner Hand beseitigt hat; ein ebenso sorg-
Altertumswert haben, vielmehr ganz einfache fältiger Abguß der Trippeischen Büste, beide
bürgerliche Einrichtungsgegenstände aus der ursprünglich im Besitz der Goetheschen Familie,
späteren Empire- und Biedermeierzeit; darunter Manches davon ist auch bereits den Weg alles
ein großer Waschtisch, der Wolf gang gehört Gipses gegangen; so eine höchst interessante
hat; ein sogenannter „Balzac" (eine Art Chaise- Figur eine Parze von Carstens mo-
longue), von Wal ther; ein Pfeifentischchen von deliiert, und Büsten von Arago und Corms.
Schober. Eine Standuhr aus der josefinischen Zahlreiche Litographien, Stiche, auch ein oder
Zeit, ein Erbstück vom alten Dr. Jaeger, dem das andere Aquarell erzählen von vergangenen
berühmten Opthalmologen und Leibarzt Metter- Zeiten und verstorbenen Freunden. An einer
nichs; Tischdecken, Lambrequins und anderes Wand hängt alles zusammen, was auf den
dergleichen, meist mit Stickereien von Ottiliens Goetheschen Kreis Bezug hat: Porträts von
Hand geschmückt. In einem Glasschrank aller- Ottilie, Wolfgang und Walther. Ein char-
hand Antiquitäten, zum Teil selbst auf italie- mantes kleines Pastell, Alma v. Goethe dar-
nischen Reisen gesammelt, zum Teil Geschenke, stellend, ist von Luise Seidler gemalt. Das

damals etwa acht- oder oder neunjährige
* / . \_:V^\ Kind hat seinen Namen ängstlich darunter
kalhgraphiert. Im Rahmen daneben ein
englisches, anonym erschienenes Gedicht
auf den Tod der Siebzehnjährigen; eine
Haarlocke der Verstorbenen ist daran ge-
heftet.

Ein Blumenstück, von Alma gemalt,
zeugt von ausgesprochener Begabung,
wenn vielleicht auch die Lehrerin, Luise
Seidler, etwas nachgeholfen haben mag.
Als Kuriosität verdient ein lithographiertes
Blatt bemerkt zu werden, das den feinen,
ins Klassische — Allzuklassische stylisierten
Kopf einer römischen Schönheit darstellt;
es ist von Legationsrat Kestner, dem
Enkel von Werthers Lotte, gezeichnet und
trägt am unteren Rande die Widmung an
Ottilien (Seite 55). Ein geistreich erfun-
denes Aquarell von Tischbein, Amakreon,
dem Eros aus seinem Köcher das Tintenfaß
nachfülit (Tafel 5), eine Handzeichnung
von Genelli, (Seite 41), der ja in Weimar
lebte und, wie auch Preller, im Goethe-
schen Hause verkehrte.

Von Goethe selbst finden sich einige
Autogramme und eine Sepiazeichnung, die
als Talentprobe keineswegs bemerkenswert,
doch als persönliches Dokument Interesse
erregt, umsomehr, als uns die Entstehungs-
geschichte dieses Blättchens in den „Riemer-
schen Mitteilungen" erzählt wird ; dort heißt

leinendruckstoff. es auf Seite 393 Band I:

entw.: arch. em. jos. margold-d armstadt. „Als wir eines Mittags in Zwote dem Diner

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