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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Ein Bilderbuch aus dem alten Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0739

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EIN BILDERBUCH AUS DEM ALI BN WIEN

erwarb gleichfalls eine Serie dieser malerisch Rolle spielte. Es war damals, als der Künstler
wie ethnographisch wertvollen Blätter. Zwei sich in Wien aufhielt, um das Foyer und die
Albums mit Radierungen erschienen in Paris Loggia des neuen Opernhauses auszumalen. Ich
bei Goupil & Delarne im Jahre 1854, öster- war damals schon in meinen zahlreichen Muße-
reichisch-ungarische Trachten und Typen dar- stunden emsig beschäftigt, schönes, weißes Papier
stellend. In Rom lernte ihn mein Vater kennen, mit Bleistift, ja gelegentlich gar mit Wasserfarbe
vermutlich durch Carus. Als Dank für ärztliche zu verunreinigen und mein Traum war, einmal
Behandlung schenkte ihm Valerio dieses Aqua- ein „berühmter Maler" zu werden. Da war
rell mit einem hübschen Begleitbrief, der sich noch nun ein berühmter Maler, den ich leibhaftig
in meinem Besitz befindet. Der Maler starb im von Angesicht zu Angesicht sehen konnte. Die
sechzigsten Lebensjahr in Vichy, wohin er sich untersetzte, mehr als behäbige Gestalt, der feine
von der Bretagne, die er zuletzt als ständigen Kopf mit dem starken Doppelkinn, dem statt-
Aufenthaltsort gewählt hatte, alljährlich zur Kur liehen, noch Spuren von einstigem Blond
begab. - Vom künstlerischen Standpunkte aus zeigenden Schnurrbart, dem seidenweichen,
vielleicht die bemerkenswertesten Stücke meines dichten, in schönen Strähnen herabfallenden
kleinen Museums sind drei lebensgroße, mit silberglänzenden Haar, das zu dem gleich-
Kohle auf Pappdeckel gezeichnete, reizend be- mäßigen Rot des Gesichts einen markanten
wegte Putten von Schwind, vermutlich in Wien Gegensatz bildete, die freundlichen, hellblauen
entstanden zu der Zeit, als er die Fresken fürs Augen, das alles flößte Vertrauen ein und
Opernhaus malte und viel zu uns ins Haus kam. ließ den Respekt nicht in Furcht ausarten. Der
* * alte Herr besah sich meine Kritzeleien und
Am lebhaftesten und nachhaltigsten aber ist wendete sich dann zu mir: „So?" sagte er,
mir aus jener Zeit eine Begegnung mit Moritz „ein Maler willst du werden? Ja, das geht
von Schwind im Gedächtnis geblieben, ver- nicht so g'schwind. Da mußt du zuerst einen
mutlich, weil ich dabei nicht blos eine passive so dicken Bauch kriegen wie ich. Also setz'

AUSSTELLUNG DER DARMSTÄDTER KÜNSTLERKOLONIE. HERRENZIMMER
ENTW.: ARCH. EM. JOS. MARGOLD-DARMSTADT AUSFÜHRUNG DER DARMSTÄDTER MÖBELFABRIK

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