Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1847

DOI Kapitel:
No. 58 - No. 88 (1. März - 31. März)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44009#0300

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Fabrikanten eine Unterſtüßung von 12,000 Thlrn. bewilligt, ſie hat ſich ge-

München, 9. März. (Aussprengung falscher Gerüchte) Geſtern
Abend war das Münchener Wirthshauspublikum wieder in arger Aufregung,
und zwar durch die gewiß nicht abſichtslos mit ſolcher Ausdauer und Hart-
näckigkeit immer aufs Neue in Umlauf gebrachte Lüge von dem tödtlichen

î Erkranken des Kronprinzen. Ja geſtern Abend iſt man so weit gekommen,

auszuſprengen, in der Residenz herrsche die größte Beſtürzung, an-
geblich in Folge des Eintreffens eines Couriers aus Neapel, welcher die
Todesbo tsſchaft überbracht habe. Indessen schon am Abend vorher hieß es
auch, der Kronprinz habe, obſchon sehr leidend, sich noch auf die Heimreiſe
gemacht, sei auch wirklich in Hohenschwangau eingetroffen, aber leider als
Leiche. Man kann auch daraus wieder ersehen, welcher Mittel und He-
bel man ſich bedient, um das Publikum immer in einem gewiſſen Grade von
Aufregung und Spannung zu erhalten, und wer die verkappten Schleicher
im Finſtern seien, das weiß jetzt ohngefähr Jedermann, obſchon man dieselben

î überall nur sieht und fühlt, ohne ihrer habhaft werden zu können. Man er-

fährt schon, daß Hr. v. Abel jetut selbſt erkenne, daß er, wie weiland gewiſse
Leute dem Guſtay-Adolph-Vereine gegenüber, nicht der Schie bende, sondern
der Geschobene und zulett der Dahing erissene gewesen sei. Wie könnte
es auch anders kommen bei einem Mann von solcher Erinnerung aus einer
ganz andern Zeit ? Aber aller sicherer Boden war schon unter ihm gewichen
bevor noch Jemand an die letzten verzweifelten Anstrengungen der Excluſiven zu
denken, oder den etwaigen Charakter der aufgebotenen Hülfstruppen sich zu
malen vermochten. ; (Weſ. Zig); \%

î Aus Franken, 10. März. (Weſ. 3.) „Laßt die Confessionen aus
dem Spiel“, mit dieſem in unserm Franken so oft erhobenen, ſo oft ver-
geblich erhobenen Rufe betritt jetzt die „Allgemeine Zeitung“’ den Kampfplat,

. nachdem auch ihr das Schloß des Mundes, welches sie unwürdiger Weise

lange genug getragen, geöffnet iſt. So sehr wir zu allen Zeiten diesem Rufe
beigeſtimmt haben, so schlecht scheint uns der gegenwärtige Augenblick für eine
Friedenspredigt nach den Worten dieſes Textes geeignet. Wer hat denn die
cConfeſſionen ins Spiel gebracht? Wer anders als die Männer, die jett
nachdem ſie zehn Jahre lang nach einem mit nur zu feſter Hand geleiteten

Syſtem eine durchaus confesſionelle Politik ausgeübt haben, fknirſchend unter

die Wucht der endlich befreit aufathmenden Volksmeinung ſich beugen müssen.
Daß diese Meinung des Volks, welche auch nichts Anderes will, als daß ,die
Confeſsſionen aus dem Spiel bleiben" zu vollem Ausdruck und zu voller Gel-

_ tung komme, dazu iſt der gegenwärtige Augenblick, wer möchte nicht glauben

nach wunderbarer Fügung der Vorsehung gegeben. Diese Meinung mit Nach-
druck auszusprechen, ans Licht zu bringen die Ungerechtigkeiten und Künſte des
Systems und seiner Anhänger, das Feld rein gäten zu helfen, damit die
î Mlanze des confesſionellen Friedens, nicht mehr erſtickt von dem, man weiß,

_ von wem? unter den Weizen gesäeten Unkraut wachſen könne, das iſt vorn
Allem die Pflicht der Presse, deren Stimme ja von den neuen Ministern selbſt

aufgerufen wurde. Jetzt wieder zu vertuſchen und mit diplomatisch klug ge-

wählten Redensarten die öffentliche Meinung zu spalten, damit die alte Par-

teiherrſchaſt bald wieder von Neuem aufgerichtet werden könne, heißt den Be-

ruf der Preſſe und die Pflicht des Patrioten zugleich verkennen. Das ,laßt

die Confesſionen aus dem Spiel“ in dieſem Moment und in dem gegenwär-
tigen Kampfe iſt in der That wie jene Censurerlaubniß, welche den Don Car-
los aufzuführen geſtattete, nur habe die anstößige Liebe des Stiefsſohnes zur
Stiefmutter „aus dem Spiel" zu bleiben. j

_ + Aus dem Münſter'ſchen, 10.

des Grafen Hayfeld gegenüber zu wahren wisſen werde. Man muß gestehen,
daß sich der Adel hierbei in einer sehr ſchwierigen Collision befand. Es galt
entweder jedes objektive Gefühl für Recht und Standesehre zu unterdrückten,
durch längeres Stillſchweigen scheinbar sogar eine Solidarität für alle jene
bekannten Handlungen auf sich zu nehmen, oder aber Einem, der durch seine
Geburt zum höchſten Adel gehört, durch vollkommene Deſavouirung rückſichts-
los ins Geſicht zu ſchlagen. Das Gefühl für Recht und Standesehre über-
wog. Aber gerade durch die Größe der überwundenen Rücksicht wird die zu
berichtende Handlung um ſo bedeutſamer. Wir rechnen es uns hierbei zur

Ehre, daß gerade der weſtphäliſche Adel in der Perſon eines seiner géfeiertſten
Mitglieder auf höchst energiſche Weise vorangegangen iſt und die Bahn ge-
brochen hon. Der Graf Clemens von Westphalen, bekannt durch sein energie

ſches Auftreten auf dem westphäliſschen Landtag, hat der Gräfin von Hafeld,

um das Aushungerungssyſtem zu nichte zu machen, durch welches sie ihr Ge-

mahl zur Niederlegung ihrer Proceße zu zwingen hofft, ein Accreditiv von
zehen Tauſend Thalern auf Schaafhauſen und Comp. in Cöln überſchickt.

Schwerlich hätte sich eine Handlung finden lassen, die den Grafen Hagfeld
mit tieferer Schaam erfüllen müßte. Die Mannheimer Abendztg. hat hierbei
die Befriedigung, daß ihre Appellation an die öffentliche Mildthätigkeit zu
Guuſten der Gräfin in den höchſten Ständen gehört und berückſichtigt worden

iſt. + Als. wäre durch diese eine Handlung das Band gebrochen worden, das
bisher Aller Zungen gefesselt hielt, hört man jetzt einstimmig in den Reihen
des höchſten Adels das ſchwerſte Urtheil über den Grafen Hagtfeld ſich geltend

' machen. Die rheiniſchen Herren sollen, wie man hört, gewillt fein, dem

Grafen H. auf dem vereinigten Landtag zu erkennen zu geben, wie sehr er gegen
alle Pflichten ſich verſündigt habe. Der Adel kann in der That nicht anders
handeln. Er muß die Thaten des Grafen H. auf sein einziges Haupt zu-
rückfallen laſſen, will er nicht den ganzen „Stand“ durch dies unangemessene

Mitglied compromittirt sehen. Es iſt indeß wahrscheinlich, daß der Graf H.

nicht wagen wird, auf dem vereinigten Landtag zu erscheinen.

Wie großen Eindruck jener Act des Grafen Weſtphal gemacht hat, fanti

man z. B. darin sehen, daß der Rhein. Beob. bisher von den niedrigſten
Schimpfreden gegen die Gräfin voll, es iſt, der ihn zuerſt mit obligaten

| U st fitz§s fatcltet. der berliner Akademie ſind, laut
der Voſſ. Ztg. folgende Gelehrte: Grüſon. Alexander v. Humbold. (geb. 1769)
Eytelwein. v. Buch. Ermau sen. Lichtenſtein. Weiß. Link. Mitscherlich. Karſten.
Encke. E. H. Dirksen. Ehrenberg. Crelle. Horkel. Klug. Kunth. Lejeune-Dirich-
let. H. Rose. Johannes Müller. G. Rose. Steinert. Jacobi. v. Olfers. Dove.

DPoggendorff. Magnus. Hagen. Riß. u. Savigny. Boeckh. Becker. C. Ritter.

Bopp, v. Raumer. Meinecke. Lachmann. Hoffmann. Eichhorn. Ranke. v. Schel-
ling. Jakob Grimm. Zumpt. Gerhard. Panofka. Neander. v. d. Hagen. W.
Grimm. Schott. H. E. Dirksen. Perg. Trendelenburg. tis

. Die Spen. Ztg. sagt in einem Artikel über Twiſtbeſteuerung und
Rückzölle: Es iſt keine Partei recht zufriedengeſtelt. Und was hat die
Regieruug all Dem gegenüber gethan # Sie hat die Noth und die Klagen
der Weber theilweiſe als begründet anerkennen müſſen, und hat den rheiniſchen



März. Es iſt in dieſen Blättern '
vielfach darauf aufmerksam gemacht worden, ob der rheinische Adel sein be-
î hauptetes Princip noblesse oblige der so höchſt unadligen Handlungsweise

ten Staaten abgeschloſſenen Handels- und



gen das Prinzip der Rüctzölle ausgesprochen, weil ſie die sinanziellen Intereſ-

ſen für gefährdet hält, kurz sie hat Palliativmittel angewandt, mit denn af
die Dauer nichts geholfen werden kann.

Hat ſie aber anders handeln kön-
nen? Wir antworten entschieden nein : denn die ganze Handelspolitik des
Zollvereins entbehrt noch jener klar bewußten und konsequent durchgeführten
leitenden Idee, wo durch kräftige Förderung der Intereſſen der Ges ammt-

heit die Privatthätigkeit aller Einzelnen gestützt und begünstigt wird. Diese
Aenderung läßt sich aber nicht durch Ausbessern, durch hier oder dort bewil
ligte Koncessſionen erzielen, sondern da bedarf es einer Umwandlung der
ganzen Grundprincipien und vor Allem einer völligen Aenderung
des Verfaſſungso rganis mu s; so lange das Volk ~ dies Wort n

seinem edlen Sinne genommen - nicht seine eigenen Angelegenheiten nach die-

ser Seite hin mit berathen hilft, so lange iſt an eine Beſsſerung der Zuſtäaane
nicht wohl zu denken. Der Augenblick ist günstig, der Monarch hat seinem Volle

den beſten Beweis seines Vertrauens so eben gegeben, das Volk wird daſſelbe

zuversichtlich durch ein williges Eingehen auf die Pläne und Absichten de

Regierung lohnen, und wenn man auch in den rein materiellen Intereſſen,

bei den handelspolitiſchen Fragen die Vertreter des Volkes hört, ſo wird der

Segen, das Gedeihen des Landes nicht fehlen. ;
Vreslau, 10. März. (Vorgänge in Polen.) Hier ſind leider vie.

der Nachrichten von unruhigen Bewegungen im Galiziſchen und namentl<IJlH

von Erxcessen, welche im Krakauiſchen gegen Juden von den Bauern be-
gangen worden sind, angelangt. Bei letzteren haben sogar mehre Juden das
Veben eingebüßt, auch wurde die Ruhe erſt durch Anwendung der Militärge-
walt wieder hergeſtellte An der ruſſiſchen Grenze wurden sofort auf dieſe

Nachricht ein Regiment Infanterie und eine bedeutende Anzahl Kosacken aufe.
geſtelle. In manchen Theilen Polens dauern noch immer Verhaftungen ve.

dächtiger Personen fort, so wurden namentlich in der Nacht vom 2. zum 3.

d. M. zahlreiche Verhaftete auf die Warſchauer Citadelle gebracht. Neuen
dings iſt die Nachricht von anseh nlichen Truppeumärſchen im Könige
reiche Polen durch authentische Briefe aus Warſchau wieder beſtätigt worvee.
ſo daß dieselben nunmehr ein unbeſtreitbares Faktum ſind, welches gésenzrär-.

ieſe.

tig auch gewiß zur Kenntniß unseres Gouvernements gekommen iſt.
militärischen Maſsſen haben ſich aber nicht an der preußiſchen oder an der

öſterreichiſchen Grenze, wie es früher hieß, aufgeſtellt, sondern befinden ſieihe

in den südlichen Diſtrikten des ruſſiſch-polniſchen Gebietes. .
Berlin, 11. März. (Tages nachrichten.) Ein kleines Blatt, wle.

ches Karl Heinzen wieder wie eine Brandfackel zu uns geschleudert haben sol,,
macht unserer Polizei außerordentlich viel zu ſchaffen, es iſt ſo außerordentlich
stark verpönt, daß Jeder, bei dem man es findet, eine sofortige Verhaftuung in
Folge deſſen zu gewärtigen hat; es haben darnach bereits verſchiedenartige

Nachforschungen stattgefunden. - Unseren Polizeibeamten iſt jetzt eine Verän-
derung in ihrer Uniform vorgeschrieben worden, bisher trugen sie an der Uni-
formsmüte einen breiten carmoiſinrothen Streif; an deſſen Stelle ſoll jetzt ein

Streifen von dunkelblauem Tuch, mit schmalen, carmoiſinrothen Streifen en.

gefaßt, treten. (Wes. 3I9403
_ Berlin, 10. März. Wie seiner Zeit mehrfach in dieſen Blättern be- .

ſprochen wurde, hatte der Dr. C. H. Hermes in der Vorrede seines Buchen.

„Dlicke aus der Zeit in die Zeit“, über die Verleumdungen und Verdächtigun-

gen gesprochen, denen er in seiner publiciſtiſchen Laufbahn von verſchiedenen
Seiten her ausgesetzt gewesen sei. Zur Characteriſirung seiner Gegner hatte

derselbe auch in Betreff des Hrn. v. Florencourt, eines der eifrigsten sei-

ner Angreifer, behaupret daß derselbe, früher ein entschiedener Ultraliberaleen
in Braunschweig, sich später in Verbindungen mit den Häuptern der römiſha

Propaganda eingelaſſen; hierauf bei Gelegenheit d. s Conflicts mit dem Erz-
biſchofe von Köln dem preußischen Miniſterium des Cultus ſeine Feder gegen |
den Erzbiſchof angeboten, und daß er, von dem Miniſter vu. Altenstein mit

ſeinem Anerbieten zurückgewiesen, in derſelben Sache nicht jür, sondern gegen
die preußische Regierung geschrieben habe. Hr. v. Floren court hatte gegen

den Dr. Hermes wegen dieser Aeußerungen eine fiscaliſche Untersuchung ein-
leiten laſſen unter der Anſchuldigung : in ſchriftlichen Aufsätzen schwere Be-
leidigung erlitten zu haben. Vor Kurzem hat der Criminalsenat des Kammergerichts
bei welchem dieſer Rechtsstreit verhandelt wurde, den Dr. Hermes von der
gegen ihn erhobenen Anſchuldigung freigesprochen. (D. A.:3,)3 Ja 1-
Hannover, 10. März. (Öffentlichkeit und Mündlichkeit m
Strafverfahren.) Wie wir hören, iſt geſtern der Conferenzvorſchlag we-
gen Oeffentlichkeit im Strafverfahren in unserer zweiten Kammer zur Relation

und Annahme gekommen. Er iſt durch die Mitglieder der erſten Kammer -
Teider wiederum geschwächt worden, indem man diese so wichtige Angelegen.

heit der kön. Regierung zur Erwägung verſtellt und das. Wort Mündlichkeit
in Unmittelbarkeit vor d em Richter umgewandelt hat. Der Abg. Dr.
Wachsmuth ſprach sich nochmals entschieden für das Dringende dieser Re-

form aus, bedauerte, daß nicht mehr zu erreichen gewesen, und wir

müſsen nun sehen, was der Juſtizrath Backmeiſter vermag, da er sich mit dien.

ſem Vorschlage einverſtanden erklärt hat. Jedenfalls hat er hier Gelegenheit.
ſich ein großes Verdienſt um das Land zu erwerben. In einer der lezten.

Sitzungen hat der Schagtrath Lehzen einen Antrag gestellt, wonach in Zukunft :

die Regierung verhindert werden soll, ohne ſtändiſche Bewilligung kein Pz.
piergeld zuzulassen, mit Bezugnahme auf die der Stadt Hannover ertheille En.

lar § emen, 13. März. Es iſt sehr ſthweicheth [. 33. Geschmack von : ;
Leipzig -Kleinparis, daß kein Bühnenſtück verhältnißmäßig so ertragreich für 1

| die Kasse gewesen iſt, wie ~ Lumpacivagabundus.

~ Dem Vernehmen nach iſt dem zwischen Hannover und den MM. J

Schi t uh
das Großherzogthum Oldenburg beigetreten. § fes: .. Fttggt uh:
Hamburg, 12. März. Nächſten Sonntag trifft hier das Kommittee
der deutschen Anwaltversammlung ein, um über die von der letzten
Versammlung ihm übergebenen Aufgaben und über die nächste Versammlung
zu berathen; es werden alſo Römisch aus Leipzig, Clauſſen aus Kiel und

Freudentheil aus Stade hier eintreffen. | ¡r416
Schweznz.

. Aus der Schweiz, 11. März. (Obrh. Ztg.) Die Münchener Vor-
fälle, welche die sſchweizeriſche Nationalzeitung mit vieler Genauigkeit und
der Hauprſache nach in actenmäßiger Darſtellung wieder zu geben in den
Stand gesezt war, erregen auch in der Schweiz, und mit Recht, großes Auf-
sehen. Man meint zwar, die Erſchlagung Ab el's bleibe immer ein Bruder-
mord, zu dem nur die äußerſte Nothwendigkeit den Streich geführt haben
könne; aber doch wird sie, wenn nicht alle Zeichen trügen, von heilſanen

Folgen begleitet ſein. Die Berner oder Züricher Studenten wären übrigens


 
Annotationen