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Mannheimer Abendzeitung — 1847

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No. 206 - No. 236 (1. August - 31. August)
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mer Ab

' Mittwoch, deu 4. Auguſt.











_ Vom Hegau, im Juli. Durch einiger Männer entſchloſſenen und küh-
nen Griff in das Volk bildeten sich, aber auch nur allein aus dem Volke,
die drei deutſchkatholiſchen Gemeinden im Seekreiſe, und unter harten Ver-
folgungen, durch unsägliche Hindernisse sich durcharbeitend , haben die kleinen

Häuflein unter der wackern Leitung ihrer Vorſtände seit bald anderthalb Jah- |

ren ſich erhalten, und ſtrafen Diejenigen, welche vornehm auf ſie herabblickten
und herabblicken, sich äußernd: die Sache macht ſich nicht, ſie wird bald wie-
der zu Ende gehen, die rechten Leute ſind nicht dabei u. ſ. w., der Lüge. Zu
Ende des vorigen Jahres vereinigten ſich die drei Gemeinden Conftanz, Stockach
und Hüfingen zur gemeinschaftlichen Anſtellung und Beſoldung eines Predigers,
und soviel wir wiſſen, haben sie einen solchen erhalten, den sie einstimmig in
freier Wahl aunahmen. Von dieser Anstellung eines Geiſtlichen wurde nach
Artikel 6 der bekannten 14 Artikel wider die Disſſidenten dem großh. Ministerium
Anzeige erſtattet, aber seit acht Wochen wurde auf unerklärliche Weiſe von
der Landesregierung über dessen Zulaſſung nichts verfügt, wohl aber von
den Bezirksämtern Conſtanz und Stockach dem gewählten Prediger, der badi-
scher Staatsbürger und seit 17 Jahren als Geistlicher angeſtellt war, alle
kirchlicjen Verrichtungen unter Strafandrohung untersagt, während einem würt-
tembergiſchen Prediger die Leitung der deutſchkatholiſchen Gottesverehrung zu
Stockach gestattet iſt. Ueber dieſe Hinhaltung laufen verſchiedene aufregende
Gerüchte um, die wir vor der Hand als unverbürgt hier nicht mittheilen
wollen. Hoffen wir, daß den vielgeprüften Gemeinden das innige Verlangen
nach eigener öffentlicher Gottverehrung recht bald erfüllt und ihnen die Lösung

ihrer erhabenen Aufgabe ermöglicht werde. Wenn nicht alle Anzeichen täu-

ſchen, so hat diese Verzögerung der großen kirchlichen Reform nur Vorschub
geleiſtet und in der oberen Landesgegend der Sympathien mehr hervorgerufen,
was die nächſte Zukunft zeigen wird, und wodurch die mehrgenannten Ge-
meinden einigen Lohn für ihr geduldiges Ausharren finden und die Süddeut-
ſche auf einen ihrer jüngsten Artikel eine kräftige Aniwort ,"rhatten dürft.
| tisgu : errh. Z.
WMeainz, 31. Juli. (Mainzer Z.) Die bisper Et l i Sſgtung,
nach welcher die hieſigen Bäcker den Brodpreis, mit Bezuguahme auf den
jedesmaligen Durchſchnittspreis der Frucht, von 8 zu 8 Tagen ſelbſt feſiſegten,
hat von heute an aufgehört, und es iſt die amtliche Taxe auf Grundlage des
Brodſtahls vom Jahr 1825 wieder eingetreten, jedoch dabei den Bäckern die
Zulage von "/, Kreuzer Nahrungsverdienſt und ", Kreuzer für die Preisdiffe-
renz zwiſchen Weizen und Korn bewilligt worden. J ;
ê Gerliu, 29. Juli. (Weſ.-3.) (Rüſtungen auf
re nz.) Die Zuſammenberufung eines außerordentlichen Zollcongreſses, ſobald
als thunlich, in jedem Falle aber noch vor dem Ablaufe unserer jegigen Ta-
rifperiode, wird immer wahrscheinlicher und unumgänglicher. Es kann Nie-
mand mehr darüber in Zweifel sein, daß Deutschland in den handelspolitiſchen
Hragen ſich in zwei feindliche Lager getheilt hat, und wenn nicht die ganze
Zukunft des Zollvereins in Frage geſtellt werden ſoll, so wird eine definitive
Löſung nicht lange mehr umgangen werden können; das handelspolitiſche
Schaukelſyfiem, welches Preußen bis jegt feſthält, wili sich nicht mehr bewäh-
ren und ſtößt allenthalben auf Widerſpruch. Freihandel oder Schutzzoll ? Das
iſt natürlich die wichtigſte Frage. Wie man nun hört, würde vor dem außer-
ordentlichen Zollcongreß auch noch ein ,induſtrielles Parlament‘! zusammenbe-
rufen werden, damit es dieſe Frage entscheide und ſich dann für bestimmte
WMagßregeln erkläre, je nachdem seine Entscheidung ausgefallen. Unserem Va-
terlande dürfte alſo von dem Urtheile dieses ,induſtriellen Parlamentes“ der
Weg seiner handelspolitiſchen Zukunft gezeigt werden und es iſt deshalb von
der größten Bedeutung: wer in dieser Frage als „Sachverſtändiger‘' zu be-
trachten iſt? Ob vielleicht gar der Twiſt die ganze deutsche Handelspolitik re-
guliren soll? — Der große und siegreiche Agitator des engliſchen Freihandels-
ſyſtems, das Parlamentsmitglied Cob den, befindet ſich jetzt in Berlin und
Herr Cobden hat mit preußiſchen Staatsmännern Unterredungen gehabt, deren
Urtheil bei der Löſung unserer handelspolitiſchen Fragen von Bedeutung iſt;
überhaupt werden dem Herrn Cobden hier große Aufmerksamkeiten erwiesen.
Aus der Mark, 28. Juli. Die ſtatiſtiſch e Zeitschrift des Hrn.
v. Reden iſt eine sehr erfreuliche Erscheinung in unserer Journalistik. Sie
liefert den glänzenden Beweis, daß der wiſſenſchaftliche Geiſt unserer Zeit so
weit erſtarkt iſt, daß er den Zusammenhang, in welchem die verschiedenen
. {en mit- einander ſtehen, in seiner vollen Energie zu erfaſſen und
Dadurch auch das ſcheinbar ſterilſte Material zu beleben vermag. Es handelt
ſich in dieser Zeitschrift nicht mehr um das bloße Anhäufen ſtatiſtiſcher Noti-
zen zum Behuf geographiſcher Kenntnisse, die Nachrichten über die verschiede-
nen Länder werden vielmehr in dem Sinne zuſammengetragen, daß man ihre
Lebenskraft und ihre Bildung daraus kennen lernt. So hat die Zeitſchrift be-
reits eine ſehr characteriſtiſche Schilderung Oeſterreichs und Würtembergs ge-
geben, und die des erſteren auch bereits auf das Prägnanteſte in der Statiſtik
der öfterreichiſchen Schulen,detaillirt; man muß dabei nur verſtehen, die Resul-
tate aus den dargebotenen Zahlen zu ziehen. Sehr ſchägenswerth sind ferner
die Mittheilungen über die Verkehrsverhältniſſe und die Fortbildung des deut-
ſchen Handels, denen Hr. v. Reden die größte Sorgfalt witmet. Eben ſo
iſt er aber auch darauf bedacht, der Zeitschrift eine socialiſtische Richtung zu
geben, und sie zur Erforschung des Materials, deſſen der Socialismus bedarf,
anzuſpornen. Dazu hatte Hr. u. Reden selbſt in dem zweiten Heft in einer
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Nachrichten über die Arbeitslöhne in den verschiedenen Gegenden Deutschlands
und über den Zuſtand des Pauperismus in denselben einzuziehen. Hieran hat
ſich denn auch bcreits ein Aufſay des Prof. Reuter über die Lage der
hz!zpr!;ztenden Volksklassen in den deutschen Gegenden des mittleren
HNùhein- und untern Main- und Neckar-Gebietes, und ein anderer über das

eine Zollconfe-



Abonnement in Mannheim halbjährlich 2 fl. 48 kc., durch die Poft bezogen im ganzen Großherzogthum V aden
. . ... halbtährlich 5 fl., im Ausland erhöht fich das Abonnement um den Poftaufſchlag. ; ;
) 14 : IZuſerate vie geſpaltene Zeile in Peiitſchrift oder deren Raum vier Kreuzer. Briefe und Gelder: frei einzusenden.

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GRA



No. 209.

Armenwesen Wiens angeſchloſſen, und in dem neuesten Hefte finden wir wie-
der einige ſehr intereſſante Mittheilungen des Hrn. v. Reden über Lebens-
mittelpreiſe und Arbeits löhne, welche das vorläufige Reſultat der dem
Verfaſſer zugegangenen mehr als 3000 Antworten aus allen Theilen Deutsch-
Izzo: über dieſe Verhältnisse bilden, und die eine llgtueine Feriteihvahie
verdienen. | # . lrTriernſzſe s)..
Schlesien, 19. Juli. Tragische Berichte über Fälle pr tr. z Hun-
gerstodes bei der noch herrschenden großen Noth gehen auch aus dem lub-
liniger und roſenberger Kreiſe Obersſchleſiens ein, und fünf derselben aus dem

endzeitung

erſtern ſind zu öffentlicher Mittheilung von den betreffenden Ortsgerichten spe-

ciell aufgeführt und bestätigt worden. Nicht eigentlicher Mangel an Nahrungs-

mitteln an ſich, sondern die [Unmöglichkeit die theuren Preiſe bei den beiſpielen.
los herabgedrückten Taglöhnen bezahlen zu können, trägt die Schuld, daß die.

meiſten armen Arbeiter einer grauenvollen Elendstiefe verfallen. Als vollkommen
glaubwürdig wird öffentlich behauptet, daß in den genannten Kreisen die mei-

ſten Arbeitgeber unbarmherzig genug ſind, von der gräßlichen Noth und der

Ö todängſstlichen Concurrenz um Arbeit und’ Brod einen fluchwürdigen augenblien.
lichen Vortheil zu erringen, indem sie als Taglohn für einen Mann nur 27, y
bis 3 Sgr., für ein Weib 1 bis 1'/, Sgr. bewilli)zn. Die Folge dieser un-
zureichenden Löhnungen isi, daß die Unglücklichen zu Quecken, Haidekraut, Di-

ſteln, grünem Getreide und unreifem Öbſte zur Hungersſtillung greifen unn

ſo durch Krankheitselend nur langſamer dem Tode verfallen. Vor Kurzem

ging ein armer Mann mit seiner Frau von Biſchdorf nach der Stadt Roſeno
berg. Von langem Hunger ermattet, kann er ſie nicht mehr erreichen, und die.

Frau legt ihn in's Getreide am Wege , mit der Vertröftung, daß ſie bald wie-
der aus der Stadt zurück kehren und ein wenig Nahrung mitbringen werde.
Als sie indeß wiederkehrte, fand ſie den Unglücklichen schon todtz er war buch-
ſtäblich verhungert und fünf Kinder weinen auf seinem Grabe. Von dorther
wird geklagt, daß, ungeachtet der faſt überall ſinkenden Getreide- und Brod-
preiſe, es dennoch immer theurer wird, und die Selbſttaxen der Bäcker für den
Monat Juli mit ihrer Unverschämtheit faſt an's Unglaubliche gränzen. – Das

ſchwerſte Brod für 1 Sgr. wiegt 13 Loth, das kleinſte 9 Lehe. Ñ
Von der Elbe. Die englischen Zeitungen, welche sich fortwährend
über die Felseninſel Helgoland berichten laſſen, und nunmehr dieſclbe beſſer zu

kennen ſcheinen, als die Deutſchen, ſind nun durch die Mittheilung eines In-
genieurs vollends verzückt. Dieser geniale Ingenieur kam nämlich auf den un-
ſterblichen Einfall, daß Helgolands Felſen, um ihn vor Zerſtörung durch Na-

turkräfte zu schüßen, mit einem eisernen Mantel umgeben werden müße. Man

könnte darüber lachen und doch wieder nicht, wenn man bedenkt, daß es ſich

vor der Hand nur erſt um Helgoland als eine engliſche Feſtung handelt. Allen.

fragen möchte man doch mit Recht, wenn man von solchen phantaſtiſchen Vor-
ſchlägen hört, warum die Briten nicht auch den eigenen Heimatfelſen,
der nach der gewissen Berechnung eines gelangweilten Lords in so und so viel
Jahrhunderten vollends verwittern müße, nicht auch mit einer eiſernen Mauer

pugtvets Fragt es sich doch nach jener Berechnung um Sein oder Nicht-
ſein. . ü ugs

. (Seeblätter.)
Vonn , 28. Juli.

ſthen Theologen eine Verbindung geschloſſen, die in die Unterabtheilungen

Bavaria, Thuringia, Romania, Burgundia und Salia zerfällt. Farbige Müz-

zen werden zur Unterſcheidung getragen und das allen gemeinsame roth und
weiße Band mit dem Motto „Wahrheit im Erkennen und Leben." Die Ver-
bindung hat „poſitive“ und „negative“ Tendenzen. Unter erſtere zählt, daß
jedes Mitglied der Frohnleichnams-Prozeſſion beiwohnen muß. (Elbert. Z.)
Stuttgart, 30. Juli. (Beob.) Der hiesige Stadtrath beschäftigte sich
dieſer Tage aus Veranlaſſung der jüngſlen Gemeindewahlen mit einer Relhe

intereſſanter Fragen. Für heute nnr so viel, daß in der geſtrigen Stadtrahhl.
Sigung die Wahlrechte der Deutſchkatholiken zur Sprache kamen. .

Der Herr Stadtsſchultheiß, welcher einen directen Beſchluß des Collegiums zu
Gunſten der Deutichkatholiken gar nicht für zuläſſig hielt, ftellte deswegen die
Frage so: ob ein Verzeichniß der Deutſchkatholiken von der königl. Stadt- Di-
rection verlangt werden solle ? Ueber diese Frageſtellung entstand eine heftige
Debatte, und wirklich wurde endlich bei gleichen Stimmen durch Stichentscheid
des Stadiſchultheißen beſchloſſen, jenes Verzeichniß von der königl. Stadt- Di-
rection zu reclamiren, um sofort die von Deutſchkatholiken abgegebenen Wahl-
zettel zu annulliren. Für diesen Beschluß stimmten : Binder, Autenrieth , Brod-
hag, Schuhmacher, Unkel, Faber, Helffrich, Denninger. Dagegen ſtinmten
Müller, Kreuſer, Heller, Munder, Dihm, Stöckle, Pelargus, Lachenmaier.
Stuttgart, 2. Auguſt. Die polizeiliche Ausweisung des Herrn Alexan-

der Simon in Folge seiner Betheiligung an der Unterzeichnung der Proteſte.
Eingabe vom 4. Mai macht hier viele Sensation. Man war dadurh um ſo

mehr überraſcht, als Jedermann weiß, daß Herr Simon in Stuttgart ledig-

lich seinen Studien lebte und alſo durch etwaige sonstige Einmiſchung in öfse

fentliche Dinge keinerlei Veranlaſſung gab, ihn zu einem Gegenſtande polizeis
licher Maßregeln zu machen.

-- Das ſchon seit einiger Zeit umgegangene Gerücht, daß heuer kän.

Volksfeſt abgehalten werden soll, hat sich wirklich beſtätigt. Die Centralſtelle
des landwirthſchaftlichen Vereins macht heute öffentlich bekannt, das „in Be-
tracht des seitherigen Nothſtandes und der noch immer fortbeſtehenden Theurung

der Lebensmittel für angemessen erachtet werde, daß von der dießjähriznenn.

Abhaltung des landwirthſchaftlichen Feſtes in Cannstatt durchaus Umgang ge-
nommen werde.“ ; , Hu,

. Raſſel, 28. Juli. (Spen. Z.) Nachdem Herr Braun in Hersfeld
von der Anklage wegen Majeſtätsbeleidigung entbunden worden war, iſt eine
neue wegen Aufreizung zum Mißvergnügen gegen ihn eingeleitet worden. Als
Angeber erscheint dabei ein junger Mann, der daraus ein Geſchäft macht.

WVWraunſchweig, 28. Juli. Das Geſuch des Vereins der deutſchen
Thierärzte, ſich im Laufe des nächſten Herbſtes in Hannover verſammeln zu
dürfen, iſt, obgleich von den untern Behörden dem Vernehmen nach anfäng-

Vor wenigen Wochen haben hier auch. die katholi-




 
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