Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1847

DOI Kapitel:
No. 58 - No. 88 (1. März - 31. März)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44009#0307

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
" v



f Ä
: §
i; V:
- H .
; j § 1 t A [+ "! .
1 j y ſ y
f zj H 4 |

| ; uU „Vp f Y -

Freitag, den 19. März.







ccc ü BGR RU G ts.

. Q

u | Deutfſchland. .! : .

_ * Mannheim, 18. März. Nach der Meinung von Sachkundigen ſpielt
das geheime Berichten noch eine große Rolle inder Verwaltung unsererRechtspflege.
Es iſt dieß, wie richtig bemerkt wird, gegen den Geiſt unserer Zeit und gegen
Verfahren gebaut sein soll und deren amtliche Vertreter namentlich aus dem
Advokatenſtande denn auch keineswegs durch officiöſe oder nicht officiöse Be-
richte und Conduitenliſten und diesen gemäſsse Verfügungen in ihrer Wirksam-



keit und Stellung gefährdet sein dürfen. Cin neuerer Fall, wo dieß dennoch |

wieder in Frage iſt, wurde uns dieſer Tage ausführlich berichtet und derselbe
fiifet ſich auch bereits in den „Seeblättern“/ und der „Rundſchau-' mitgetheilt.
Der Aufsatz führt die Aufschrift „Berichts- und Referir - Juſtiz“ und gibt ge-

rade ein sehr bemerkenswerthes Beispiel von den Uebelſtänden, die aus jener

Marime abfließen. Er lautet wie folgt:
Cin Anwalt bei einem der größeren Aemter hat mehrere Jahre sowohl

dort bei einigen umliegenden Aemtern fungirt und vor kurzer Zeit noch von

sämmtlichen Vorständen dieſer Aemter rühmliche Zeugniſſe über seine Berufs-
erfüllung erhalten. Bald darauf erfolgte bei dem Amte seines Wohnsitzes ein

Beamtenwechſel. – Der neue Beamte war von vorneherein gegen jenen An-

walt aufgehetzt und erboſt, und ganz gewiß ohne irgend einen, geschweige einen ver-
nünftigen Grund. Kurz dieser Beamte führte vom Tage seiner Ankunft an
eine besondere geheime Inquisition über jenen Anwalt; er durchging alle seine

Eingaben, die seinen Verwaltungszweig g ar nicht einmal berührten, sammelte

alle Versäumnißerkenntnisse, alle Ausdrücke in den Schriften, welche mißbelie-
big erſchienen, selbſt alle Schuldhetreibungen desselben wegen seinen Deservi-
ten, um endlich in einem zehn Ellen langen offiziellen Bericht eine Masse von fal-

chen Beſchuldigungen und Verdächtigungen, denschwarzen Inhalt seines giftigen
Haſſes gegen jenen Anwalt auszuſchütten oder gar seine Eriſtenz zu gefährden oder zu
untergraben. Man könnte zwar glauben, es seie bloß büreaukratiſche Beschränktheit
die im Gefühl eigener Unfehlbarkeit, und im Bewußtsein seiner Beamtenwürde und

gemeinen menſchlichen und wissſenschaftlichen Bildung alle andern Ansichten
Und Richtungen für Dummheiten und Anmaßungen ansehe; man könnte
glauben, daß nur ein unbestimmter roher Büreaukratenhaß gegen die Anwälte

T 2§





dieſem Falle könnte man jenen Herrn wegen seiner Beschränktheit allenfalls
bemitleiden oder ſich für ihn wegen des Unmaßes seiner Leidenschaft nach einer
uegtlUte ttt cot ſehern Zeur tu berthtutet ZULn?L. ‘ù chers Anwaltes

iſt, auf deſſen Geſchäftszimmer früher alle Urkunden verfertigt wurden, die |

bei Gericht als falſch angefochten wurden; daß dort alle die politischen Flug-

schriften und Spottlieder fabrizirt wurden, auf welche der Herr Beamte jetzt

mit so feiner Polizeingse ſchnobert; ~ wenn man weiß — daß er der Buſen-

freund eines Anwaltes iſt, der in hundert Fällen 99mal nur nach Versäumniß-





§

fklamirt, und den er, der Herr Beamte, wegen seines gemeinen Benehmens
"Felbſt ſchon beohrfeigt hatte; + so wird man wohl annehmen müssen, daß
dem Benehmen des Herrn Beamten gegen den erſteren Anwalt mehr als bloße
Schreibſtubenbeſchränktheit. Das iſt die Bericht-Juſtiz! m w

. HNùun, das hat aber Alles nicht viel zu bedeuten, wird das liebe Publikum

sagen. Der Herr Amtmann kann wohl berichten, aber die höheren Behörden

werden dieſe Berichte schon untersuchen und selbſt ohne Untersuchung finden,
daß solche Berichte zu sehr das Gepräge des giftigen Haſſes und tödtlicher
Feindschaft tragen, als daß man ihnen Glauben beimessen dürften. ;
" Ganz gut, liebes Publikum! aber die Berichte und Akten werden bei
höhern Behörden bloß einem Referenten zum Vortrag zugestellt; und die übri-
"gen Mitglieder erfahren von der ganzen Sache nichts als diesen Vortrag.
Wenn nun dieser Herr Referent ein Gönner des Herrn Amtmanns oder ein
guter alter Schulkamerad dieses letztern berüchtigten Anwaltes ist, und wenn
kr auch von diesem durch Lügen und Verläumdungen aufgehett iſt, und wenn
er ſchon früher gegen den von Beamten denunzirten Anwalt eine ſyſtematisſch
feindſelige Richtung verfolgt hatte? wie dann?“ ".:
Q HRKaſſel, 15. März. Durch ein vom 10. d. M. datirtes Ministerialaus-
[treten if le dstltrei Einfuhr des Reis im Kurfürſtenthum bis zum
9%0. September gestattet. u z
zur Verlin. 13. März. (Berufung commandirender Generale.)
Wenn etwas dem Gerüchte von bedeutenden Truppenzuſammenziehungen an

ver öſterreichiſchen und ruſſiſchen Grenze Nahrung geben könnte, so iſt es dies

i
&



daß die commandir enden Generale des 2ten, 3 ten und 5ten Ar-

meecorys, deren Stäbe in Stettin, Frankfurt an der Oder und Poſen ſtehen,
nach Berlin beordert worden ſind. Daraus glaubt man namentlich auf
Mobilifirung des 2. und 5. Armeecorps schließen zu dürfen, indeß hängen diese
1 Truppenbewe, ungen vielleicht auch nur mit dem großen Garnisonswechsel zu-
\fümmen, welter projectirt worden. Die beiden in Poſen stehenden Infanterie-
Regimenter sollen durch Truppen ersetzt werden, die meiſtentheils der evange-
liſchen Confeſſion angehören und es iſt die Bitte um einen katholischen Probst
ir die in Poſen stehenden Regimenter mit der Bemerkung abgeschlagen wor-
den, daß man diesem Gesuche nicht willfahren könne, da überhaupt ein Gar-
niſonswechsel bewerkstelligt werden solle. (Wes. 3.)
GGBerlin, 14. März. Nicht blos die Aufforderung des Dr. Schimper in



M Abyſſinien, welcher dort als Statthalter einen bedeutenden Einfluß ausübt und
. andelsverbindungen seiner europäischen Landsleute sich anbietet, findet hier
cccoIlIl t 1 4 ;



Abounement in Mannheim hatbjährlich 2 fl. 48 kr., durch die Pot bezogen im ganzen Großherzogihum Baden
halbjährlich 5 fl., im Ausland erhöht fich das Abonnement um den Poſfiaufſchſaen. .
Inserate die geſpaltene Zeile in Petitschrift oder deren Raum vier Kreuzer. Briefe und Gelder: frei einzuſenvhenn.

Grundſatz unserer Gesetzgebung, die auf Oeffentlichkeit und contradiktorisches

us tigener Unkenntniß jener Verhältniſſe und aus Mangel an aller mehr als

überhaupt jenen Herrn zu einer solchen Handlung bestimmt habe; und in



nntnisſen und immer ohne alle Handakten und nur nach reichlichem Vor-
uß und selbſt dann nicht immer arbeitet; wenn man weiß, daß jener Be-

‘amte der Buſenfreund eines anderen Anwaltes ist, den schon vier frühere Be-
J‘amte vielfach in öſſentlichen Gesellſchaften als Candidaten des Zuchthauſes pro-



“ No. 76. |



und Griechenland vermitteln will. In der That scheinen auch beide Punkte t

| von hoher Wichtigkeit, und dürften um so mehr die größte Beachtung unſe-

rer Handelswelt verdienen, als so manche andere Absatz wege für den Ueber-
fluß unserer Produkte immer mehr versiegen. Vornämlich dürften deutsche Lein-
wand, deutſche, ſelbſt in England beliebte Schirme, Gingham-Waaren, Kattune, Mes

ser, Scheeren, Klempner-Waaren, Spielsachen u. dgl. sich zu einträglichen Geschäften.

VLN e t cel §t; ric ves Teâtrihn. rin EO
der sich nach dem Orient wendet, neu zu beleben. Fr. J.).

+* Aus dem Wildenburgischen, 9. März. Vorige Woche haben die
Unterſaſsen der Standesherrſchaft Wildenburg eine Adreſſe an den König gen
richtet, der wir Folgendes entnehmen: ) s

Wenn die unterzeichneten Unterſsaſſen der Standesherrſchaft Wildenburg-
Schönſtein Ew. Königl. Maj. Throne allerunterthänigſt nahen, ſo iſt es
nicht ein besonderer Uebelſtand welcher innerhalb des Ressorts irgend eine
der Königl. Behörden Abhülfe finden könnte. Es ist nicht irgend eine specielle
Rechtskränkung, welche durch Klage bei den Gerichten Ew. Maj. ihre Be-
scheidung finden könnte. Es iſt vielmehr eine das Gesammtwohl der Standes-
herrschaft untergrabende, alle hieſigen Verhältnisse durchdringende Calamität
für deren Beseitigung wir zwar nicht einen speciell articulirten Antrag formu-
liren können, nichtsdeſtoweniger aber in unserer höchſten Noth die Allerhöchste
Machtvollkommenheit und jegliches Verhältniß des Staates durchdringende Weis-
heit Ew. Königl. Majeſtät in allerunterthänigſten Anspruch zu nehmen, nicht
umhin können. ~- Wir befinden uns hier in einem vollständigen Zuſtande der
Zerſetzung aller unserer materiellen Intereſſen. Unsere Bauernhöfe, welche wir vor
1809 zu Lehen trugen, wurden nämlich durch die betreffende Großherzoglich

Bergiſche Gesetzgebung allodificirt, gleichzeitig aber durch unsere Gutsherren

ſchaſt als Zeitpachtgüter behandelt, während wir aus Unkenntniß, Irrthum,

Nachgiebigkeit und Vertrauen dieses Quidproquo nicht bekämpften, bis ums

Jahr 1842 der Standesherr den früher eingehaltenen Weg der mäßigeren
Steigerung seiner Ansprüche und der Üeberredung völlig verließ, seine Anfor-
derungen bis zur Unerſchwinglichkeit ſteigerte und seinen Willen, lieber die

ganze Standesherrschaft in einen zuſammenhängenden Wald zu verwanveln,
als das Geringste von seinen Ansprüchen und Belaſtungen aufzugeben, durch

den Abbruch mehrerer Höfe bethätigte, wodurch die betroffenen Unterſassen
hinausgeſtoßen wurden und zum Theil obdachlos längere Zeit umherirrien.
In gleich hartem Sinne wurden in den uns offerirten Zeitpachtbriefen
Pachtquanta gefordert, welche der Ertragsfähigkeit des Grund und Bodens
feſtgeſest, welche Niemanden nützten, uns aber empörten. Wir erwähnen ei-
nige dieſer Bedingungen. 1) Wenn der Pächter im Laufe der Pachtzeit stirbt,
so muß die hinterbliebene Wittwe mit ihren Kindern Pacht und Hof ſofort
verlassen. Hiernach darf der Pächter nicht ruhig sterben! 23 Wenn es der Herr-

schaft gefällt, im Laufe der Pachtzeit eines oder mehrere der verpachteten

Grundftücke an sich zu ziehen, oder einem Andern zu verpachten, so muß sich
dieſes der Pächter jederzeit gefallen laſſen. Hiernach darf der Pächter auf
keines der gepachteten Grundstücke sicher rechnen! 3) Die Pächter dürfen

ihren verheiratheten Kindern den Aufenthalt . auf dem Hofe nicht geſtatten.

Hiernach muß der Pächter seine Familie trennen! 4) Wenn der Pächter
nicht in jedem Jahre die stipulirte Anzahl Obſtbäume auf dem Gute anpflanzt,

oder nicht in jedem Jahre die ſtipulirte Anzahl Morgen Klee bauet, oder

nicht alle Hofgebäude innerhalb der stipulirten Zeit neu mit Ziegelsteinen statt
mit Stroh deckt, so iſt der Pächter allemal der Pacht sofort verluſtig. Hier-
nach droht dem Pächter überall Ecmisſſion!

.

Solche Propoſitionen reizten uns zur Reclamirung unseres althergebrach- /

ten Rechtes auf dem Juſtizwege, da der Standesherr Graf Edmund von

Hatfeld-Kinsweiler für unsere Bitten und Vergleichspropoſitionen ganz unzu-
Ph s r. tt Ua lsprtnſskf Schtuhele-Würenbarg me, re

stattet dann aber dem Untersassen keine persönliche Unterredung, oder verwei-

set ihn an seine Renteibeamten, Unbekanntschaft mit den Verhältnissen vor-
schützend. Schriftliche Gesuche aber erhalten regelmäßig abschlägige Bescheide:
und werden, da sie gewöhnlich in devotem Sinne abgefaßt sind, und von un-
gelehrten Schriftverfaſſern herrührend, Anerkenntnisſe der Ansprüche des Stan-
desherrn enthalten, als Belege für die Rechte der Standesherrſchaft gegen-
über den Untersaſſen gebraucht. In Folge der über unsere Eigenthumsrechte
an den unterhabenden Höfen entstandenen Processe zwischen den Unterſaſssen und
der Standesherrſchaft hat sich nun ein Verhältniß gebildet, welches beide Theile
ruiniren muß. Wir beſitzen die unterhabenden Höfe, entrichten aber die ur-
ſprünglich darauf ruhenden Reallaſten nicht, weil der Graf Edmund von

Hastfeld dieſe nicht anerkennt, vielmehr nur einen von ihm willkührlich aufge-

legten Zeitpacht annehmen will. Selbſtredend laufen nun jene Laſten von
Jahr zu Jahr auf, und weil alle Erträge der Hofgüter zur Beſtreitung dex
Proceßkoſten unsererseits aufgewendet werden müſſen, oder anderweitig auf-
gehen, so werden nach Entscheidung der Proceſſe die aufgelaufenen Abgaben
uns erdrücken. Der Graf Edmund v. Hayfeld dagegen bezieht schon seit
Jahren aus der Standesherrſchaft Wildenburg - Schönstein keine Revenuen

mehr, indem Alles was dort noch auffömmt, und mehr noch, seinerseits zu

Verwaltung, Reparatur, Cultur und Proceßkoſten verwendet werden muhßh,
wie durch glaubhafte Bescheinigungen in anhängigen Processen dargethan ist, die
auch die näheren Angaben darüber enthalten, wie der Graf von Hasgßfeld,
ſich einem über die Maßen ausſchweifenden und verschwenderiſchen Lebens-
wandel hingegeben, in Bezug auf die Standesherrſchaft Wildenburg-Schön-
ſtein aber nur darauf Bedacht genommen hat, recht viel augenblicklich zu er-
preſſen, ohne Rücksicht darauf, ob für lange Zukunft hin die Erträge und ſelbft
die Substanz des Majorats gefährdet werde. ~ Irgend eine Vermittlung der
proceßualiſchen Wirren anzunehmen oder einzuleiten, iſt dem Hrn. Grafen v.
Hatfeld nicht eingefalen. q,!

und den hieſigen Culturverhältniſſen nicht entſprachen, und Bedingungen j
 
Annotationen