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Mannheimer Abendzeitung — 1847

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No. 206 - No. 236 (1. August - 31. August)
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Ma nhe imer : bendzeitung.

Samstag, den D28. August.





Abonnement in Mannheim halbjährlich 2 fl. 46 kr. durch die Pofi bezogen im ganzen Großherzogthum Baden.
it 1 s . halbjährlich 5 fl., Im Ausland erhöht ſich das Abonnement um den Poftaufsſchlag. jus my 188. ;
_ Ynserate die geſpaltene Zeile in Pelilſchrift over deren Raum vier Kreuzer. Briefe und Gelder: frei einzuſeneen. .



. L U 39 Deutschland. 1.9 11 “.
_ HBVom Nùheine, Mitte Auguſt. Dem Eaſteru - Star zu Folge hat ſich
zu Kapſtadt eine Aktiengesellſchaft zum Baumwollenbau im ſüdli-
chen Kaffernlande gebildet. Diese Geſellſchaft sieht al er ein, daß sie nur dann
gute Geſchäfte machen kann, „wenn Arbeiter zu niederem Taglohne
aufgetrieben werden können“. Wo gedenkt man nun diese Arbeiter zu niederem




Taglohne aufzutreiben? In England? Dort würden ſich ſchwerlich ſolche
inden lasſen. In Irland? Arbeiter zu niederem Taglohne gibt es dort genugz
aber auch fleißige Arbeiter, die mit der Kraft des Zugſtiers auch deſſen Aus:
dauer verbinden? Nein, die gibt es nur auf einem Fleck der Erde, nur in

.

Deutſchlaud. „M ehrere deutſche Familien“, heißt es weiter, ,„ſollen her-

beigerufen werden, um die Eingeborenen beim Baumwollenbau zu leiten'.

Man hofft dieselben mit dem Anerbieten von „kleinem“ Grundbeſige zu locken.
Bald werden wir gewiß die glänzendſten Schilderungen der dortigen Länder
und Verhältnisse hören; Agenten werden keine Cinrückungsgebühren sparen

und Michel wird sein Legtes verkaufen, um sich für Kind und Kindes-

Find zum Sklaven Desſſen zu machen, der sich mit seiner Emanzipation

der Schwarzen so gewaltig brüſte. Denn auf andere Absagwege kann der
AUnbauer nicht rechnen, als auf die, welche ihm die Aktiengesellſchaft erlaubt,

Dieser wird er ſeine Erzeugniſſe zu dem Preiſe verkaufen müſsen, die sie ihm
biete. So hat der Engländer in günſtigen Jahren den ſicheren, wohlfeilen

Gewinn, ohne die Ungunſt der Miißernte selbſt zu tragen. Welch’ eine Zuchten.

ruth e der Brite in ſeinen Kolonien führte und führt, iſt bekannt; und wie

es am Kap aussieht, erkennt man daraus, daß der dort eingeborene hollän-

diſche Bauer ſich auf die Gefahr hin, europäiſche Gesittung ganz einzubüßen,

lieber zu den Hottentotten ſchlägt, als den. Engländern gehorcht. Zum Ueber-

fluß ift jene Gegend einer der ungesundeſte n Himmelsſtriche; Tauſende

von deuiſchen Soldaten haben dort in holländischen Dienften ihr Grab ge-

funden. Aus jener Zeit ſtammt das Lied: „Auf, auf, ihr Brüder und ſeid
î tark!" Soll es wieder angeſtimmt werdens . Deutſhe 33

_ . Mäötüunchenu, 23. Aug. (Oberrh. Ztg.) Mußten wir uns seither mit li-

heralen Worten abſpeiſen laſſen, so wird man jegt bald erfahren, ob die

Regierung wirklich auch nach freiſinnigen Grundsätzen handeln will, denn bis
! p' Mitte des September ſoll der außerordentliche Landtag, von welchem schon

fo lange die Rede war, endlich zuſammenkommen. Es handelt sich, wie be-

fannt, um Reorganisation unseres Gerichtswesens, ferner um Trennung der
Jugtiz von der Verwaltung u. s. w. Doch wird ihm nur der Entwurf einer
neuen Proceßordnung einstweilen vorgelegt und die Berathung der Gesegbücher
selbſt dem ordentlichen Landtage, der im nächſten Jahre zuſammenberufen wer-
den muß, vorbehalten werden. Außerdem wird ſich der außerordentliche Lando
tag mit den Eisenbahnen zu beschäftigen haben.. G.. +
_ datern. Aus Nürnberg wird eine „deutsche Amtsartigkeit“ berichtet, die
füglich ein Sprichwort schaffen könnte, welches das allbekannte von Paris
vergeſſen machen wird. Denn sicherlich wird jeder Weitgereiste sagen können:
“„Was Cinem in Deutschland paſſirt, paſſirt Einem nirgendswo anders.. Doch
zur Geſchichte: Ein Nürnberger Blatt bringt eine Verordnung in Erinner-

ung, welche ziemlich alt, außer Uebung gekommen iſt, nach welcher nur den

höheren Staatsbeamten, den Adeligen und den Pfarrern der Titel „Herr-: ge-

bühren joll, die übrigen Menschenkinder: Gelehrte, Künſtler, Kaufleute, un- |

tere Beamte u. s. w., alſo überhaupt Bürger und Bauern sollen keine Her-
ren mehr sein in Nürnberg, im Königreich Baiern. Anno 1847. - Wir
wollen diesen Fund in den alten Reziſtraturen getroſt der Beurtheilung des

Auslandes überlaſſen. Gewünſcht hätten wir jedoch, daß der nun unſterblich |

gewordene Stadtkommiſſär ~ Auffinder dieser Verordnung 71 lieber im Ar-
chive der uralten Stadt nach Urkunden forschte, er würde eine andere Beleh-

rung erhalten, wie es einſt mit der löblichen Bürgerschaft im Range gehalten

wurde. Er würde dann darauf kommen, wo einer der größten Kaiser zweien
Neugeadelten - einem Doktor der Philosophie und einem Bürger der Stadt,
welche bei einer öffentlichen Zuſammenkunft nicht mehr ihre alten Pläge ein-

nahmen, ſich an die Seite der Adeligen ſtellten — zurief: „Sie thun sehr

unweiſe, meine Herren! ~ Wiſſen Sie nicht, Herr Doktor, daß ich wohl '

Tauſende an einem Tage adele; aber durch mein ganzes Leben keinen Men-
schen zum Doktor bilden kann ? ~~ Und Sie, Herr Bürger, ſollen wiſsſen,
daß ich heute noch alle Bürger in den Adelſtand erheben könnte, aber kein

Recht beſite, für meine Adeligen von der Stadi das Bürgerrecht zu erlan-

E



- W ;czder hingegen flingt die Rede, welche der Rektor der Universität

Wöürzhurg bei einem Abſchiedskommers dortiger Studenten-Verbindungen hielt ;
es erwähnte derſelbe unter Anderem, daß die nächſten Tage eine auf liberal-

ter Grundlage fußende Verordnung über das Studium der allgemeinen Wiſ-

senschaften bringen dürften, welche gleichzeitig einen lebenskräftigen Eindruck

auf das, aus seiner Abgeſchloſſenpeit heraustretende Fachſtudium üben werde. |
~ Badiſche Blätter machen darauf aufmerksam, daß in der Kammer kein |

Mil it är sich befinde, während. doch die Mitwirkung eines solchen bei den
Fragen dieſes Faches wünſchenswerth wäre. Diese Bemerkung rechnen wir
zu den erfreulichen Zeichen, daß die Abgeschloſſenheit des Militärſtandes von
dem Volke mehr und. mehr als ein unpaſſendes Verhältniß erſcheint. Je mehr
eine gegenseitige Annäherung an die Stelle treten wird, deſto mehr nähern
wir uns der Zeit, wo auch bei uns, wie in andern Staaten, das Heer als
eine nationale Einrichtung erscheinen und in den Ständen vertreten sein
wird. Bis jeyt aber ſind Öfficiere, welche mit den Bürgern verkehren und
an den öffentlichen Angelegenheiten Theil nehmen, nicht gut angeschrieben, und
eine Wahl in die Kammer könnte auf Url aubshindernisse ſtoßen, Faſt im-
mer war auch ein oder der andere eh emalig e Militär in der Kammer.

|



Wir würden uns übrigens des Tages freuen, wo die Verhältnisse zwischen

yMuilitär und Bürger ſich so gut geſtaltet haben werden, daß in deutschen Kam-

| mern wie in franzöſiſchen und englischen, militärische und bürgerliche Vertreter

ohne Standesvorurtheile gemeinsam für die Intereſſen des Vaterlandes arbeiten.
î Aus der Provinz Sachſeu, 19. Auguſt. (Aach. z Muth .;:

des Damokies ſchwebt über Uhli 's Haupte. Die Friſt, innerhalb welcher
ſich derselbe dem Konſiſtorium gegenüber erklären sollte, ob er der Kirchenornnlo
nung, welche verlangt, daß der Geiſtliche die alten Symbole und Bekenntniſſe

nach ihrem ganzen Inhalte bekenne und lehre, ſich unterwerfen, ob er ferner

gegen dieſe Bekenntnisse, namentlich gegen das sogenannte apoſtoliſche, niemas .

und in keiner Weise künftighin angreifend verfahren, ob er endlich im Vernei-
nungsfalle freiwillig aus der Landeskirche ausſcheiden wolle, iſt ſchon ſeit meh-
reren Tagen abgelaufen und jetzt wird die Kirche zu Gericht ſißzen, um zu ente

scheiden, ob ſie über Uhlich und mit ihm über Tausende von Gleinſkh.

gesinnten das Erkommunikationsurtheil fällen solle. Sie hat bise:
her noch Anstand genommen, wie man sagt, aus Rückſicht auf die Stimmung
Magdeburgs. Wie es jedoch nicht zweifelhaft ſein kann, daß Uhlich im Wes

Tentlichen die vorſtehenden Fragen verneint hat, so kann man auch kaum hofse.
fen, daß die Kirche, d. h. das Kirchenregiment, anders als exclusiv verfahren
. werde. Der Grundsatz iſt einmal ausgesprochen, daß die alten Symbole und

Bekenntniſſe, von Menschen verfaßt, das Gesetzbuch der proteſtantiſchen Kirche

sein ſollen, von deſſen Wortlaut der Geiſtliche in Bekenntniß und Lehre nicht. |

sbiveihen y Irtt ct, welche außerordentliche Theilnahme dem Paſtor Wis li-
cenus in Bredg bei seinem Abgange nach Halberſtadt, wo er Prediger der

freien Gemeinde geworden, von Seiten ſciner bisherigen Gemeinde sich kw.

gegeben hat, die er zu verlaſſen durch die jegige Regierungsweise der Kirchen-
angelegenheiten sich genöthigt sah. Kaum hatten die Zeitungen über die eben

so herzliche, als erhebende Abschiedsfeier berichtet, als, wie wir so eben as
ſicherer Quelle erfahren, der betreffende Superintendent vom Konſsiſtorium Ben.
fehl erhielt, sich ſofort an Ort und Stelle zu begeben und die Gemeinde ſo..

wohl als den Kirchenpatron, den Kammerherrn von Helldorf, der bei jener

| Abſchiedsfeier mit großem Freimuth seine Geſinnungen vor der Gemeinde auen

geſprochen hatte, angemessen zu ermahnen und zu warnen, die Geiſtlich en
aber, die dem ſcheidenden Aintsbruder aus inniger Hochachtung ein Ehrenge-
ſchenk überreicht hatten, darüber zur Untersuchung zu ziehen.

. . .

_ &æö Der Scthleſ. Zeitung wird aus Dresden, angeblich aus zuverläsſi- w

ger Quelle, geschrieben, daß die ſächſiſche. Regierung an ſämumtliche deutſche
Bundesſtaaten den Antrag geſtellt habe, einen Congreß zuſammenzuberufen,
welcher über Einführung einer einzigen gleichmäßigen Strafordnung in allen
deutschen Bundesſtaaten berathen sole. . 4
Oldenburg, 21. Aug. Am 29., und 30. Auguſt wird das oldenbur-
gi h € Bolksfest ſtattfinden. Schon jegt treten Einem an manchen Stellen

| die Vorbereitungen zu diesem Jeſte entgegen, das allem Anschein nach einen

heiteren Glanz verbreiten wird. Heute waren die Armbruſtſchüten nach dem

Exercierplaze hinausgezogen, um in den auf dem Feſte vorzunehmenden Uee
bungen Probe zu machen. Das Feſtcomite, unterstützt von einem Damencomite,

nimmt die Angelegenheit wacker wahr. Unsere Frauen zeigen eine ungemein
rege Theilnahme, in so fern ſie Prämien für die Schützen, Turner, Armbruſt-

schützen u. s. w. anfertigen. Das Volksfeſt wird in diesem Jahre zugleich

“ri t.w it 21. Auguſt. Der Deutſchkatholicismus gewinnt hier und in
den angränzenden Gegenden immer mehr Ausdehnung und innere Bedeutung, seit

er folgerecht über die bloße Reform einiger kirchlichen Formen und Formeln

hinausgegangen iſt und die volle Selbſtbeſtim mu ng der Gemeinde wie
des Einzelnen in religiöſen Dingen sich zum Ziele gesteckt hat.
î Berlin, 22. Auguſt. Der König hat durch Erlaß vom 20. d. M. für

die Dauer einer in die kais erlich öſterreichiſchen Staaten unten.
nommenen Reise dem Prinzen von Preußen die obere Leitung der Staaten.

geschäfte übertragen. (Brem. Z.)

~ (Spen. Ztg.) Nachdem das Gericht in dem Polenproze ß bis jeee.

drei Wochen seit dem 2. Augufſt beschäftigt gewesen, ſind die Verhandlungen

bis zu dem in der Anklageakte unter Nr. 24 verzeichneten Adolph v. Malc-
zewsfki vorgerückt, ſo daß jeder Angeklagte etwa einen Tag hinweggenommen hat.

Die Alte richtet sich nun bekanntlich gegen 254 Angeklagte, welche alſo 2524

Tage, d. h. 8 Monate und 14 Tage erfordern werden, oder den Zeitraum

bis zum April 1848. Wenigſtens iſt vorauszuſehen, daß der Prozeß in
erſter Inſtanz bei dem System der Vertheidigung, welches die Angeklagten an-

genommen haben, nicht beendigt werden kann. Ein Endurtheil zweiten.
Instanz iſt demnach erſt im Laufe des Jahres 1849 zu erwarten. Auf ſo.

lange hin wird also dieser Prozeß einen ſtehenden Artikel in unſeren Zeitungen
ilden.

î(Bresl. Bl.) Unter den ſchlesischen Städten haben ſich bereits Br e s-

lau, Schweidnitz und Ratibor für die Oeffentlichkeit der Stadlte.

verordneten-Verſammlung ausgesprochen.

_ * Königsberg, 20. Auguſt. Die „Bremer Ztg." berichtet aus S < mal-

leningken: Ruſſiſhe Juden kaufen preußische Unterthanen fir .
das ruſſ ische Militär auf, theils für eigene Rechnung, theils als Agen-

ten oder Afteragenten solcher Spekulanten, die das Geſschäftchen schon im

Großen betreiben. Es werden, wie auf den Sklanenmärkten in den Raub-
ſsîaaten, je nach der Körperkraſt, 70, 80, auch wohl mehr S. -R. pro Men-

chen bezahlt. Mancher kraftvolle preuß. Mann hat ſich bereits für dieses
Blutgeld der Knute untergelegt. Nur ein wackerer Doppel -Litthauer wußte

. ſich mit dem empfangenen Handgelde von 10 Silberrubeln unſichtbar zu machen

und sein Fell zu ſalviren. Wir gratuliren dem Mann uvm so mehr von Her-
zen, als wir gehört haben, welche Stellung die angekauften preuß. Untertha-
nen in den Reihen des ruſſiſchen Militärs einnehmen. „Haut nur zul“

befahl neuerdings ein ruſſiſcher Offizier seinen, eine militäriſche Prügelſtra fe.
 
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