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Mannheimer Abendzeitung — 1847

DOI Kapitel:
No. 237 - No. 266 (1. September - 30. September)
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Lr

Abo nu emen't in Mannheim haibſährlich 2 fl. 48 kr., vurch die Poft bezogen im ganzen Grokherzogthum Bades u
halbtährlich s fl., ini Ausland erhöht fich das Abunnement um den Poftaufſchlag. :
Inserate his geſpaltene Zeile in Peiitsſchrift oder deren Raum vier Kreuzer. Briefe und Gelder: frei einzusenden.











i E U- Deutſchland. . ;

_ Meanmnheim, 1. Septbr. Der hiesige Buchhändler H. Hoff hat vor
einigen Wochen das in seinem Verlage erſchienene -teut sch e Volkslied er-
buch‘” an die verschiedenen Buchhandlungen verſandt. Daſſelbe fand sehr
großen Absatz, wurde jedoch plöglich am 22. Juli von dem hiesigen Stadtamte
mit policeilichem Beſchlage belegt, welcher den folgenden Tag auch durch
die Gerichte beſtätigt wurde. Es wurden zwar nicht sehr viele Exemplare

mehr auf dem Lager gefunden; allein immerhin hatte dieſe Maßregel für den
Verleger sehr unangevehme Folgen. Derselbe wurde nämlich auf Requiſition
des Stadtamtes durch den Staatsanwalt Löwig bei dem Hofgericht des
Unterrheinkreiſes der Majeſstätsbeleidig ung und des Hoch verrath s-
Verſuchs angeklagt. Der Staatsanwalt stützt ſich dabei auf zwei Stellen
in dem Liederbuche, von denen die eine in dem „Bundesliede‘’ von K. Fol-
len (S. 43 und 44), die andere in dem ,,-Trinkliede“ nach Forſter (S.
155 und 156) enthalten iſtz in dem -, Bundesliede ‘‘’ soll der Thatbeſtand
des Verbrechens der Majeſtätsbeleidigung, in dem r-Trinkliede“ jener des Verbre-
chens des verſuchten Hochverraths vorliegen. Der Angeklagte, sagt die Schrift des

Staatsanwalts, sei für den Jnhalt dieser inerimimrten Lieder verantwortllichz
denn, was das „Bundeslied- betreffe, ſo habe Hoff bezüglich des angeblich
ausländiſchen Verfassers K. Follen in der Vorunterſuchung nicht erklärt, daß
er denselben vor Gericht ſtellen werde, auch nicht nachgewiesen, daß derselbe
die Verantwortlichkeit wegen desselben auf sich nehmen wolle ( dies iſt bei-
läufig erwähnt . auch factiſch und rechtlich nicht mehr möglich, da K. Follen
vor ungefähr zwei Jahren in Nordamerica durch den Untergang eines
Danmpſſchiffes, auf welchem er den Miſſiſippi herabſegelte, s einen Tod

fand ) und bezüglich des ,„Trinkliedes“ habe der Angeklagte den Verfaſſer

gar nicht einmal genannt. Nach ü. 25 des Preßgeseges sei daher Hoff nicht
nur als Verleger, sondern auch als Heraus g eber, da er die Nennung
deſſelben verweigere, ſowie als Drucker und Verbreiter für die frag-

lichen Lieder verantwortlich. Als Strafe für die beiden „Verbrechen trägt

der Staatsanwalt für jedes auf drei Monate Arbeit shaus an, und
zwar in Rückſicht auf die Gerichtspraxis und mit Hinblick auf die Beſtim-
mungen des Strafgeſsezes. Demnach würde also Hoff, wenn er verurtheilt
wuürde, ein halbes Jahr im Alrbeitshausſe verweilen und außerdem noch
die sämmtlichen Koſten bezahlen müſſen; ebenso würde der ſtrafbare Theil
"des incriminirten ,teutſchen Volksliederbuchs“’ vernichtet werden. Für die
miüùndliche Verhandlung dieser Sache vor dem hiesigen Hofgerichte iſt der 30.
September als Termin anberaumt. Leider iſt derjenige Paragraph unseres
HYrefßgeseyßes, welcher auch die Oeffentlichkeit vorschreibt, außer Wirkung ge-
setzt, ſo daß also bei geſchloſſenen Thüren der Proceß geführt wird. Wir
hoffen übrigens, daß der Vertheidiger Hoff's, jedenfalls einer der tüchtigſten
Advokaten in Mannheim, seinen Clienten von der Sirafe befreien wird.
Das Resultat der Verhandlung vor dem Hofgerichte werde ich seiner Zeit
“ mittheilen. ; Ö ; 11.8 (Oberrh. Ztg.)
Karlsruhe, 2. September. Die Verhandlungen mit Basel wegen der
Fortsezung der badischen Ciſenbahn nach Basel und wegen des dortigen An-
ſchluſſes der Waldshut - Züricher Bahn verzögern sich. Inzwischen wurde an
unserer Landesbahn immer nur bis Efringen gearbeitet. Dies hat zur Folge,
daß die letzte Strecke von Efringen bis an die Schweizergränze, die auch meh-
rere ſchwierige und Zeit fordernde Uebergangsbauten erhält, gar zu lange nicht

vollendet werden kann, ſo daß am Ende noch nöthig werden könnte, die Bahn

bis Efringen, wenn ſie hergeſtellt sein wird, vorläufig wieder allein in Betrieb
zu nehmen, alſo in Efringen wieder einen (schwer anzubringenden) provisori-
ſchen Bahnhof zu bauen, und den Weg von Efringen aus für die Fuhren
nach Basel entsprechend herzuſtellen. ,
-. Um dieſem Nachtheile zu begegnen, und damit das auf die Strecke von

Schliengen bis Efringen verwendete große Kapital nicht etwa auch nach Vol-
lendung dieser Strecke noch lange unbenütt im Boden liegen bleibe, hat nun

die großh. Regierung angeordnet : es ſoll die Bahn von Efriugen nach Weil
unverzüglich und mit möglichſter Beschleunigung der Arbeiten fortgesetzt, und
der Bahnhof bei Weil in der Art angelegt werden, daß man von dort
aus (je nach der mit Baſel zu erzielenden Uebereinkunft) auf leichte Weise
nach Baſel, aber wo nöthig, auch mit Umgehung des Basler Gebietes mit-
gtelſt eines Tunnels durch die Bergecke bei Weil nach ts les könne.
zu. . ; y arlsr. Ztg.
Offenburg, 2. Sept. Heute iſt eine Abtheilung Reuterei, 104 Pr:
| fiark, mit einem Extrazug auf der Eisenbahn von Carlsruhe gegen 11 Uhr
dier eingetroffen. Die meisten Offiziere des Regiments, mehrere Beamte der
î Direktion der Poſten und Eisenbahnen, den Prinzen Friederich an der Spitze,
haben den Zug begleitet. Der Verſuch die Eisenbahn auch zum Transport
von Cavallerie zu benutzen, scheint vollſtändig gelungen. i
Voum Nheiu, 28. Auguſt. Man ſpricht allgemein davon, daß, gleich
wie in Frankreich vor Kurzem, auch in Preußen am 15. Oktober ein Beg n a-
digung sakt ausgeführt werden soll. Alle wegen kleineren Verbrechen, be-
ſonders im vorigen Jahre aus Noth begangen, sich im Gefängnisse Befinden-
den sollen entlaſſen werden, eben so ein großer Theil der übrigen Gefangenen,
die mehr als die Hälfte ihrer Strafe abgebüßt haben, um nur in Elwas Raum
zu bekommen. Die wenigen Staatsgefängniſſe, die wir haben, reichen nicht
aus dieſe Maſſe von Gefangenen aufzunehmen, wenn man für diese nicht be-
ſondere Strafanstalten einrichten will. c(Deutſche 3.)
Darmſtadt, 31. Auguſte. Das am 3. Sept. erschienene Regierungs-

blatt Nr. 34 enthält 1. folgende Verordnung , die Aufhebung der sg. 1, 2, 3,

G, 7 und 8 der Verordnung vom 7. Mai 1847 wegen des Verkehrs mt Ge-
treide, Mehl und Kartoffeln betreffend; Ludwig I1. 1c. Wir haben uns mit
Riuücsſicht auf die nunmehr eingetretene reichliche Ernte bewogen gefunden, die
Beſtimmungen in den §§. 1, 2, 3, 6, 7 und 8 unserer Verordnung vom 7.
Mai d. J. den Verkehr mit Getreide, Mehl und Kartoffeln betreffend, sowie
die auf den Verkehr mit Brod ſich beziehende Verordnung vom 14. Mai d.

der Wahl der 25 im Voraus ſchließen läßt. :
*4 * Frankfurt, 4. Sept. Mit Bestimmtheit kann ich Ihnen die Nah-

geſegnetes Jahr!‘ Geſegnet?!

können nicht, die Letzteten können – ~+ und wollen niht!

| No. 242. |





J. von dem Tage des Erscheinens gegenwärtiger Verordnung im Regiere
ungsblatt an außer Wirksamkeit zu setzen, mit dem Vorbehalte jedoh, daß
die Vorschriften jener Verordnungen, oder einzelne derselben, von Neuem wer-
den erlaſſen werden, ſobald Mißbräuche oder sonſtige Errizyiſ-. dies nöthinV
machen sollten. Urkundlich xe. Darmſtadt, am 31. Auguſt 1847.

Mainz, 3. September. Wie im ganzen Großherzogthum, so nehmen
auch bei uns die Wahlen zuni nächſten Landtage, der ein sehr bedeutungs-
voller zu werden verspricht, die allgemeine Aufmerksamkeit in Anspruch. Ob-
gleich sich beim Beginne der Wahlarbeiten die hiesigen Staatsbürger etwas lau
zeigten, so mehrte sich jedoch deren Andrang in den letzten Tagen in der Art,
daß von 5200 Stimmfähigen 3609, alſo 127 mehr,, als die erforderlichen
zwei Drittel abſtimmten. Das Ergebniß der Wahl liegt zwar noch im Schooße
der Zukunft, jedoch iſt es keinem Zweifel. unterworfen, daß die Mehrzahl der
KOGewählten 73 der freiſinnigen Richtung angehören, rs I ts éjÔttst
( r.-O .- ss „é. tg.) it;

richt geben, daß unsere diesjährige Herbſtmeſſe, ſchlecht, schlechter wie noch je
ausfällt. „Woher kommt es“ hör’ ich die Leute fragen, „wir hatten doch ein
Nicht in dem mehr oder minder Gedeihen
des Feldſtandes liegen die schlechten Geschäfte, nicht von vollen oder leeren
. Scheunen und Kellern hängen die Verſchiedenartigkeiten im Geſchäftsgange
ab ~ ~ tiefer, weit tiefer liegen die heutigen Zwitteraffairen. ~ gZugeſtan-
den, daß es Alles in Hülle und Fülle gibt, bejahet, daß der Laib Brod bil-
lig iſt, daß die Kartoffel, überhaupt alle Gemüſe um Spottpreiſe abgegeben,
freudig Erntefeſte mit Hörnerſchall und Glockenklang gefeiert werden ~ so
kann doch der ,„Beſigloſe‘’ der ,„Proletarier- ſich nicht des geprieſenen „Ses
gens“’ erfreuen. Kann er ſich Brod kaufen, wenn er keinen Zwölfer beſitzt?
Kann er sich mit Gemüsen verſehen, wenn arm, von ,„Gotteslohn- gesättigt,
die erbettelten Kreuzer und Pfennige für „Prügel-Honorirung“ abgegeben wer-
den müſſen? Kann er es, frage ich, wenn (angenommen) die dafür beftimms-
ten „Paar Bagen“ ~ j,@bei Vermeidung der Executions-Vollſtreckung‘’“ auf dem
Steuertureau No. N. „innerhalb drei Tagen- zu bezahlen sind ? Genug der
Gründe! Nein, er kann es nicht! Und dann soll er noch kaufen, kaufen
Etwas ,,in deſſen Ermangelung“ er sein Leben nicht in die Schanze schlagen
muß ~ vheißhungrig nicht wie ein Tiger“ sich auf Menschen stürzen muß. ~7

nimm ihn auf und bette ihn, und du junges, grünes Moos gürte seine Len-
den, bedecke seine Blöße!|! t .....

î Kann der ,„„Mittelſtand“ kaufen, wenn die Wehen der Theuerung jetzt erſt
recht fühlbar werden, wenn er mit Schrecken einsieht, daß ach! auf Haus und
Hof kein Kapital mehr aufzunehmen iſt, daß alle überflüſſigen Haus-Geräthe
ſchon längst auf das „Leihhaus“ gewandert ſind, ~ und daß keine Hoffnung
uorhanden ist, dieselben wieder einzulösen. Kann er kaufen? Nein. .

Kann der „Bourgeois“ kaufen, der wie er klagt, der gedrängten Zeiten
wegen, leider so viel?! ,herſchenken“ mußte, der heuer statt Tauſende nux
„Hunderte“ zurücklegt, und dem ſich für die Folge keine tröſtlicheren Ausſsich-
ten zeigen, kann er kaufen? ja — aber er will nicht, denn „Du kannst Dich
nicht ausziehen-/ flüſtert ihm sein gewinnsüchtiges, ſtocktjobberiſches Innere zul
~ Können die „Millionen - Fürſten“ , die „Geranten der Notirungen", die
auf ihren „Gütern“’ von ihren „Einkünften“ Lebenden, rc. deren „Papiere“ sammt
und sonders „bedeutend“ gefallen sind, die in der Theuerung mehr als %/,4
der „Zinsen“’ verbraucht, die wie in der Zeitung zu lesen iſt, Poſten, ja Sum-

men mit Nullen hintendran zum Beſten der verſchiedenen „Fonds. und ,„„Brü-
derſchaften“ 1c. gezeichnet, die ihre allwöchentlichen ,Soiréen'' und ,„thés dansants‘"
eingeſtelt, und die dabei zu verausgabenden „Gelder" und noch „mehr
dazu" dem „Wohlihätigkeits-Verein'’ angewiesen -- können ſie kaufen? Ja,
aber sie wollen nicht, denn: So viel iſt nicht ausgeſegt zum „Verzehren“ %
und ohnehin wird die „Geldkriſis keinen „Nutzen“ bringen. –~ Die Erſteren

Diesen in einander greifenden Wechselwirkungen haben wir unserem Erach-

schreiben. An die ,„ausgehungerten ſchleſiſchen Leineweber, die blaſſen Spin-
ner Sachſens, die ſchwächlichen Färber am Wupperthale, die zuſammengefal-
lenen Schwarzwälder“’ will ich nicht erinnern! Unsere gesellſchaftlichen Ver-
hältniſſe sind schlecht, wer mag es läugnen? und lieg en drückend wie ein Al
auf dem Herzen der Menschheit. Führt aber gar kein Weg zum Wohlen.
Können die Zuſtände nicht i n „heilſamer Verjüngung“ gebeſſert werden? '
Beſſre ſie, wer ſie beſſern kamm –ê tz
Und bessern kann sie der starke Mann! : .
Aus Westphalen, 18. Auguſt. Schlagwörter erhalten ſich lange und
ergeben großentheils ein treues Bild der Zeit. Schlahw]ürtev'aus dem Munde eins.

über die Zeitbewegungen und Berhältniſſe denkt. Jede Zeit hat daher ihre

von dem Grafen von Schulenburg her, der nach der Schlacht bei Jena das
bekannte Edikt mit den ewig denkwürdigen Worten: „Ruhe iſt die erſte
Bürgerpflicht- erließ. In allen Kreiſen ertönte das Stichwort bis in die
neueſte Zeit wieder, wenn es auch jegt großentheils nur ironiſch angewandt
wird. Das zweite Schlagwort verdanken wir der bald darauf sehr bewegten
Zeit, die mit aller Kraft „Vorwärts- wollte. Blücher, Scharnhorſt, Stein

ein allgemeines Vorwärts den Staat wieder zu seiner früheren Größe erheben
könne. Doch diese Männer starben, andere kamen an ihre Stelle, die Zeit
trat in ein anderes Stadium, und wir sehen ein neues Schlagwort auftauchen,



welches nur eine Umschreibung des erſten war. Minister von Rochow sprah.

„vom beschränkten Unterthanenverftande." Er verlangte unbedingtes Gehorchen,
unbedingtes Fügen in seine Verordnungen. Es hatte ſich in der Bureaukratie
die Meinung Bahn gebrochen, nur der Beamte könne ein richtiges Urtheil

Ludwig..

Er gehe in Lumpen, und wenn auch diese fehlen, – 0, dann kalte Erdhſe.

ten nach, die schlechten Geschäfte, (namentlich in Manufacturwaaren) u.

Ministers in sehr bewegter Zeit geben Zeugniß, wie man in den höchſten Kreiſen

eigenthümlichen Ansprüche hervorgerufen. Das älteſte welches wir kennen, rührt

und Hardenberg fühlten wohl und mit ihnen wohl das ganze Volk, daß nue
 
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